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Neue Methode zur Verwertung von Biertreber

In Deutschland sagt man "ein Halber", in Österreich "ein Krügerl" - in beiden Fällen ist es ein halber Liter Bier. Wenn Professor Werner Kepplinger von der Montanuniversität Leoben ein solches trinkt, dann denkt er manchmal daran, dass pro Krügerl beim Brauen beachtliche 100 Gramm Rückstände anfallen: die so genannten Biertreber. Bislang ließen diese sich die Rinder schmecken, denn die Treber sehen nicht nur aus wie Müsli, sie sind auch sehr eiweißhaltig. Doch ist der Rinderbestand zurückgegangen und damit auch der Bedarf an dem natürlichen Futter. Und jetzt kommt auch noch der Gesetzgeber, sagt der Leiter des Instituts für Verfahrenstechnik und industriellen Umweltschutz:

Von Klaus Herbst | 11.09.2002
    Es wird in Zukunft ab dem Jahr 2004, 2005 nicht mehr erlaubt sein, diese Biertreber abzulagern. Sie enthalten sehr viel organischen Kohlenstoff, der unter Deponieverhältnissen zu Methan umgesetzt wird. Das würde in die Luft gehen und einen sehr starken Treibhauseffekt verursachen. Also ist auch in Zukunft diese Möglichkeit des Deponierens nicht mehr gegeben und wenn, dann sehr teuer. Und das könnte sich eine Brauerei heute gar nicht mehr leisten, diese Entsorgungsgebühren zu zahlen.

    ... zum Beispiel die Gösser-Brauerei in Leoben, für die die Deponiegebühren ungefähr ein Zehntel der Produktionskosten ausmachen würden. Werner Kepplinger hat aus der Not mit den Trebern eine innovative Technologie gemacht. Das Trebermüsli wird in einer neuen Anlage in umlaufenden Matten so lange gepresst, bis der Wasseranteil auf unter sechzig Prozent gesunken ist:

    Man kann es dann in einem Biomassekessel verbrennen. Dabei wird so viel Energie erhalten, dass man fast die gesamte Primärenergie, die man für das Sudhaus braucht, ersetzen kann. Das heißt, die Brauerei wird energieautark von der Seite des Gases, von der Primärenergieseite her. Als Rückstand beim Verbrennen entsteht eine Asche. Diese Asche haben wir untersucht und waren sehr erfreut. Sie enthält nämlich ungefähr sechzig Prozent Phosphat. Das ist ein wichtiges Nahrungsmittel für die Pflanzen, und wir haben daher einen biologischen Dünger, der zu 100 Prozent wieder in die Landwirtschaft zurückgehen kann.

    Statt teurer Deponiegebühren kostbare Energie sowie ein Pflanzendünger - und auch die Bilanz an Treibhausgasen geht auf:

    Das CO2, das entsteht, ist nicht relevant, weil es ja ein biologischer Rohstoff ist, das heißt dieselbe Menge CO2 wird wieder für das Wachsen von Hopfen und Malz, also von der Gerste verwendet, und der wird wieder gebunden. Es ist also ein CO2-neutrales Verfahren, und es ist daher auch für die Umwelt keine Änderung, keine CO2-Erhöung da.

    Eine Pilotanlage läuft bereits, fast in Sichtweite von Werner Kepplingers Schreibtisch. Die zweite - eine riesige - liegt allerdings von der beschaulichen Steiermark weit entfernt:

    Die Anlage, die als erstes in Betrieb genommen wurde, steht in Österreich in Leoben Göss in einer Brauerei. Eine zweite Anlage wird derzeit in Afrika, in Nigeria errichtet für eine Vier-Millionen-Hektoliter-Brauerei, also eine sehr große Brauerei, und eine dritte Anlage ist jetzt für den Herbst in Planung. Und nach diesen ersten Anlagenbauten und Referenzen ist das Interesse weltweit sehr stark gewachsen.

    Auch winzige Privatbrauereien können Deponiekosten sparen und Energie zurückführen:

    Man kann also Anlagen bauen ab 500.000 Hektolitern bis zu den großen Vier-Millionen-Hektolitern und noch größer. Aber bei kleineren Brauereien, die können ja einen Verbund machen und dort in einer Stelle die Energieumwandlung durchführen.

    Und das Wichtigste: Der Geschmack des Bieres wird durch das Bierbrauen ohne Rückstände überhaupt nicht beeinträchtigt, ...

    ... weil es ja nicht in den Prozess des Bieres eingreift, sondern einen Abfallstoff aufarbeitet.