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Neue Mitarbeiter braucht die Truppe

Nach dem Wegfall der Wehrpflicht sucht die Bundeswehr nach Personal. Für die Rekrutierung der Bewerber sind künftig sogenannte Karrierecenter verantwortlich. In Hannover wurde eine von bundesweit 16 Einrichtungen eröffnet.

Von Susanne Schrammer | 12.12.2012
    "Ich musste zum Beispiel Englisch machen und Technikfragen beantworten, welches Zahnrad dreht sich in welche Richtung, wenn das soundso verbunden ist, Deutschtest war dabei. Was rausgekommen ist, weiß ich halt nicht, aber wenn's schlecht gelaufen wäre, wäre ich nicht hier heute."

    Den Eignungstest am Computer, die ärztliche Untersuchung und die Sportprüfung hat Marcel Meier schon gestern hinter sich gebracht. Der 18-jährige Schüler aus Gehrden durchläuft gerade das zweitägige Auswahlverfahren im neuen Karrierecenter der Bundeswehr in Hannover. Der drahtige Abiturient will nach der Schule Kampfpilot werden.

    "Das Kameradschaftliche reizt mich an der Bundeswehr und Auslandseinsätze sind auch ganz interessant, man kommt viel rum und arbeitet auch mit anderen Nationen zusammen und das interessiert mich."

    Nach der Auflösung der Kreiswehrersatzämter werden derzeit bundesweit insgesamt 16 Karrierecenter eingerichtet, acht mit der Möglichkeit von Eignungsprüfungen. Das Karrierecenter in Hannover gilt dabei als eine Art Prototyp. Seit dem Sommer wird hier die neue Form der Mitarbeitergewinnung bei der Bundeswehr ausprobiert: Waren bislang die Zentren für Nachwuchsgewinnung für die Zeitsoldatenbewerber und die Wehrverwaltung für die Interessenten für zivile Laufbahnen zuständig, werden die Bewerber in den Karrierecentern nun erstmals unter einem Dach betreut. Leistungsfähiger und schneller will die Bundeswehr damit bei der Personalauswahl werden. Und flexibler, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière gestern Abend bei der offiziellen Eröffnung in Hannover.

    "Manchmal gibt es auch in der Lieblingsstelle, vielleicht bei den Vermeldern, keinen Platz, aber dafür bei der Luftwaffe. Oder vielleicht ist für einen, der sich als Zeitsoldat verpflichten möchte und keine Stelle findet, ein Platz in der zivilen Verwaltung oder umgekehrt - das kann jetzt gemeinsam beraten werden. Und mich wundert, ehrlich gesagt, dass wir das nicht schon längst gemacht haben."

    Vor einem Besuch im Karrierecenter steht ein ausführliches Gespräch mit einem Berater der Bundeswehr. Anschließend werden die Bewerbungsunterlagen geprüft und geeignete Interessenten zum Assessment eingeladen, wo die körperliche und geistige Eignung geprüft wird. Am Computer werden Allgemeinwissen, Deutsch, Mathe, logisches und visuelles Denkvermögen abgefragt und ein Verhaltenstest durchgeführt. Beim Physical-Fitness-Test müssen die Bewerber mit Liegestützen, Sit-ups, Standweitsprung und einem Ausdauerlauf ihre Bundeswehrtauglichkeit beweisen. Oberst Hauke Hauschildt, Leiter des Karrierecenters Hannover.

    "Diese Tests werden dann ausgewertet und anschließend geht es zu dem Einstellungsgespräch mit einem Psychologen und einem Offizier, wo die Ergebnisse noch mal diskutiert werden, die Wünsche der jungen Frauen und Männer diskutiert werden und dann schauen wir, was sich davon realisieren lässt. Am Ende des zweiten Tages idealerweise gehen sie zum Einplaner und kriegen eine Stelle konkret angeboten."

    13.000 bis 15.000 zivile und militärische Stellen sind jährlich bei der Bundeswehr zu besetzen. Dafür, so Bundesverteidigungsminister de Maizière, würden rund 60.000 bis 70.000 Bewerber gebraucht. Die Mindestanforderungen: deutsche Staatsbürgerschaft, Hauptschulabschluss und eine gute körperliche Verfassung. Die Ansprüche an die Bewerber steigen mit den Anforderungen. In Zeiten des demografischen Wandels muss die Bundeswehr jedoch verstärkt mit der Wirtschaft um die besten Bewerber konkurrieren. Und das, erzählt der Leiter des Karrierecenters Hannover, sei im Fall der männlichen Bewerber mit dem Wegfall der Wehrpflicht um einiges schwieriger geworden.

    "Weil die durch den Wegfall der Musterung sich nicht mehr automatisch mit dem Arbeitgeber Bundeswehr beschäftigen. Das war früher anders. Das heißt, wir müssen genauso wie bei den jungen Frauen auch bei den Männern das Thema erst in den Vordergrund rücken. Und bei kleiner werdenden Geburtsjahrgängen, demografisch bedingt, ist natürlich die Konkurrenz größer."

    Die Bundeswehr wirbt daher mit einer hohen Einstiegsvergütung, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und einem auf Jahre gesicherten Arbeitsplatz. Argumente, die bei Bewerber Marcel Meier gezogen haben. Er strebt eine Laufbahn als Berufssoldat an.

    "Ich muss mich dann für 16 Jahre verpflichten und möchte dann auch gerne weiter bei der Bundeswehr bleiben. Am liebsten würde ich Eurofighter fliegen, aber ob das dann klappt, weiß ich nicht, weil die ärztlichen Tests sind anspruchsvoll. Wenn das nichts wird, vielleicht den A400 M fliegen, der dann demnächst eingeführt wird, das wär dann schon ganz geil."