Dienstag, 19. März 2024

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Neues Anti-Doping-Testsystem
"Die ITA ist eine Nebelkerze"

"Der Sport kontrolliert weiterhin die Kontrollen des Sports", sagte Doping-Experte Hajo Seppelt im Dlf. Und das bleibe auch trotz des vom IOC angekündigten unabhängigen Anti-Doping-Testsystems ITA so, das bis zu den Winterspielen in Pyeungchang eingerichtet werden soll.

Hajo Seppelt im Gespräch mit Marina Schweizer | 15.07.2017
    Eine Doping-Kontrollstation am Biathlon-Center in Krasnaja Poljana während der Olympischen Spiele von Sotschi.
    Die neue "Independent Testing Authority", die künftig die Anti-Doping-Tests durchführen soll, ist keine unabhängige Behörde, sagte Doping-Experte Hajo Seppelt im Dlf. (picture alliance / dpa - Hendrik Schmidt)
    Die Independent Testing Authority ITA soll unabhängig arbeiten - und das nicht nur bei Olympischen Spielen, sondern bei allen Sportarten, erklärte Doping-Experte Hajo Seppelt: "Wer jetzt behauptet, damit würde man mehr Unabhängigkeit schaffen, der irrt. Denn die Herausnahme dieser Kontrollen aus dem Bereich der IFs, also der International Federations, der internationalen Sport-Fachverbände, bedeutet nicht, dass sie keinen Einfluss darauf haben. Denn diese finanzieren die ITA, genauso wie das IOC das bezahlt."
    Es werde daher nur kaschiert, was passiert: nämlich, dass diese Kontrollen weiterhin im Zuständigkeit des Sports liegen. "Der Sport kontrolliert weiterhin die Kontrollen im Sport. Der Sport kontrolliert sich selbst. Das ist das Kernproblem, es ist angelegt in der DNA des organisierten, kommerziellen Spitzensports seit Jahrzehnten. Da kann eine Nebelkerze wie dieses ITA nicht davon ablenken."
    "Sport ist mit seiner Selbstreinigungskraft gescheitert"
    Man dürfe nicht vergessen: "Die Fachverbände haben bisher bestimmt, was in den Doping-Laboren analysiert wird. Wenn jetzt diese ITA kommt, bin ich gespannt, ob die Labore unabhängig das machen können, was ihr Auftrag ist, nämlich den Sport zu kontrollieren. Meine Prognose ist: Das werden sie weiter nicht tun."
    Richtig wäre es, wenn der Sport anerkennen würde, dass er mit seiner Selbstreinigungskraft über Jahrzehnte gescheitert sei. Die Welt-Anti-Dopingagentur hätte man dagegen stärken müssen, "bei der hätte man den Einfluss des organisierten Sports rausnehmen müssen. Eine wirklich übergeordnete, von den Sport-Fachverbänden weiter entfernte Organisation wäre das Ziel gewesen. Das ist verfehlt worden."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.