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Neue Russland-Sanktionen?
Athen lässt seine Muskeln spielen

Bei einem Sondertreffen zum Ukraine-Konflikt beraten die Außenminister der EU-Staaten am Donnerstag über mögliche neue Strafmaßnahmen gegen Russland. Aktuelle Signale der neuen griechischen Regierung sorgen für Irritationen, die EU fürchtet um ihre einheitliche Position.

Von Thomas Otto | 28.01.2015
    Panos Kammenos und Alexis Tsipras sitzen an einem Tisch und lächeln in die Kameras.
    Griechenlands neues Führungsduo: Syriza-Chef Alexis Tsipras (r.) und der Vorsitzende der Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos. (picture alliance / dpa / Lefteris Pitarakis / Pool)
    Geschlossenheit und Einigkeit nach außen bei der Verhängung von Sanktionen – das war bisher die Stärke der EU-Staaten in der Konfrontation mit Russland. Die neue griechische Regierung hat das nun infrage gestellt. Premier Alexis Tsipras teilte mit, eine gemeinsame Erklärung der EU-Staats- und Regierungschefs vom Dienstag sei mit ihm nicht abgesprochen gewesen. Das sorgt für wenig Begeisterung in Brüssel, auch bei der Grünen-Vorsitzende Rebecca Harms: "Ich glaube, dass das Europäische Parlament deutlich machen muss, dass wir ein einheitliches, solidarisches Verhalten der Außenminister und des Gipfels wollen."
    In besagter Stellungnahme wird der Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Mariupol vom Samstag, bei dem 30 Menschen ums Leben kamen, verurteilt. Gleichzeitig fordern die Staats- und Regierungschefs darin Russland auf, die Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine einzustellen und drohen neue Sanktionen an. Aus dem Büro des neuen griechischen Regierungschefs hieß es, Athen habe Bedenken bei einigen Formulierungen geäußert. Die Erklärung sei aber ohne Zustimmung Griechenlands veröffentlich worden. EU-Ratspräsident Donald Tusk hingegen ließ dementieren, dass der Brief nicht mit Athen abgesprochen gewesen sein.
    Einheitliche EU-Außenpolitik statt Streit
    Statt Streit brauche es eine einheitliche EU-Außenpolitik, verlangte deshalb der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler: "Das ist eine schwierige Situation, weil es tatsächlich so ist, dass die einzige Stärke, die die EU bisher hatte, die Einigkeit war. Es war auch immer wieder versucht worden von Moskau, da Keile in diese Einigkeit zu bringen. Und das wäre jetzt sehr bedauerlich, wenn mit der Wahl von Herrn Tsipras das ein Ende fände."
    Tsipras‘ Koalitionspartner, die rechtspopulistische Partei "Unabhängige Griechen", gilt als russland-freundlich. Möglicherweise hat das den Ausschlag für Tsipras‘ Widerspruch gegeben. Der Syriza-Parteichef kann so aber auch seine neuen Muskeln spielen lassen und den anderen EU-Mitgliedern klar machen: Wir können Druck ausüben, denn ihr seid auf uns angewiesen. Also kommt uns in Sachen Schuldenschnitt und Sparauflagen entgegen.
    Ausweitung der Sanktionen gegen Russland
    Griechenlands Stimme ist wichtig, vor allem wenn es morgen beim Treffen der Außenminister um mögliche neue Sanktionen gegen Russland geht. Die hatte Außenminister Steinmeier schon am Montag angedeutet: "Ein Angriff oder gar eine Offensive, breit angelegt, in Richtung Mariupol und darüber hinaus, das wäre eine qualitative Veränderung der Situation, die uns auch reagieren lassen muss."
    Nun ist ganz konkret im Gespräch, die seit März vergangenen Jahres bestehende Sanktionsliste mit Einreiseverboten und Kontosperrungen auszuweiten und bis September zu verlängern. Darauf wollen sich einem vorab bekannt gewordenen Papier zufolge die 28 EU-Außenminister morgen einigen – einstimmig, mit Griechenland. Die EU-Kommission soll dazu dann einen Vorschlag erarbeiten. Den könnten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in zwei Wochen verabschieden.
    "Jede Entscheidung über Sanktionen hängt daran, ob das Minsker Abkommen umgesetzt wird. Die Rückkehr der Gewalt in der Ostukraine ist da eine schlechte Nachricht", hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beim Außenministertreffen vergangene Woche noch einmal betont. Nach Frieden sieht es momentan allerdings nicht aus. Nach Angaben der ukrainischen Armee sind die Kämpfe im Osten des Landes auf breiter Front wieder ausgebrochen.