Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Neues Comedy-Format
"Ein lustiges Unterhaltungsformat ohne Tiefgang"

In seiner neuen Sendung "Sitzheizung gibt's nicht" chauffiert Michael Kessler Prominente im Auto durch die Stadt. In Alltagssituationen lerne man die Menschen neu kennen, sagte Kessler im Deutschlandfunk. Nach seiner alten Sendung "Kessler ist …" wolle er nun weniger psychologisieren.

Michael Kessler im Corsogespräch mit Christoph Reimann | 10.08.2017
    Michael Kessler im Studio vor einem Mikrofon, er lächelt in die Kamera
    Michael Kessler war im Studio des DLF zu Gast (Adalbert Siniawski/Deutschlandradio)
    Christoph Reimann: Lange Strecken hat Michael Kessler zurückgelegt. In seiner neuen Sendung "Sitzheizung gibt's nicht" spielt er nämlich den Chauffeur und fährt seine prominenten Gäste durch die Stadt. Heute Abend ist die erste Ausgabe zu sehen. Michael Kessler, hallo zum Corsogespräch.
    Michael Kessler: Einen wunderschönen guten Tag.
    Reimann: In der ersten Folge, da fahren Sie mit Bastian Pastewka zum Burger-Essen und Annette Frier holen Sie vom Flughafen ab. Die meiste Zeit sieht man Sie am Steuer, im lockeren Gespräch mit Ihren Beifahrern. Welche Funktion hat denn da das Autofahren?
    Kessler: Es ist schön, weil man abgelenkt ist. Also beide sind abgelenkt. Man sitzt in einem kleinen, engen Raum, guckt nach außen und kann all das beobachten, was um einen herum passiert. Und dadurch ergeben sich ganz viele Gespräche auch. Weil man Sachen wahrnimmt, und dann möchte ich gerne wissen, was mein Freund und Kollege darüber denkt. Und der will natürlich wissen, was ich darüber denke.
    Reimann: So das spontane Geschehen.
    Kessler: Absolut.
    Reimann: Weil wahrscheinlich nichts geskriptet ist.
    Kessler: Die gesamte Sendung wird improvisiert von mir. Es gibt keinen Fragenkatalog, den ich mir vorher überlege. Ich hole die Prominenten ab, sie steigen ein und es geht los.
    Reimann: Sie sind jetzt zum Sender mit dem Fahrrad gekommen, durch den Regen gefahren. Was haben Sie denn für einen Bezug zum Auto überhaupt?
    Kessler: Ja! Selbst wenn es regnet, fahre ich Fahrrad, weil das Auto für mich inzwischen sehr, sehr anstrengend ist: zu viel Stau, zu unbeweglich, zu dreckig, zu laut. Es macht keinen Spaß mehr Auto zu fahren.
    Reimann: Ja, aber Sie hätten auch angeln gehen können zum Beispiel mit den Leuten.
    "Da zeigen wir viel von uns"
    Kessler: Ja, aber dann sitzt man immer an einem Fleck und guckt auf den See. Und so fahren wir durch die Stadt und sehen eben viele verschiedene Dinge. Und das ist einfach so - das kennt ja jeder - wenn man Auto fährt, und man hat einen Beifahrer, quatscht man irgendwie die ganze Zeit. Also meistens.
    Reimann: Und es ist ja auch so ein nettes Plaudern im Grunde. Wir erfahren, dass Bastian Pastewka schon ein paar Mal seinen Führerschein abgeben musste. Und Annette Frier, die will, wenn sie alt ist, mit ihren Schwestern im Kaufhaus Sekt trinken gehen.
    Kessler: Ja! Ist das nicht großartig?
    Reimann: Aber was hat der Zuschauer davon?
