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Neues Stipendienprogramm
Sachsen will junge Lehrer aufs Land locken

Weil es die meisten Studenten in die großen Städte zieht, ist abzusehen, dass es in ländlichen Regionen bald einen Notstand nicht nur an Medizinern, sondern auch an Lehrern geben wird. Jetzt will das Land Sachsen den jungen Pädagogen Lust aufs Land machen.

Von Iris Milde | 29.04.2015
    Die Lehrerin Dr. Silvia Schischwani unterichtet in einer 8. Klasse.
    Für die ländlichen Regionen wird es immer schwieriger, Lehrer zu finden. Mit einem speziellen Programm will Sachsen gegensteuern. (picture alliance / dpa / Ingo Wagner)
    "Mich zieht es zum Beispiel auch rein so persönlich in Großstädte und damit kann ich mir den ländlichen Raum jetzt noch nicht vorstellen."
    So wie diesem Dresdner Lehramtsstudenten geht es vielen angehenden Pädagogen. Sie wollen in den großen Städten bleiben, wo sie auch studiert haben. Das führt zu Lehrermangel in ländlichen Regionen, der noch verschärft wird dadurch, dass bis 2030 etwa zwei Drittel der sächsischen Lehrer in Rente gehen. Sachsen führt deshalb das Sachsen-Stipendium ein. Lehramtsstudierende erhalten dann circa 300 Euro monatlich, wenn sie sich verpflichten später auf dem Land zu arbeiten - und zwar so lange, wie sie das Stipendium bezogen haben, sagt der Sprecher des Kultusministeriums Dirk Reelfs.
    "Also vor allem ist es uns mit dem Sachsen-Stipendium erst einmal wichtig, diejenigen jungen Lehrkräfte zu binden, die wir brauchen. Das heißt, wir suchen Lehrkräfte für bestimmte Schulen. Das sind die Förderschulen in ländlichen Regionen. An zweiter Stelle sind die Grundschulen zu nennen. Wir suchen eher Bewerber für Fremdsprachen, für Mathematik, für die MINT-Fächer schlechthin."
    Ungefähr 100 Studierende jährlich sollen in den Genuss der Landzulage kommen, die sie dann bis zum Ende ihres Studiums beziehen. Die angehenden Lehrer sollen aber nicht nur finanziell, sondern auch ideell gefördert werden, etwa indem sie einen Mentor zur Seite gestellt bekommen. Der sächsische Lehrerverband begrüßt die Pläne des Kultusministeriums. Da das Landleben für junge Menschen nicht verlockend ist, komme man um finanzielle Anreize nicht herum, so der Vorsitzende des Verbands Jens Weichelt.
    Lehrer-Notstand auf dem Land absehbar
    "Es kann natürlich nicht das Allheilmittel sein, also hier müssen auch noch andere Dinge greifen. Und ich denke da in erster Linie natürlich an attraktive Arbeitsbedingungen für unsere Lehrerinnen und Lehrer."
    Denn der Freistaat ist für arbeitssuchende Lehrer nicht unbedingt die erste Wahl. So sind nur 1.000 der 32.000 sächsischen Lehrer verbeamtet. Die angestellten Lehrer sind häufig niedriger eingestuft als in anderen Bundesländern. Viele Stellen sind zudem befristet. Das – so sieht es der aktuelle Haushalt ebenfalls vor – soll künftig nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Sachsen muss jedoch nicht nur den Generationswechsel bei den Lehrern schaffen, sondern auch steigende Schülerzahlen abfangen, so Jens Weichelt.
    "Außerdem nimmt die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen stetig zu. Und wir haben einen Anstieg der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Auch das verlangt zusätzliche Ressourcen."
    Ein Notstand auf dem Land ist also absehbar. Das Sachsen-Stipendium kann dabei nur ein Baustein von vielen sein, um junge Lehrer nach Ostsachsen oder ins Erzgebirge zu locken, das weiß auch der Sprecher des Kultusministeriums Dirk Reelfs.
    "Wir werben gemeinsam mit den Landkreisen um die jungen Lehrkräfte. Sie werben mit den guten Schulstandorten, der guten Ausstattung und auch der Möglichkeit, sich um Ehepartner zu kümmern bis hin dann zum Kita-Platz."
    Vorbild für das Sachsen-Stipendium ist eine ähnliche Förderung für Medizin-Studenten, die es bereits seit 2008 gibt. Das Sachsen-Stipendium könnte ab dem kommenden Wintersemester vergeben werden. Die umworbenen Studierenden jedoch reagieren verhalten.
    "Generell, finde ich, ist es eine schöne Idee, weil ich selber mir auch vorstellen könnte, aufs Land zu ziehen. Es ist halt immer die Frage dann auch wo, also mir bringt auch das Stipendium nichts, wenn das Kollektiv an der Schule einfach nicht stimmt."
    "Ich glaub, das ist wahrscheinlich ein netter Versuch, aber für mich auch ein hilfloser Versuch, in Sachsen zu versuchen, Lehramtsstudenten zu etwas zu bewegen, was offensichtlich das restliche Bildungssystem nicht schafft, nämlich die Leute hier zu halten."
    "Es geht auch um eine gewisse Planungsoffenheit, die ich mir beibehalten will. Und wenn ich festgelegt bin auf fünf bis sechs Jahre, damit könnte ich nicht umgehen."