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Neue Staatsministerin für Digitalpolitik
Besser so als gar nicht

Leider hat es für ein eigenständiges Ministerium zum digitalen Wandel einmal mehr nicht gereicht. Dafür wird Dorothee Bär Staatsministerin für Digitalpolitik im Kanzleramt. Immerhin etwas, meint Falk Steiner.

Von Falk Steiner | 05.03.2018
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär im Bundestag
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär im Bundestag (imago stock&people)
    Nun soll also Dorothee Bär Staatsministerin für Digitalpolitik im Kanzleramt werden und ressortübergreifend koordinierend tätig werden. Die Fränkin, seit Jahren mit Netzpolitik befasst, hat damit in den Ränkespielen der Partei eher verloren – denn sie wird kein Ministerium unter sich haben, also den Unterbau, der die eigentliche Macht eines Ministers bildet.
    Und doch: es ist klug, eine solche Stelle einzurichten. Denn in der Digitalpolitik mit all ihren verschiedenen Zweigen, mit ihren Querschnitten über die Ressortgrenzen hinweg, ist Koordinierung in der Vergangenheit eines der Hauptprobleme gewesen. Greifen wir ein Beispiel heraus: Die Zukunft der Medien, die verstärkt abhängig von großen Technologiekonzernen sind, die teilweise selbst Medienproduzenten geworden sind. Wie reguliert man solch große Intermediäre, Plattformen wie Google oder Facebook? Wie reguliert man Telekommunikationsanbieter jenseits ihres ursprünglichen Geschäftsmodells des Telefonanschlusses?
    Koordinierung tut Not
    Das Wirtschaftsministerium ist für das Kartell- und Wettbewerbsrecht zuständig, das Ministerium für Verkehr- und Digitale Infrastruktur für die Netzneutralität, das Justiz- und Verbraucherressort für den Schutz der Endkunden und das Innenministerium für den Datenschutz und damit auch für algorithmenbasierte Entscheidungen auf Basis personenbezogener Daten. Und für die klassischen Medien, die über diese Plattformen zumindest teilweise ausgespielt werden, teils aber auch mit diesen in unmittelbarer Konkurrenz stehen, ist die Staatsministerin für Kultur und Medien zuständig. Und dann kommen auch noch die Bundesländer dazu, die in Deutschland für große Teile der Medienpolitik zuständig sind, sowie die europäische Ebene, auf der maßgebende Teile heute politisch verhandelt werden. Ein heilloses Chaos, wenn jeder und jede einfach nur vor sich hinwurschtelt.
    Ein eigenes Ministerium, darauf wollte sich die Große Koalition für diesen Querschnittsbereich nicht einlassen. Und auch das Amt der Staatsministerin dafür war im Koalitionsvertrag noch nicht vorgesehen. So entbehrt es nicht einer gewissen Tragikomik, dass nun vor allem durch die Verteilungsproporze innerhalb der CSU doch noch eine koordinierende Stelle im Kanzleramt, dem zentralen Ort des Geschehens, eingerichtet wird, die genau diesen Charakter des Digitalen im Blick haben wird – und nicht zuletzt die eigenen Minister dazu bringen soll, nicht auf eigene Rechnung und eigene Faust zu handeln.
    Es kann nur besser werden
    Dafür wird es wesentlich darauf ankommen, dass Dorothee Bär Rückendeckung bekommt. Dass Kanzleramtsminister Helge Braun, durchaus firm in Digitalpolitik, und die Kanzlerin selbst, die sich längst gerne intensiver der Digitalisierung angenommen hätte, ihr zur Seite stehen. Ohne das dürfte es gegen die Alphamännchen im Ministerrang schwer werden. Aber die Chancen für eine positive Bilanz in dreieinhalb Jahren stehen dennoch gut: anspruchsloser im Inhalt und schlechter in der Umsetzung als in der vergangenen Legislatur kann die Digitalpolitik kaum werden.