    Kessler: Ich habe gesagt, ich möchte nach "Kessler ist …" mal ein lustiges Unterhaltungsformat machen, ohne Tiefgang, ohne Psychologie und auch ohne irgendwelches Abfragen von "Du machst einen neuen Film - Worum geht's da?". Es geht darum, den Prominenten und mich in Alltagssituationen zu sehen und kennenzulernen und ihm dadurch, im Grunde genommen, sehr nah zu kommen. Denn, was wir da tun und wie wir manche Sachen eben auch bewerten oder was uns dazu einfällt, da zeigen wir doch viel auch von uns.
    "Ich höre gerne zu - sogar fast lieber als ich selber rede"
    Reimann: Sie werden ja mit diesem neuen Format auch zum Talker. Das Interview ist im Grunde eine journalistische Form. Sie sind aber in erster Linie Schauspieler und Komiker. Was interessiert Sie am Interview?
    Kessler: Ich weiß auch nicht, wie ich dazu gekommen bin. Ich kam ja wie die Jungfrau zum Kinde dazu. Dass ich im RBB damals mit einem Taxi nachts durch Berlin fuhr und auch Leute mitgenommen habe - nicht abgesprochen, spontan. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich bin ein empathischer Mensch, ich höre gerne zu - ich glaube, sogar fast lieber als ich selber rede. Und vielleicht ist es das.
    Reimann: Es ist ja auch eine luxuriöse Position. Sie können Ihr Gegenüber ausquetschen, auch Grenzen austesten, aber Sie selbst müssen gar nicht so viel über sich verraten.
    Kessler: Das stimmt, also bei "Kessler ist …" ist das so. In der "Sitzheizung" bekommt man schon viel und auch auf den "Expeditionen", glaube ich, hat man schon viel von mir gesehen. Also, wie ich eben auch Dinge bewerte oder wie ich sie finde oder worüber ich lache, wie mein Humor ist, das kriegt man da schon sehr genau mit.
    Reimann: Mögen Sie es denn selber überhaupt, interviewt zu werden?
    Kessler: Äh, ja. Kann ich gut mit leben.Warum nicht?
    Reimann: Versuchen Sie aus Ihren Beifahrern Dinge herauszukitzeln, die man noch nicht gehört hat?
    Kessler: Nein, nicht wirklich. Das ist ja auch bei den anderen Sendungen, die ich mache, nicht wirklich der Grund, warum ich das tue. Es geht nicht darum, den Prominenten bloßzustellen oder irgendetwas zu verraten. Aber, wie gesagt: In diesen Alltagssituationen lernen wir den Prominenten noch einmal anders kennen, denn sonst sehen wir ja ihn immer nur in einer Rolle. Und das ist der Unterschied. Hier sitzt Annette Frier und hier sitzt Bastian Pastewka. Und der erzählt jetzt nicht überall, dass er seinen Führerschein jeden Monat abgeben muss.
    "Ich wollte ganz viele Leute haben, die ich kenne"
    Reimann: Ich nehme an, Sie kennen Bastian Pastewka auch privat. Sie sind auch auf Tour gewesen mit ihm. Ist das dann wirklich der private Bastian Pastewka? Denn man kennt ihn ja auch aus der Sat.1-Rolle "Pastewka", wo er sich selbst gespielt hat, aber natürlich nicht Bastian Pastewka war, sondern die Figur Bastian Pastewka.
    Kessler: Natürlich hat die Figur Bastian Pastewka in "Pastewka" auch viel von Bastian Pastewka. Das ist einfach so. Das ist ganz klar. Wir werden ja auch oft gefragt: Spielt ihr beide euch da selber? Stimmt das? Neckt ihr euch immer so? Ärgert ihr euch immer so? Natürlich wird das ein bisschen alles verstärkt in so einer Serie. Aber: Zum Beispiel wenn er jetzt da mit mir bei der "Sitzheizung" durch die Gegend fährt, das ist schon sehr privat. Also so würden wir auch - also ganz ähnlich - wirklich privat-privat, wenn wir unterwegs wären, durch die Gegend fahren.
    Reimann: Funktioniert diese Sendung darüber, dass Sie die Leute, die Sie da chauffieren, kennen?
