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Neues Sicherheitsgesetz in China
Kampf gegen "schlechte" kulturelle Einflüsse

Mit einem neuen Sicherheitsgesetz hat China die Kontrolle und die Macht des Staates erweitert. Kritiker werten das als weiteren Anschlag auf die Bürgerrechte – das Gesetz hat auch Auswirkungen auf die Kultur und die Medienfreiheit im Land.

Von Axel Dorloff | 03.07.2015
    Die chinesische Flagge
    Die chinesische Flagge (dpa / picture alliance / Revierfoto)
    Die Logik dahinter ist schlicht und einfach: die Herausforderungen für die Sicherheit und die Souveränität der Volksrepublik China wachsen. Also braucht es ein neues Sicherheitsgesetz, mit dem die Kommunistische Partei Chinas quasi in jeden Bereich reinfunkt. Noch intensiver als bislang schon, warnt Zhang Lifan, ein kritischer Kommentator aus Peking. "Dieses Gesetz erweitert das Konzept der Nationalen Sicherheit signifikant. Alles ist jetzt Teil davon: vom Internet bis zum Weltraum. Aber was uns am meisten Sorgen macht, sind die möglichen Auswirkungen auf Medien- und Meinungsfreiheit."
    Seit mehreren Jahren, seitdem Xi Jinping 2012 an die Macht kam, hat China die Meinungs- und Pressefreiheit schrittweise eingeschränkt. Bürgerrechtler werden eingesperrt, kritische Professoren bekommen die Lehrbefugnis entzogen, chinesische Journalisten werden mit Schulungen auf Linie gebracht. Und Zhang Lifan fürchtet, dass das künftig noch schlimmer wird. "Ich halte es für möglich, dass sich nun noch weniger trauen, etwas zu sagen. Eigentlich garantiert der Artikel 35 unserer Verfassung die Meinungs- und Pressefreiheit. Aber wir wissen, dass die Verfassung in China kein besonderes Gewicht hat. Die Redefreiheit wird weiter eingeschränkt. Es beginnt eine neue Runde."
    Die Unsicherheiten der Kommunistischen Partei Chinas
    Und das neue Sicherheitsgesetz knöpft sich auch die Kultur vor: es werden nicht klar definierte Maßnahmen gefordert, um feindlichen und schlechten kulturellen Einflüssen zu begegnen. Was das genau sein soll, wird nicht gesagt. Für Zhang Lifan ist die Richtung aber klar: "Mit schlechter Kultur meinen sie vermutlich westliche Werte. Aber es ist überhaupt nicht klar definiert, was schlechte Kultur ist. Wir wissen, dass das Bildungsministerium in China so gut es geht versucht, westliche Werte zu boykottieren. Generell habe ich das Gefühl, dass das ganze Gesetz die große Unsicherheit der Partei reflektiert."
    Die Kultur hat schon jetzt schwer unter Chinas Machtapparat. Theater sind mit Überwachungskameras ausgestattet. Die erfassen nicht nur die Bühne, sondern auch den Zuschauerraum. Textvorlagen und Drehbücher für Theaterstücke oder Filme werden von Chinas Zensoren abgelehnt. Ohne Begründung. Und trotzdem: als das Nationale Sicherheitsgesetz vorgestellt wird, wählt Zheng Shuna vom Rechtsausschuss des nicht frei gewählten chinesischen Parlaments blumige Worte. "Wenn es darum geht, die Kerninteressen unseres Landes zu verteidigen, hat die chinesische Regierung immer wieder gesagt, dass wir weiter den Weg einer friedlichen Entwicklung gehen wollen. Aber wir geben unsere legitimen Rechte nicht auf – und machen keine Kompromisse, wenn es um die Kerninteressen unseres Landes geht."
    Kritische Kommentatoren und Beobachter sind sich einig: Chinas Nationales Sicherheitsgesetz ist ein schwammiger Katalog über fast alles. Und gleichzeitig ein Dokument über die Ängste und Unsicherheiten der Kommunistischen Partei Chinas.