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Neues Album
Großmutter hat einen Gold Panda

Derwin Schleckers Liebe für Japan ist seit Jahren bekannt. Für sein viertes Album "Good Luck And Do Your Best" hat er sich wieder auf einer Reise von dem Land des Lächelns inspirieren lassen. Aufgenommen wurden die Stücke dann aber in seiner englischen Heimat Chelmsford, im Haus der Großmutter.

Von Dennis Kastrup | 21.05.2016
    Der britische Musiker Derwin Schlecker alias Gold Panda
    Der britische Musiker Derwin Schlecker alias Gold Panda (CitySlang / Laura Lewis)
    "Ich habe den gesamten Aufenthalt im Land sehr genossen. Nach meiner Rückkehr fühlte ich mich sehr inspiriert, neue Stücke zu schreiben."
    Wieder also Japan. Derwin Schlecker, der Mann hinter dem Pseudonym Gold Panda, macht keinen Hehl aus seiner großen Liebe zu dem Inselstaat im Pazifik. Schon seine zweite EP aus dem Jahr 2009 trug einen japanischen Titel. In den vergangenen Jahren hat der Brite die Sprache gelernt und sogar ein paar Monate dort gelebt. Immer wieder schwärmt Schlecker von der Gastfreundschaft, die er in der europäischen Heimat oft vermisst. Gesucht hat er danach unter anderem in Berlin, wo er bis vor kurzem seinen Wohnsitz hatte.
    "Als ich Berlin verlassen habe, wusste ich nicht, wo ich hinsollte. Also habe ich mich bei meiner Großmutter einquartiert. Eigentlich wollte ich nur für ein paar Wochen bei ihr wohnen, bis ich eine andere Bleibe gefunden habe. Aber ich fand einfach nichts und habe weiterhin bei ihr gewohnt. Meine Großmutter ist echt cool. Ich habe mir ein kleines Studio gebaut, und wir sind bestens miteinander ausgekommen."
    Die Geborgenheit von Großmutters Haus in seinem Geburtsort Chelmsford nordöstlich von London hat dem 36-Jährigen so gut gefallen, dass Schlecker sogar ein Video darüber gedreht hat. In dem Clip zum Song "In My Car" sind beide in der Küche, im Wohnzimmer, Schlafzimmer, auf dem Friedhof, im Museum und eben im Auto zu sehen. Das Interessante dabei: Nicht ein Wort wird gesprochen.
    "Wir müssen uns nicht wirklich unterhalten, weil wir uns so gut kennen. Sie thematisiert meine musikalische Karriere nicht. Wenn ich von einem Konzert zurückkomme, kocht sie mir Abendessen. Wir schalten den Fernseher ein und unterhalten uns über andere Dinge als Musik."
    Prägende Worte eines Taxifahrers
    In dieser Umgebung entstanden die neuen Stücke für seine vierte Platte. Der erste Impuls kam Schlecker aber in Japan. Ursprünglich hatte er aus gesammelten Fotoaufnahmen und Field Recordings von dort eine Art "klingendes Buch" geplant. Doch die gesammelten Eindrücke reichten für ein ganzes Album. Ein Stück heißt zum Beispiel "Pink And Green", eine beliebte Farbkombination im Land des Lächelns. Auch der Albumtitel ist eine Referenz.
    "Good Luck And Do Your Best" ist ein Satz, den ein japanischer Taxifahrer auf Englisch zu mir gesagt hat. Solche positiven Dinge werden einem dort ständig mit auf den Weg gegeben. Zuerst fand ich es kitschig, ein gut gelauntes Pop-Album zu produzieren, aber es hat wunderbar funktioniert.
    Die Stücke sind dennoch keine Musik für den Dancefloor. Gold Panda vermischt sehr subtil Elemente von Break Beat, Dubstep und ein bisschen House. Das fühlt sich an, als ob er einen Weichzeichner für Musik erfunden hätte. Die Genres treten nicht einzeln zum Vorschein, sondern verwischen und gehen ineinander auf. So entsteht ein warmer Sound, an dem nicht zuletzt analoge Klangquellen beteiligt sind. Denn oft beginnt sein Schreibprozess mit dem Sample einer Schallplatte.
    "Ich benutze immer noch alte Vinyl-Platten, um an Soundmaterial zu kommen. Das schichte ich dann übereinander oder verändere es in der Tonhöhe. Oft arbeite ich eben noch mit Schallplatten. So habe ich gelernt Musik zu machen. Ich bin mit Hip-Hop aufgewachsen."
    Ein anderes musikalisches Werkzeug sind die Sound-Schleifen auf dem Album. An manchen Stellen wird man das Gefühl nicht los, die Wiederholung bestimmter Passagen wurde mit Absicht in die Länge gezogen.
    In der Wiederholung liegt ein Gefühl von Sicherheit
    "Ich mag es, Dinge so lange zu loopen, bis sie einen frustrieren. Das ist dann der Punkt, an dem ein Wechsel kommen muss. Wenn man diesen Wechsel aber zu früh einbaut, dann entsteht keine Spannung. Das ist im Leben genauso. Es gibt diese endlosen Wiederholungen von Dingen, die man machen muss. Man wacht jeden Morgen auf, macht dieses und jenes. Für mich liegt in der Wiederholung ein Gefühl von Sicherheit."
    Die Art und Weise, wie Derwin Schlecker spricht, hört sich wie seine Musik an: ein bisschen schüchtern, nicht sehr extrovertiert, aber doch offen, neugierig, wohl überlegt und mit viel Erfahrung ausgestattet. Niemals drängen sich seine Songs auf. Musik für die späten Stunden in der Wohnung - alleine - wenn draußen in der Stadt die Lichter und Menschen toben. Man fühlt sich beim Hören in den Arm genommen. Und dann ertappt man sich bei dem Gedanken: Genau das muss seine Großmutter auch monatelang gemacht haben.