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"Suffragette", "Grenzbock“, "Nachtigall“

Das britische Drama "Suffragette" erzählt die Geschichte eines radikalen Kampfs für mehr Frauenrechte im 20. Jahrhundert - ein Film mit Themen, die auch heute noch aktuell sind. Außerdem: Der Dokumentarfilm "Grenzbock" und die DVD-Premiere "Nachtigall"

Von Jörg Albrecht | 03.02.2016
    Die Schauspielerinnen Romola Garai, Helena Bonham Carter, Anne Marie Duff und Carey Mulligan bei der Premiere des Films Suffragette in London.
    Suffragette-Schauspielerinnen Romola Garai, Helena Bonham Carter, Anne Marie Duff und Carey Mulligan (dpa/picture alliance/Will Oliver)
    "Suffragette" von Sarah Gavron
    "Die Presse wird nun bald nicht mehr stillhalten. Man wird mehr und mehr neugierig auf diese verdammten Frauen."
    Diese "verdammten Frauen" sind die Suffragetten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in Großbritannien für das Wahlrecht von Frauen kämpfen. Ein Kampf, der – anfangs noch mit friedlichen Mitteln ausgetragen – immer radikaler wird, nachdem im Jahr 1910 eine Gesetzesinitiative im britischen Unterhaus für mehr Frauenrechte gescheitert ist.
    Kurz vorher setzt die Handlung von Sarah Gavrons Film "Suffragette" ein. Zentrale Figur ist die Wäscherin Maud. Mit der Protestbewegung kommt die junge Ehefrau und Mutter das erste Mal in Berührung, als vor ihren Augen eine Gruppe Frauen Steine in Schaufenster von Londoner Geschäften wirft. Maud wird sich den Suffragetten anschließen, ins Visier der Polizei geraten und eine treibende Kraft bei den Planungen und Ausführungen von Anschlägen sein.
    " Denn Krieg ist die einzige Sprache, die Männer verstehen können. Ihr habt uns geprügelt und betrogen und uns bleibt nichts anderes übrig. – Dann bleibt uns nichts übrig als euch aufzuhalten. – Was wollen Sie denn tun? Uns alle einsperren? Wir sind in jedem Haus. Wir sind die Hälfte der Menschheit. Sie können uns nicht aufhalten."
    Solche in Stein gemeißelten Sätze dürfen natürlich nicht fehlen in einem Film, der die Proteste der Frauenrechtlerinnen mit dem persönlichen Schicksal einer ihrer Sympathisantinnen verbindet. So sieht dann klassisches, man könnte auch sagen konventionelles Erzählkino aus. Aber es ist wirkungsvoll.
    Um sich auf nur eine Heldin konzentrieren zu können, hat Drehbuchautorin Abi Morgan Maud als Identifikationsfigur einfach der Geschichte hinzugefügt. Das hat den Vorteil, dass die Heldin, die von Carey Mulligan großartig gespielt wird, an allen wichtigen Aktionen jener Zeit beteiligt werden kann.

    "Suffragette" ist ein wichtiger Film, dessen Themen weiterhin aktuell sind. Denn er erinnert daran, dass die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern auch im 21. Jahrhundert noch lange nicht überwunden ist.
    "Wir kriegen die 13 Schilling die Woche, Sir. Für die Männer sind es 19."
    "Suffragette": empfehlenswert
    "Grenzbock" von Hendrik Löbbert
    " Da ist einer gefallen. Mein Nachbar hat sich da hinten niedergelassen."
    Beobachtungen bei der Jagd. Eingefangen von Dokumentarfilmer Hendrik Löbbert. Für seinen Film "Grenzbock" ist er auf die Pirsch gegangen nach Bildern, die das Wesen der Jagd in der heutigen Zeit ergründen wollen, aber auch die Philosophie der Jäger. Drei von ihnen hat Hendrik Löbbert begleitet.
    "Dann musst du doch wieder zum Terrier zurückkommen, wenn du hin und wieder mal ein Schwein schießen willst. – Meine Frau ist ein Gegner eines neuen Hundes. Aber ich werde sie irgendwann überzeugen. Wenn ich mal einen guten Terrier in der Zeitung sehe, dann rufe ich da mal an. ..."
    Ähnlich belanglos wie diese Unterhaltung fällt fast der gesamte Film aus, der ab und an mit ein paar erklärenden Passagen aufwartet und der vorurteilsfrei die Welt der Jagd abbilden will. Das bedeutet gleichzeitig, dass "Grenzbock" keine Haltung hat. Regisseur Löbbert merkt dazu an, dass sein Film nur zweitrangig von der Jagd handele. Zuallererst habe er beispielhaft von den Machtkämpfen in Familien und Gesellschaften erzählen wollen. In diesem Fall ist das allerdings schönstes Jägerlatein.
    "Grenzbock": enttäuschend
    "Nachtigall" von Elliott Lester
    "Ich sagte: Mutter, ich bin ein erwachsener Mann. Du kannst mir nicht mehr vorschreiben, wie ich zu leben habe."
    Ein Mann spricht mit seiner Mutter. Die aber ist schon längst tot. Na, wenn da mal nicht "Psycho" von Alfred Hitchcock als Vorbild herhalten musste! Trotzdem ist "Nachtigall", so heißt der Film von Elliot Lester, kein Thriller im eigentlichen Sinne. "Nachtigall" ist vielmehr die Charakterstudie eines offensichtlich Schizophrenen. David Oyelowo spielt diesen Mann. Er heißt Peter, war viele Jahre beim Militär und lebt jetzt wieder zu Hause. Was seiner Mutter widerfahren ist, wird nicht lange ein Geheimnis bleiben. Zunächst sind es nur Andeutungen, die Peter macht und die er mit seiner Webcam aufzeichnet.
    "Ich will nur mal einen Abend das Haus für mich haben. Ich will kochen und einen alten Freund von der Army zum Essen einladen. Ist das zu viel verlangt? Und sie sagte: Nein, nein, nein! ... Nicht solange ich lebe. .... Da ist bei mir die Sicherung durchgeknallt."
    Außer David Oyelowo gibt es keinen weiteren Schauspieler in diesem Film. "Nachtigall" ist eine One-Man-Show. Der Kamerad aus der Zeit beim Militär, den er zum Abendessen einladen will, scheint für Peter mehr zu sein als nur sein bester Freund.
    "Das war eine wunderbare Zeit. Auf jeden Fall ist er ein toller Mensch."
    So facettenreich Oyelowos Spiel auch ist – mal ist er aufbrausend und verzweifelt, mal optimistisch und warmherzig – so anstrengend ist der Seelenstriptease seiner Figur. Wirklich nahe kommt man diesem Peter nicht. Vielleicht wäre die Theaterbühne für diesen Stoff der bessere Ort gewesen.
    "Nachtigall" – erhältlich auf Blu-ray, DVD und über die Streaming-Portale: zwiespältig