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Neues Geoengineering-Konzept
Klimakühlende Effekte durch Eisensalze

Geoengineering soll helfen, der globalen Erwärmung zu begegnen. Chemieingenieur Franz Dietrich Oeste hat dafür ein eigenes Konzept namens ISA - kurz für "Eisen-Salz-Aerosole" - entwickelt. In der Luft sollen Eisenpartikel Prozesse in Gang setzen, die das Treibhausgas Methan abbauen.

Von Volker Mrasek | 07.03.2017
    Adelie-Pinguine springen vom Ross Felsen in der Antarktis aus ins Meer. Der Felsen ist in der rechten Bildhälfte zu sehen. Die Eisplatte ist von Guano braun gefärbt. Ein Pinguin ist gerade in der Luft.
    Über dem Meer soll Staub niedergehen, der die Algen besser mit Eisen versorgt. (picture alliance / Zuma Press)
    Das Konzept des hessischen Chemieingenieurs Franz Dietrich Oeste sieht vor, Schwebstaubpartikel in die Atmosphäre einzubringen. Doch keine, die Schwefel enthalten, sondern Eisen. Entweder als Oxid oder in Salzform, als Chlorid. In der Luft sollen die Teilchen Prozesse in Gang setzen, die das Treibhausgas Methan abbauen. Später dann soll der Staub, der über dem Meer niedergeht, Algen besser mit Eisen versorgen. So dass sie stärker aufblühen und mehr Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen, das sie zum Leben benötigen - ebenfalls ein Klimagas.
    Oeste nennt seine Kombi-Therapie gegen die globale Erwärmung ISA. Das steht für Eisen-Salz-Aerosole:
    "Wir geben direkt Eisenoxid oder Eisenchlorid in Reinform in die Atmosphäre. Also, insgesamt so hundert- bis dreihundertausend Tonnen pro Jahr global gesehen. Das ist eigentlich von der Wirtschaftlichkeit her gesehen kein besonderes Problem."
    Die Luft enthält ohnehin eisenhaltige Aerosole, vornehmlich aufgewirbelten Wüstenstaub. Wenn man diese natürlich vorhandene Menge verdoppelte, ließe sich die Atmosphäre stark genug abkühlen, um die globale Erwärmung zu stoppen. Das zumindest behaupten Oeste und drei Koautoren jetzt in der Fachzeitschrift "Earth System Dynamics". Die Blaupause für ISA lieferte dabei die Natur. Während der Eiszeiten, als die Pflanzendecke schrumpfte, seien auch größere Mengen Wüstenstaub aufgewirbelt worden und hätten zusätzlich abkühlend gewirkt, so die Forscher.
    Kraftwerke, Schiffe oder - besser noch - Flugzeuge: Sie alle könnten dazu beitragen, die Eisen-Aerosole zu produzieren. Durch einen Zusatz in ihren Brenn- beziehungsweise Kraftstoffen:
    "Zum Beispiel Ferrocen. Das benutzt man, damit die Abgase wenig Ruß enthalten. Und dieses Ferrocen, das bildet bei der Verbrennung Eisenoxid. Das versuche ich dann in einer Höhe zu emittieren - am besten tausend Meter oder höher. Natürlich nur in einer geringen Menge. Da kommen also keine gelben Qualmwolken aus dem Schornstein. Das sieht man praktisch nicht."
    Eisenstäube als Klimakiller
    Lange habe man nicht gewusst, ob die Eisenstäube wirklich Klimagas-Killer seien, räumt Oeste ein. Inzwischen könne man aber davon ausgehen:
    "2014, 2015 und 2016 ist das in der Universität Bayreuth in Aerosolkammern nachgewiesen worden, dass damit Methan abgebaut werden kann."
    Der Aufwand für ISA sei viel geringer, als wenn man sonnendimmende Schwefelpartikel in die Atmosphäre einbrächte, sagt der Franzose Renaud de Richter - auch er Chemieingenieur und ein Verfechter des Konzeptes:
    "Bei unserer Methode genügt es, das Eisen in der Troposphäre einzusetzen, in unserer Wetterschicht. Die Schwefel-Aerosole aber müssen in 20 Kilometern Höhe eingebracht werden und dort ein, zwei Jahre bleiben, wenn sie die Erde in ähnlicher Weise kühlen sollen wie ein Vulkanausbruch."
    Doch was ist mit der Eisendüngung im Ozean? Sie fördert das Wachstum von Meeresalgen, und die saugen mehr CO2 aus der Luft - das ist richtig! Doch nach ihrem Tod nehmen die Algen gar nicht den ganzen Kohlenstoff mit ins Grab auf dem Meeresgrund. Viel davon wird vorher wieder frei. Experimente auf See haben das gezeigt.
    Bei der ISA-Methode soll das anders sein:
    "Bei unserem Konzept wird das Eisen ja weiträumig verteilt und fällt dann auch in Meeresregionen, in denen das Wasser viel gelöste Kieselsäure enthält. Dort würden dann Kieselalgen aufblühen. Wegen ihrer schweren Schalen sinken sie nach dem Absterben schneller zum Meeresgrund."
    Methode ist nicht gesichert
    Und mit ihnen auch das einverleibte Kohlendioxid.
    Franz Oeste ist davon überzeugt, dass ISA als globale Klimaanlage auf jeden Fall funktionieren würde:
    "Die Grundlagen sind alle abgeklopft. Ich wüsste nicht, welches Verfahren uns da ausstechen kann."
    Doch es bestehen schon noch Zweifel. So haben US-Forscher kürzlich eiszeitliche Meeressedimente aus dem Pazifik untersucht und darin keine Hinweise auf stärkere Algenblüten gefunden, wie sie im Fachmagazin "Nature" schrieben. Womöglich waren und sind Eisenstäube als Ozeandünger also doch nicht so flächendeckend wirksam. Ungewiss ist natürlich auch, ob Politik und Gesellschaft wollen, dass Kraft- und Brennstoffe mit Eisen versetzt werden.
    Klar ist aber schon das weitere Vorgehen: Die Wirkung der ISA-Methode soll als nächstes in Computermodellen der globalen Stoffkreisläufe getestet werden.