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Neues Kontrollgesetz
Israel wirft Facebook Anstiftung zum Terror vor

Facebook, YouTube und Co. sind erneut ins Visier der israelischen Regierung geraten: Sie sieht die sozialen Netzwerke als Ursache für die Angriffe von Palästinensern auf Israelis. Einzeltäter würden dort radikalisiert und zur Gewalt angestachelt. Ein neues Gesetz soll der Regierung nun ermöglichen, hetzerische Posts löschen zu lassen.

Von Peter Kapern | 02.01.2017
    Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (r.) und der Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan während eines Regierungstreffens in Jerusalem
    Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (r.) und der Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan (picture alliance / dpa / Gali Tibbon / Pool)
    Für die israelische Regierung ist die Sache klar: Nicht etwa die israelische Besatzung des Westjordanlands und die dadurch verursachte Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit vieler dort lebender Palästinenser ist die Ursache für die Angriffe palästinensischer Einzeltäter gegen Israelis. Nein, die als "einsame Wölfe" bezeichneten, meist jugendlichen Täter gehen nach Überzeugung der israelischen Regierung auf Soldaten und Siedler los, weil sie dazu in den sozialen Medien angestiftet werden. Gilad Erdan, der Minister für die öffentliche Sicherheit: "Die jungen Palästinenser laden auf Facebook alle Debatten, alle Lügen und jede Hetzerei hoch, die sie ansammeln können. Und anschließend ziehen sie los, um zu morden."
    Facebook, YouTube und Co. sind nicht erst jetzt ins Visier der israelischen Regierung geraten. Im Sommer bereits hatte Minister Erdan Facebookschef Mark Zuckerberg auf drastische Weise dazu bringen wollen, von sich aus kritische Inhalte seines sozialen Netzwerks bei der israelischen Polizei zu melden. Erdan warf Zuckerberg vor, für die Ermordung von Israelis verantwortlich zu sein: "Ich muss mit Bedauern feststellen, dass das Blut eines Teils der Ermordeten an Herrn Zuckerbergs Händen klebt. Denn er hätte die Polizei oder andere Sicherheitskräfte über bestimmte hochgeladene Inhalte informieren können."
    Regierung will Posts per Gerichtsbeschluss löschen lassen
    Kurz drauf traf sich die Facebook-Spitze mit Justizministerin Ayelet Shaked und Minister Erdan. Das Ergebnis war eine Verabredung, nach der auf Antrag der Regierung bestimmte Inhalte von den Facebook-Servern gelöscht werden. Und tatsächlich: Ministerin Shaked berichtete kürzlich, dass Facebook 95 Prozent aller Löschanträge der Regierung umsetzt. Bei YouTube waren es 80 Prozent. Doch das reicht der israelischen Regierung nicht. Deshalb das neue Gesetz, dem die Knesset noch zustimmen muss. Eine Formalie. Es ermöglicht der Regierung, durch Gerichtsbeschluss jeden Post löschen zu lassen, der im Verdacht steht, zur Gewalt aufzuhetzen oder die Sicherheit zu gefährden. Justizministerin Ayelet Shaket: "Das Gesetz hilft bei Extremfällen, wenn wir denken, der Inhalt müsse entfernt werden, aber Facebook oder andere Unternehmen sich weigern, dies zu tun. Dann können wir uns einen Gerichtsbeschluss holen und den Inhalt entfernen lassen."
    Ministerin Shaked weiß offenbar, worüber sie redet, wenn es um Aufstachelung zur Gewalt in sozialen Netzwerken geht. Im Sommer 2014 tauchte bei Facebook ein Post auf, in dem es hieß, nicht nur palästinensische Terroristen, sondern auch deren Mütter sollten getötet werden, damit sie nicht noch weitere Schlangen großziehen. Die Seite, auf der sich dieser Text fand, war die Facebook-Seite der heutigen Justizministerin Ayelet Schaked.