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Neuer Chef bei der Bundesagentur für Arbeit
Detlef Scheele will nicht nur Arbeitslosen helfen

Am 1. April tritt Detlef Scheele offiziell sein Amt als neuer Chef der Bundesagentur für Arbeit an. Bei der Vorstellung der jüngsten Arbeitsmarktzahlen präsentierte er sich entschlossen und voller Energie. Und er präsentierte auch einige Ideen, was sich ändern könnte.

Von Wolfram Weltzer | 31.03.2017
    Der designierte Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, blickt in Nürnberg am Rande einer Pressekonferenz in der Zentrale der Bundesagentur zum Fotografen.
    Der designierte Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele. (dpa / Nicolas Armer)
    Wird mit Detlef Scheele an der Spitze der Bundesagentur für Arbeit alles anders? Ein Sozialdemokrat nach dem CDU-Mann Weise, der Wunschkandidat von Andrea Nahles für Nürnberg gar. Kein Betriebswirt und Controller, sondern ein ausgewiesener Fachmann, der in seiner Heimat Hamburg Beschäftigungsprojekte leitete und in Berlin Arbeitsstaatssekretär war, bevor er in die Hansestadt zurückkehrte und Sozialsenator wurde. Das fragt sich die in Nürnberg versammelte Presse vor Beginn der monatlichen Arbeitsmarkt-Pressekonferenz. Dann kommt Scheeles Auftritt und er sagt schlicht:
    "Guten Morgen meine Damen und Herren, ich trage jetzt die Zahlen vor, wie sie das kennen, nur ein anderer."
    Einen gewissen Spaß am Understatement scheint der Mann zu haben. Denn dass das alles ein ganz normaler Wechsel sei, das wird er an diesem Tag noch mehrmals wiederholen. Sind es also nur Äußerlichkeiten, die Scheele und Weise voneinander unterscheiden? Scheele ist deutlich größer, mit seinem braun gebrannten Gesicht und dem kahlen Kopf wirkt er immer etwas asketisch, man meint, den Sportlehrer noch zu erkennen, der er vor seiner politischen Karriere kurz war.
    Sportlich auch das Tempo, in dem er über die aktuellen Arbeitsmarktzahlen geht. Keine drei Minuten braucht er, um zu sagen, dass der Aufschwung am Arbeitsmarkt anhält, schon wieder 100.000 Arbeitslose weniger, die Quote jetzt bei bundesweit 6,0 Prozent.
    Mehr tun für Langzeitarbeitslose
    "Das Beschäftigungswachstum hält unvermindert an und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern ist hoch."
    Dass das voraussichtlich erst mal so weitergeht, sorgt allerdings nicht dafür, dass Scheele sich zurücklehnt. Er weiß, dass die Situation regional viel schlechter ist, während in vielen Branchen das Problem Fachkräftemangel gleichzeitig zunimmt. Und dass neben den knapp 2,7 Millionen offiziell als arbeitslos gezählten eine weitere Million Menschen unterbeschäftigt ist. Sie haben 1-Euro-Jobs, sind gerade krank oder nehmen an Schulungen teil. Viele Langzeitarbeitslose sind darunter. Für sie, sagt Scheele, muss künftig mehr getan werden.
    "Lieber Arbeit finanzieren, als Arbeitslosigkeit finanzieren."
    Scheele macht den Eindruck, hier richtig Dampf machen zu wollen. Der SPD-Sozialpolitiker ist da deutlich zu spüren. Entsprechend hat er auch einen geförderten Arbeitsmarkt für eine begrenzte Gruppe von Menschen vorgeschlagen, von dem er eine präzise Vorstellung hat.
    "Es müssen Menschen sein, die am allgemeinen Arbeitsmarkt chancenlos sind. Das heißt, lange Arbeitslosigkeit plus weiterer vermittlungshemmender Merkmale, älter, gesundheitliche Einschränkungen, keine Ausbildung und so weiter. Also wenn man diese Merkmale anlegt, dann läge man bei 100.000 bis 200.000 Menschen."
    Lebensbegleitende Berufsberatung
    Dafür muss er nun im politischen Berlin werben. Denn das Geld für die geförderte Arbeit muss aus dem Bundeshaushalt kommen. Scheele kann auch ungeduldig sein - das schimmert bei dem Thema durch, wenn er sagt:
    "Ich bin auch gegen jegliche Sonderprogramme, denn Langzeitarbeitslosigkeit ist kein Experimentierfeld, wir haben hier kein Erkenntnisdefizit, wir haben ein Vollzugsdefizit."
    Dennoch will er sich nicht in den Chor der politischen Stimmen in Berlin mischen, eher im Stillen werben im Arbeitsministerium, zum Beispiel auch für den neuen Vorschlag, aus der Bundesagentur eine lebensbegleitende Berufsberatung zu machen. Die Arbeitsagenturen sollen künftig nicht nur Arbeitslosen helfen, sondern auch Beschäftigten, damit sie auf dem Weg in die digitale Arbeitswelt 4.0 nicht unter die Räder kommen. Fünf Jahre hat der 60-Jährige dafür Zeit. Es ist ein Fulltime-Job, das hat er schon in den eineinhalb Jahren als einfaches Vorstandsmitglied der Bundesagentur gelernt. Aus seinem Vorhaben, die fränkische Landschaft rund um Nürnberg auf dem Fahrrad kennenzulernen und sich dabei fitzuhalten, ist nichts geworden.
    "Ich würde mal sagen, Arbeit ist in diesem Fall das Instrument, mit dem man sich fit hält."