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"Grüße aus Fukushima", "Babai" und "Trumbo"

Doris Dörries neuer Film "Grüße aus Fukushima" führte die Filmemacherin an den Ort der Nuklearkatastrophe von 2011. Zwei weitere Kinoneustarts sind das Immigrationsdrama "Babai" und der Film "Trumbo" über den in Hollywood geächteten Drehbuchautor Dalton Trumbo.

Von Jörg Albrecht | 09.03.2016
    Zu sehen sind die beiden Schauspielerinnen Rosalie Thomass, links, und Kaori Momoi in dem Film "Grüße aus Fukushima" von Doris Dörrie
    Langsam gewöhnen sich die beiden Frauen (Rosalie Thomass, links, und Kaori Momoi) an ihren gemeinsamen Alltag. (Hanno Lentz / Majestic)
    "Grüße aus Fukushima" von Doris Dörrie
    "Was ist denn in diesen ganzen Säcken?"
    "Sie graben die verstrahlte Erde ab und packen die in die Säcke."
    "Und wo kommen die Säcke dann hin?"
    "Die bleiben da stehen. Für immer."
    Es ist ein gespenstischer Ort. Marie – Mitte, Ende 20 – ist in die Präfektur Fukushima gereist. Die Folgen des Erdbebens und der Flutwelle vom 11. März 2011 sind nicht zu übersehen, die Gefahr der radioaktiven Strahlung – nach der Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima – nur auf dem Geigerzähler zu erkennen. Den hält Marie immer wieder bei ihrer Fahrt durchs Katastrophengebiet aus dem Autofenster. Marie ist nach Japan gekommen, weil sie helfen möchte.
    "Oft gerate ich in Panik, wenn ich daran denke, welche Richtung mein Leben nimmt. Sehe ich richtig aus, verdiene ich genug Geld, bin ich glücklich?"
    Fragen über Fragen, die sie, wie Marie direkt zu Beginn von Doris Dörries Film "Grüße aus Fukushima" flüstert, in eine Sackgasse geführt haben. Deshalb will sie für die Organisation Clowns4Help den vornehmlich älteren Bewohnern in den Notunterkünften Fukushimas ein wenig Freude schenken. Ein Plan, der zum Scheitern verurteilt ist, denn Maries Darbietungen sind dilettantisch.
    "Mann, das war furchtbar! Unterirdisch! Megapeinlich! Ich kann diese Scheiße überhaupt nicht."
    Marie hat schon wieder ihren Rucksack gepackt, als sie auf Satomi trifft, eine Einheimische, die ebenfalls in der Notunterkunft lebt. Sie bittet Marie, sie zu ihrem völlig zerstören Haus mitten in der Sperrzone zu bringen. Als Marie bemerkt, dass Satomi nicht vorhat, wieder in die Stadt zurückzukehren, beschließt sie bei ihr zu bleiben.
    "I am seeing ghosts. It's all a dream. Our life is a dream. I want to wake up."
    Die beiden völlig verschiedenen Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen verbindet ihre Hoffnung auf Erlösung miteinander. Während die junge Deutsche – gespielt von Rosalie Thomass – noch nach einem Platz im Leben sucht, hat die ältere Japanerin, Kaori Momoi, ihren durch die Katastrophe verloren.
    Doris Dörrie ist eine leise und unaufdringliche, berührende und manchmal sogar humorvolle Auseinandersetzung mit den Themen Sinnsuche, Verlust und Heimat gelungen.
    "Grüße aus Fukushima": empfehlenswert
    "Babai" von Visar Morina
    "Das versaust du mir nicht mehr. Du bist jetzt alt genug."
    "Dann nimm mich doch mit!"
    Der zehnjährige Nori, der ohne Mutter aufwächst, versucht alles, um seinen Vater Gezim davon abzuhalten, die Heimat - das Kosovo - Richtung Deutschland zu verlassen. Er wird sich sogar vor den Bus werfen, mit dem Gezim an die Grenze zu Montenegro fahren will. Als Nori verletzt im Krankenhaus liegt, haut sein Vater ab. Und so macht sich der Junge auf eigene Faust auf die Suche nach ihm.
    "Gehst du nach Deutschland? … Geh lieber nach Hause! … Ich habe Geld."
    Das Geld für den Bus und die Schlepper hat er seinem Onkel gestohlen. Auf der Reise trifft der Junge Dutzende andere Kosovaren, die ihr Land verlassen wollen.
    Wenn Nori in stockfinsterer Nacht auf einem Schlepperboot im Mittelmeer hockt, sind die Nachrichtenbilder der aktuellen Flüchtlingsschicksale sofort präsent. Dabei spielt die Geschichte von Visar Morinas Film "Babai" vor rund 20 Jahren, also noch vor dem Ausbruch des Kosovo-Konflikts. Selbst aufgewachsen im Kosovo und 1993 mit 14 Jahren nach Deutschland gekommen, legt Visar Morina den Fokus ganz auf den Jungen in dieser Vater-Sohn-Geschichte. Gerade die vollkommen nüchterne und raue Schilderung von Noris Odyssee verleiht dem Film eine ganz besondere Intensität.
    "Babai": empfehlenswert
    "Trumbo" von Jay Roach
    "Trumbo, wir können Sie uns nicht leisten. Und Sie wollen nicht, dass Ihr Name draufsteht."
    "Nein, Sie wollen nicht, dass mein Name draufsteht. Insbesondere wenn Sie noch damit zu tun haben."
    Dalton Trumbo, der Mann, der Kommunistenjäger McCarthy die Stirn geboten hat, ist im Hollywood der 1950er Jahre eine Persona non grata. Dabei sind seine Drehbücher Garanten für Kassenschlager. Aber niemand von den Bossen der großen Filmstudios wagt es mehr, ein Mitglied der Kommunistischen Partei zu beschäftigen. Trumbo jedoch lässt sich nicht unterkriegen. Er erfindet eine Form des Guerilla-Drehbuchschreibens. Unter Pseudonymen verfasst er Bücher für drittklassige Filme oder aber er überlässt sie befreundeten Kollegen - wie das zu "Ein Herz und eine Krone".
    "Wer hat es geschrieben?"
    "Sie, alter Knabe! Sie heften Ihren Namen auf meine Arbeit, schicken es an Ihr Studio und wir sind im Geschäft."
    Am Beispiel von Dalton Trumbo erinnert Regisseur Jay Roach an ein dunkles Kapitel in der Geschichte von Hollywood. Entstanden ist eine Mischung aus Filmbiographie und zeitgeschichtlichem Drama, die einen Zeitraum von rund 15 Jahren abdeckt. In der Titelrolle glänzt "Breaking Bad"-Star Bryan Cranston. Vollgestopft mit kurzen Begegnungen Trumbos mit mehr oder weniger bekannten Figuren der Traumfabrik, überzeugt der Film allerdings mehr mit seinem Schwung als mit Tiefgang.
    "Trumbo": akzeptabel