Freitag, 19. April 2024

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Neues vom CD-Markt zu Weihnachten
Martin Luther bei Ben Hur zum Adventskaffee

Alle Jahre wieder erscheinen neue CDs zum Weihnachts-Fest – von Gesangsensembles über Chöre, Blechbläser-Formationen bis hin zu Trompeten-Solisten, von frühbarocken Weihnachtsliedern bis hin zu zeitgenössischen amerikanischen "Christmas Carols" oder Jazz-Arrangements ist alles dabei - Schönes und weniger Schönes.

Von Ursula Böhmer | 07.12.2016
    Orchester von Engelsfiguren aus dem Erzgebirge
    Gehört zum Fest dazu wie Baum und Krippe: Weihnachtsmusik (picture alliance / dpa / Daniel Kalker)
    Musik: "Weihnachten aus dem Berliner Dom"
    Es ist eines der Adventslieder, die aus der Feder Martin Luthers stammen: "Nun komm der Heiden Heiland" - hier in frühbarocke Töne gesetzt von dem sorbischstämmigen Theologen und Komponisten Johann Crüger:
    Musik: "Weihnachten aus dem Berliner Dom"
    Johann Crüger hat Theologie an der Universität in Wittenberg studiert - also in jener Stadt, wo der Kirchenreformator Martin Luther einst, zumindest der Legende nach, seine 95 Ablass-Thesen ans Hauptportal der Schlosskirche gehämmert haben soll. Ab 1622 wirkte Crüger dann 40 Jahre lang als Gymnasial-Lehrer und Kantor in Berlin. Im Berliner Dom wiederum ist diese wunderbare CD-Aufnahme entstanden – mit Hymnen, Chorsätzen und Adventsliedern aus der Reformationszeit.
    Musik: "Weihnachten aus dem Berliner Dom"
    Vergnüglich-tänzerische Töne im "Magnificat" von Johann Crüger, das hier zum ersten Mal überhaupt eingespielt worden ist – eine musikalische Fundgrube. Vorausblickend auf den 500. Jahrestag der Reformation im kommenden Jahr knüpfen der exzellente Berliner Staats- und Domchor und die Lautten Compagney unter der Leitung von Kai-Uwe Jirka viele rote Beziehungsfäden auf ihrer neuen CD: "Weihnachten aus dem Berliner Dom" heißt sie ganz profan, ist bei Sony Music erschienen – und unbedingt hörenswert. Verzichtbar hingegen diese, beim Label Naxos erschienene Aufnahme - mit Kompositionen von James Whitbourn. Auch der Brite, Jahrgang 1963, hat ein "Magnificat" geschrieben – oder sollte man böse sagen: verbrochen?
    Musik: " Carolae – Music for Christmas”
    "Habtat nich ne Nummer kleener?", würden die Berliner sagen. Mit viel "Pomp und Circumstances" setzt Whitbourn sein "Magnificat" in ein Klang-Szenario – lässt dazu die Kirchenorgel aus allen Löchern pfeifen und javanesische Gongs wahlweise triumphierend scheppern oder finstere Endzeiten herbeidräuen. Auch in Whitbourns "Missa Carolae" bleibt kein Auge trocken – Kirchenmusik goes Blockbuster: Das hätte Filmkomponist Miklós Rózsa 1959 in dem Klassiker "Ben Hur" nicht besser machen können:
    Musik: "Carolae – Music for Christmas"
    Immerhin: Die "Westminster Williamson Voices", ein Spezial-Ensemble vom Westminster Choir College im amerikanischen Princeton, singt vorzüglich – und findet auf der CD "Carolae – Music for Christmas" für Whitbourns Pathos genau die richtigen Töne.
    Klischeebehaftet sind ja eigentlich auch Blechbläser-Formationen, die sich zur Adventszeit traditionell nicht nur auf Weihnachtsmärkten, sondern auch auf CD-Neuerscheinungen tummeln. Fernab von glühweingetränkter Stimmungsmache ist allerdings das, was das Ensemble "Septura" absolut stimmig macht: Klangzauber vom Feinsten.
    Musik: "Christmas with Septura"
    Ist das noch Blechbläser-Musik oder schon eine Kirchenorgel samt Schwellwerk? Die Mitglieder des Ensembles "Septura" sitzen sonst als Solo-Bläser in den Spitzen-Orchestern Londons und Birminghams. Faszinierend, wie das Ensemble auf der bei Naxos erschienenen CD "Christmas with Septura" Klangfarben mischt und mit astreiner Intonation ausbalanciert. Faszinierend auch die Lippen- und Fingergeläufigkeit der sieben Bläser – etwa in diesem Arrangement eines Chorsatzes aus Bachs Weihnachtskantate "Ich freue mich in dir": "Dito", möchte man sagen.
    Musik: "Christmas with Septura"