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Neue Hoffnung für MS-Patienten

Für Patienten, die unter Multipler Sklerose leiden, gibt es jetzt neue Hoffnung. Zwar nicht auf Heilung, aber zumindest auf deutliche Verbesserung ihres Gesundheitszustandes. Das verspricht ein Medikament, das eigentlich gegen Schuppenflechte eingesetzt wird, aber auch offenbar bei Multiple-Sklerose-Patienten wirkt.

Von Peter Kolakowski | 04.11.2008
    "Guten Morgen." " Guten Morgen Herr Professor." Na wie geht es Ihnen denn heute, was können Sie berichten?" "Viel viel besser." "Na das ist ja sehr erfreulich, dann können wir ja mit der Therapie so weitermachen." "Ja ... ... .."

    Professor Ralf Gold bei der morgendlichen Visite einer Patienten. Seit Jahren leidet die Frau unter Multipler Sklerose, kurz MS. Und nimmt um die Krnakheit aufzuhalten, verschiedene Medikamente, erläutert Professor Gold, Leiter der neurologischen Abteilung an der Universitätsklinik in Bochum.

    "Die Multiple Sklerose-Therapie moderner Natur ist vor allem für die schubförmigen, also für die meisten verfügbar. Es gibt injizierbare Medikamente, zum Beispiel Interferon-Präparate. Wenn das nicht ausreicht, bekommen sie stärker wirkende Medikamente. In den meisten Fällen können damit bei schubförmigen Patienten ein Stillstand des Krankheitsfortschreitens erreicht werden."

    Neue Hoffnung für MS-Patienten verspricht nun ein Wirkstoff, der bislang nur in der Dermatologie eingesetzt wurde. Die sogenannte Fumarsäure. Fumarsäure ist das bis heute am meisten verwendete Medikament bei schwerer Schuppenflechte. Schuppenflechte ist eine Autoimmunkrankheit, bei der sich die Immunabwehr gegen körpereigene Zellen richtet. Die Fumarsäure beeinflusst das Immunsystem bei Schuppenflechte positiv, erklärt der Direktor der Bochumer Universitätshautklinik, Prof. Dr. Peter Altmeyer, der die Neurologen an auf diese Wirkung aufmerksam machte.

    "Nachdem ein Patient zu mir gekommen ist und zeigte, dass die Schuppenflechte unter der Fumarsäure besser wurde, habe ich gesagt: OK, das ist ein Medikament, was für die Medizin eine Bedeutung haben könnte. Und ich habe das aufgegriffen und wir haben eine große klinische Studie bei der Schuppenflechte gemacht, und haben gesehen, dass es hervorragend bei der Schuppenflechte wirkt und so ist es in die Medizin hineingekommen und haben es als zugelassenes Präparat dann eines Tages dann übernehmen können. Dann haben wir einen Patienten gesehen, der beides gemeinsam hatte, eine Schuppenflechte und eine Multiple Sklerose und wir haben gesehen, dass die Multiple Sklerose unter dieser Therapie besser wurde."

    Denn wie die Schuppenflechte ist auch die Multiple Sklerose eine Autoimmunkrankheit, bei der die Isolierschicht der Nervenzellen zerstört wird. Fumarsäure beeinflusst das Immunsystem so, dass bei MS-Patienten über 70 Prozent weniger neue Entzündungsherde und etwa ein Drittel weniger Schübe auftraten. Professor Ralf Gold:

    "Multiple Sklerose ist keine einzige Krankheit sondern ein Sammeltopf von chronischen Entzündungsfaktoren im Nervensystem, wo zunächst die Entzündung das Nervensystem stört und dann der Untergang von Nervenzellen und Nervenfasern zu zunehmender Behinderung führt."

    Die Bochumer Neurologen hoffen, dass die nun beginnenden Therapiestudien sowie die experimentellen Daten die Therapie bei Multipler Skerlose weiter verbessern werden. Demnächst starten dazu zwei weltweite klinische Studien mit über 2000 Patienten. Professor Ralf Gold:

    "Im Moment gehen wir davon aus, es muss aber noch in der letztendlichen Zulassungsstudie bestätigt werden, dass wir eine vergleichbare gute Wirkung mit haben wie mit den injizierenden, deutlich nebenwirkungsreicheren Medikamenten. Ich bin einer der beiden weltweiten Studienleiter. Wir rechnen damit, dass Ende des Jahres alle Patienten aufgenommen sind. Die Studie läuft zwei Jahre. Ich würde also denken, dass wir gute Chancen haben, das Medikament 2011 verfügbar zu haben."