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Gesundheitsgefahren
"Energy Drinks gehören nicht in Kinderhände'"

Energy Drinks können ohne Altersbeschränkung im Supermarkt gekauft werden. Längst hätten auch viele Familien die Dosen im Kühlschrank, sagte Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung im Dlf. Bei Kindern könne eine Koffein-Überdosierung aber Ängstlichkeit, Schlafstörungen und Bluthochdruck hervorrufen.

Britta Klein im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 27.03.2018
    Ein Jugendlicher sitzt auf einer Steinmauer und trinkt einen Energy Drink.
    Foodwatch fordert, Energy Drinks sollten in Deutschland nur an Jugendliche über 16 verkauft werden (imago / Schöning)
    Susanne Kuhlmann: Seit Anfang März dürfen Aldi und Lidl in ihren britischen Filialen keine Energy Drinks mehr an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verkaufen. Hintergrund ist, dass diese Trendgetränke ebenso beliebt wie ungesund sind. In Deutschland ist keine Altersbeschränkung für deren Kauf geplant. Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert, die beiden Discounter sollten Energy Drinks auch hier nur an Jugendliche über 16 abgeben.
    Am Telefon ist Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung. Hallo, Frau Klein.
    Britta Klein: Guten Tag, Frau Kuhlmann.
    Kuhlmann: Energy Drinks sind ja bei Jugendlichen und Kindern enorm beliebt und die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit stellt fest, dass viele davon zu viel trinken. Wo bekommen sie die denn?
    Klein: Ja, da wundert man sich. Da gibt es natürlich die freie Verfügbarkeit bei jedem Discounter und in jedem Supermarkt, und zwar in großen Regalen mit sehr viel Auswahl in knalligen Dosen. Aber es gibt darüber hinaus noch einen Kanal, den man nicht vergessen darf, und das ist die Tatsache, dass wir es inzwischen mit einer Elterngeneration zu tun haben, die nicht mal eben für einen Energy Drink an die Tankstelle fährt, sondern wir haben das Phänomen, dass Energy Drinks sich inzwischen in familiären Kühlschränken befinden und einfach verfügbar sind. Diese Energy Drinks werden auch zum Teil an die Kinder weitergegeben. Das sind Ergebnisse, die uns Schulen bestätigen, dass Kinder immer mehr mit Energy Drinks in die Schule kommen.
    Kuhlmann: Welche Inhaltsstoffe sind denn besonders problematisch?
    Klein: Energy Drinks sind natürlich vor allen Dingen wegen ihres Koffein-Gehalts gefragt. Es gibt drei weitere Inhaltsstoffe, die immer wieder genannt werden. Das ist Taurin, das ist das sogenannte Glukuronolakton und Inosit. Das sind aber Inhaltsstoffe, wo gar nicht genau geklärt ist, was für einen zusätzlichen Effekt sie denn zu dem Koffein noch beisteuern können. Wichtig ist, dass man wissen muss: Eine normale kleine Dose Energy Drink enthält bereits 80 Milligramm Koffein. Das ist nur ganz wenig weniger als eine Tasse Kaffee. Wenn man Eltern das vorrechnet und sagt, sie würden ihrem Kind doch auch keine Tasse Kaffee anbieten, dann fällt denen eigentlich erst auf, wie hoch der Koffein-Gehalt in einer kleinen Dose Energy Drink ist. Dazu muss man wissen, dass die bei den Kindern besonders beliebten Dosen meistens nicht 250 Milliliter enthalten, sondern oft einen halben Liter enthalten. Das sind dann schon 160 Milligramm und das ist weit zu viel, liegt weit über dem Höchstwert, den ein Kind, sagen wir mal, von zehn Jahren aufnehmen darf.
    "Kinder sind ziemlich vielen Störquellen ausgesetzt"
    Kuhlmann: Was löst das in einem kindlichen Körper aus?
    Klein: Koffein kennen wir alle. Das ist das weltweit weitverbreitetste Anregungsmittel für das zentrale Nervensystem. Aber in dem Moment, wo es überdosiert wird, oder man ein besonders koffeinempfindliches Kind hat, dann entstehen nicht nur besondere Ängstlichkeit oder gegebenenfalls auch Herzrasen, sondern auch Schlafstörungen. Und man darf nicht unterschätzen: Kinder sind heute ziemlich vielen Störquellen ausgesetzt. Das Smartphone gehört dazu und überhaupt die starke Reizüberflutung, denen Kinder ausgesetzt sind. Wenn dann noch eine hohe Menge Koffein dazukommt, dann muss man sich bei manchen Kindern gar nicht wundern, dass die sehr unkonzentriert sind, und leider gibt es auch Studien dazu, dass viele Kinder inzwischen auch Bluthochdruck unter erhöhtem Koffein-Gehalt entwickeln können. Da gibt es immer wieder Berichte zu und deswegen sind wir der Meinung, dass Energy Drinks nicht in Kinderhände gehören.
    Kuhlmann: Wer den Konsum für seine Kinder begrenzen will, muss das ja erstens einmal wissen, muss sich aber auch etwas einfallen lassen. Was empfehlen Sie denn?
    Klein: Ja, das ist gar nicht so einfach. Wenn Sie mal auf die Webseiten der großen Anbieter gehen, das ist ja ganz geschickt gemacht. Das läuft über trendige Werbeaktionen, das läuft über Trendsportarten, über Influencer, wie es heute so schön heute, oder Vorbilder, die die Kinder haben. Das ist gar nicht so einfach. Wenn Kinder schon mit Smartphones agieren, können sie natürlich auch dieser Werbung folgen. Für am besten halte ich, dass man frühzeitig mit ihnen spricht, gerade mit denen, die schon Aufmerksamkeitsstörungen haben und die auch selber darunter leiden, dass sie die haben, dass man das Problem anspricht, dass man es ihnen auch vorrechnet, wie schnell sie an einem Limit sind, dass man durchaus auch davon berichtet, dass es immer wieder Zwischenfälle mit Energy Drinks gibt und mit so viel Koffein.
    Kuhlmann: Frau Klein, vielen Dank. Sie erklärten uns, warum Kinder und Jugendliche besser keine Energy Drinks trinken sollten, und ich danke Ihnen dafür. Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.