    Kessler: Nicht nur, ich fahre auch mit Leuten, die ich nicht kenne. Also Tim Mälzer kenne ich so gut wie gar nicht. Es hat aber trotzdem funktioniert. Das war schön.
    Reimann: Jetzt haben Sie ja ein paar Namen gesagt, die auftauchen in dieser Staffel. Ein paar andere sind: Cordula Stratmann, Bernhard Hoecker, Hugo Egon Balder. Das sind ja, wenn wir mal ehrlich sind, auch die immer gleichen Gesichter, die schon in etlichen Formaten aufeinander getroffen sind, mit denen Sie auch dann schon einmal zusammengearbeitet haben. Warum sind das immer dieselben? Weil man eine große Familie ist, weil man sich gegenseitig unterstützt? Oder weil einfach die Leute Wiederholungen lieben?
    Kessler: Nein erst einmal sind das Leute, die ich kenne. Und ich wollte ganz viele Leute haben, die ich kenne, weil ich wusste, dann können wir uns gut die Bälle zuschmeißen in so einem Format.
    Reimann: Das heißt: Sie sind sozusagen ihr Adressenbuch durchgegangen?
    Kessler: Genau. Durch meine Freundes- und Bekanntenliste. Ich kenne natürlich sehr, sehr viele in dieser Branche. Was aber nicht heißt, dass wir auch ganz andere Gesichter dabei haben: Wir haben Anneke Kim Sarnau dabei, vom Polizeiruf. Wir haben Katharina Thalbach dabei. Das heißt: Es ist eine gute Auswahl, es sind nicht nur immer dieselben Gesichter, und es sind jetzt auch nicht nur Comedians. Und Anne Kim Sarnau kann ich nur sagen ist ein Kracher! Also, die kennt man als sehr, sehr - ich bin ein großer Fan von ihr - ernste Schauspierin, aber was sie da macht bei uns, das muss man sich einmal angucken.
    Reimann: Verraten Sie einmal, was macht sie denn?
    Kessler: Die ist verrückt! Die ist einfach verrückt, was die eben alles so für Geschichten erzählt - früher von sich, aus dem Studium, und wie sie da gelebt hat, und was sie da alles gemacht hat. Das ist ganz ungewohnt. So kenne ich sie gar nicht. Und so kennt der Zuschauer sie auch nicht.
    "Man sieht mich jetzt von September bis Oktober und dann ist wieder Ruhe"
    Reimann: Ihre Sendung "Kessler ist …", in der Sie in die Rolle von Prominenten schlüpfen, die ist gerade in eine neue Staffel gestartet. Und jetzt sind Sie eben auch noch in "Sitzheizung gibt's nicht" zu sehen. Überhaupt sind Sie dadurch recht präsent. Haben Sie denn vielleicht Angst vor diesem Jörg-Pilawa-Phänomen, dass die Leute irgendwann denken: Oha, der schon wieder der Kessler?
    Kessler: Also ich war zuletzt on air im letzten Herbst mit "Kessler ist …" und im Januar mit der "Expedition". Seit Januar war ich nicht on air. Ich bin ja nicht täglich zu sehen wie jetzt irgendein Moderator, der irgendeine Quizsendung macht. Und jetzt kommt es gerade sehr geballt, weil "Kessler ist …", "Sitzheizung" und auch noch dann in der ARD "Meine Heile Welt" laufen wird, eine Mockumentary. Das kann ich leider nicht beeinflussen, diese Sendeplätze. Ich hätte es auch lieber gehabt, wenn das ein bisschen auseinandergestreckt wäre. Das heißt, man sieht mich jetzt von September bis Oktober, und dann ist auch wieder Ruhe.
    Reimann: Sagt Michael Kessler. Kurz vor der Sendung haben wir mit ihm gesprochen. Die erste Folge von "Sitzheizung gibt’s nicht" läuft heute Abend ab 22:15 Uhr auf ZDFneo. Die weiteren fünf Ausgaben dann wöchentlich zur selben Zeit.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.