Donnerstag, 28. März 2024

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Neue Standards für Wifi
Um die Ecke gefunkt

Schnelles Wifi gibt es an vielen Orten, zum Beispiel im Café oder zu Hause vor dem internettauglichen Fernseher. Die Standards für Wifi werden kontinuierlich weiterentwickelt, die Geschwindigkeiten steigen und neue Frequenzbereiche werden erschlossen. Inzwischen ist es so schnell, dass selbst HD-Filme problemlos über das Funknetz übertragen werden.

Jan Rähm im Gespräch mit Manfred Kloiber | 04.04.2015
    Manfred Kloiber: Jan Rähm, warum ist da eigentlich so viel Bewegung bei Wifi? Ich hatte Sie ja gebeten, einmal daheim zu schauen, wie viel Wifi-Netze Sie bei sich in der Kölner Innenstadt empfangen ...
    Jan Rähm: Das habe ich gemacht. Da komme ich leicht auf 60 unterschiedliche Netze. Und genau da liegt eines der Probleme. Das andere sind die Datenraten, aber die steigen ja schon seit Jahren kontinuierlich, wie Sie ja gerade anschaulich dargestellt haben. Die Frequenzprobleme sind nicht so einfach anzugehen, da Frequenzen weltweit streng limitiert werden. Die meisten drahtlose IP-Netzwerke, kurz WLAN arbeiten im 2,4-GHz-Band, dass sie sich mit vielen anderen Anwendungen teilen müssen. Daher: das ist hoffnungslos überlaufen. Außerdem ist es langsam, weil es nur 20 MHz breite Kanäle bei beispielsweise Wifi 11g bietet, und: je schmaler ein Kanal, desto geringer die Bandbreite, je weniger Kanäle es gibt, desto mehr beeinflussen sich die Netze gegenseitig. Daher: Wechsel ins 5-GHz-Band findet Schritt für Schritt statt, schon länger mit den Netzwerken nach dem Standard IEEE 802.11n, der konnte beide Bänder nutzen, aktuelle Top-Technik setzt auf 802.11ac im 5-GHz-Band. Jetzt wollen die nächsten beiden Evolutionsstufen den Markt erobern: WLAN nach Standard IEEE 802.11ac Wave 2 und 802.11ad.
    Manfred Kloiber: Erst das 2,4 GHz-Band, dann das 5 GHz-Band - und was kommt dann? Mit diesen fragen beschäftigt sich vor allem das Institute of Electrical and Electronic Engineer, IEEE als weltweit führendes Standardisierungs-Gremium. Das ganze Thema WLAN läuft dort in sachlicher Technikermanier unter dem Kürzel 802.11. Und ganz entscheidend sind die Buchstaben, die nach dem Zahlencode folgen. Aktuell in der Umsetzung sind nun 802.11 ac WAVE 2 und 802.11ad:
    Mit Netzwerkstandards ist das immer so eine Sache. Erst verbringen sie Jahre in der Abstimmung, und dann sind sie irgendwann da, aber keiner setzt sie ein. So ergeht es beispielsweise dem bereits 2012 verabschiedeten Regeln 802.11ad des IEEE. Dahinter verbirgt sich eine vergleichsweise neue Technik für drahtlose Netzwerke im 60-Gigahertz-Band.
    "Im 60-GHz-Band haben wir eine Unmenge an Bandbreite zur Verfügung, was eigentlich einzigartig ist. Sowas gab es bislang noch nicht. Das heißt, dass wir in diesem Band sehr hohe Datenraten erreichen können. Große Bandbreite heißt auch große Datenrate und weil das so ist, ist das natürlich auch sehr interessant aus einer Forschungssicht aber auch aus einer kommerziellen Sicht."
    Eckhard Grass leitet die Arbeitsgruppe Drahtlose Breitbandkommunikation am IHP - Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt/Oder. Mit seinen Testaufbauten funkt der Professor im 60-Gigahertz-Bereich mit Datenraten von bis zu 7 Gigabit pro Sekunde. Aber: Wifi 11ad ist ein echter Exot. Nur ein Hersteller verwendet das Protokoll bisher in seinen Produkten. Häufiger anzutreffen ist dagegen der ebenfalls noch junge Standard 802.11ac. Und, obwohl er noch weit von einer großen Verbreitung entfernt ist, bekommt er schon ein Update, die zweite Welle. Deswegen heißt der aktualisierte Standard "802.11ac Wave 2". Andreas Zießnitz vom Berliner Routerhersteller AVM.
    "Kennzeichnend für Wave 2 ist die Integration von ‚Multi User MIMO‘ auf der einen Seite halt, einer neuen Technik im WLAN 11ac und auf der anderen Seite die ‚Beam Forming‘-Technologie kurz technisch TXBF genannt."
    Wifi 11ac arbeitet im 5-Gigahertz-Band und erreichte auf einem einzelnen Datenkanal bis zu 433 Megabit pro Sekunde. Das Update Wave 2 erhöht die Bandbreite dieses Einzelkanals und verdoppelt so die Datenrate. Stehen mehrere Antennen und mehrere Kanäle bereit, dann bündeln die Geräte die Datenströme und können zeitgleich Senden und Empfangen. So steigern sie die Datenrate noch einmal bis zum Dreifachen. Die Technik nennt sich "Multi User MIMO".
    "Unter Multi User MIMO versteht man die gleichzeitige Übertragung von mehreren Datenströmen, sogenannten Spatial Streams in Englisch halt, zu mehreren WLAN-Geräten zur gleichen Zeit."
    Jedoch haben die neuen Standards im 5-GHz- und im 60-GHz-Band einen großen Nachteil: Die Physik schränkt die Reichweite der Funknetze stark ein. Denn Wände, Decken und Mobiliar behindern die Ausbreitung der Funkwellen. Beim hochfrequenten Standard 11ad reicht es sogar schon, wenn jemand zwischen Sender und Empfänger tritt, um die Übertragung zu stören. Doch die Entwickler umgehen das Problem -im wahrsten Sinne des Wortes. Eckhard Grass vom IHP.
    "Da gibt es verschiedene Verfahren, wie man damit umgehen kann. Ein Verfahren ist eben Beamforming. Das heißt man formt einen Strahl, der gezielt Reflektionen über Decken, Böden, Wände und so weiter ausnutzt. Das heißt ich umgehe dann zum Beispiel die Person, die jetzt direkt zwischen einem Sender und Empfänger steht, in dem ich jetzt eine Reflektion über eine Wand ausnutze. Ein anderes Verfahren wäre einfach, dass man auf ein anderes Frequenzband zurückfällt."