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Neues Zentrum für Polen-Studien

An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) wurde das neue Zentrum für Polen-Studien eingeweiht. Interdisziplinär und über die Fakultäts-Grenzen hinweg soll hier ein neuer Schwerpunkt der Forschung und Lehre zum Nachbarland Polen entstehen.

Von Raphael Jung | 17.06.2011
    "Ich heiße Artur Barczewski. Ich bin an der Viadrina seit sechs Jahren und ich komme ursprünglich aus Polen, aber ich habe mein Abitur in Deutschland gemacht, an der Europa-Schule Guben, dann habe ich mein Studium in Berlin angefangen, und dann habe ich gewechselt nach einem Jahr nach Frankfurt (Oder)."

    Artur Barczewski ist Jurist, 26 Jahre alt und lebt im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen. Geboren wurde er in Westpolen, in einer Stadt mit weniger als 20.000 Einwohnern. Nach dem deutschen Abitur in Südbrandenburg zog es ihn zum Studium nach Berlin, von dort aus wechselte er aber bald an die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

    "Wegen des doppelten Abschlusses. In Berlin konnte ich nur das deutsche Staatsexamen studieren, und hier kann ich beides machen."

    Das gibt es sonst nirgendwo in Deutschland - und solche Angebote sind es, die die Europa-Universität für Studierende attraktiv macht: Mit dem "Master of German and Polish Law" steht Artur Barczewski der Wege in gleich zwei Arbeitsmärkte offen. Jetzt will er auch noch seinen Doktor machen. Und dafür bekommt der 26-jährige ein Startstipendium - vier Monate lang, 1000 Euro monatlich. Möglich ist das durch Mittel, die das neue Zentrum für interdisziplinäre Polen-Studien an die Universität bringt. Neue Impulse für die polenbezogene Forschung und Lehre soll es bringen, und vor allem Studierende nach Frankfurt holen und dort halten. Werner Benecke, Professor für Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas.

    "Die Selbstverständlichkeit, die einmal Frankfurt an der Oder und die Viadrina zu einem Anlaufpunkt für an Polen interessierte Deutsche und an Deutschland interessierten Polen gemacht hat, ist bei Weitem nicht mehr gegeben. Heute konkurriert die Viadrina mit den großen Universitäten Europas und sie muss sich dafür etwas einfallen lassen, um sich auf einem neuen Markt neu zu positionieren."

    Die Viadrina will auch künftig ein Magnet für Polen-Interessierte bleiben - deshalb das neue Zentrum für Polen-Studien. Die polenbezogenen Forschungen von Kulturwissenschaftlern, Juristen und Ökonomen sollen dort gebündelt werden, um Synergien zu schaffen. Das sei bitter nötig, gerade im Zuge des deutschlandweiten Zurückfahrens der klassischen Polonistik, meint Gunter Pleuger, Präsident der Europa-Universität.

    "Wir brauchen ein Kompetenzzentrum wieder in Deutschland – ein Zentrum in dem polnische Geschichte, polnische Politik, polnische Wirtschaft, polnische Literatur – im Grunde, das Ganze polnische Leben dargestellt und erforscht wird."

    Das Institut, von dem sich die Universität auch Impulse für das Collegium Polonicum erhofft (eine gemeinsame Einrichtung der Adam Mickiewicz-Universität Poznan und der Viadrina), soll zum Wintersemester die Arbeit aufnehmen. Das Berufungsverfahren für die ausgeschriebene Professur läuft, bisher profitieren nur Studenten von dem "Zentrum in Gründung" - so wie Artur Barczewski und Inez Okulska. Die Studentin hat einen Bachelor in Kulturwissenschaften, dann Polonistik in Poznan studiert, jetzt promoviert sie an beiden Universitäten - zweisprachig.

    "Es ist sehr wichtig für junge Forscher, dass sie gefördert werden, weil vor allem in Polen diese Situation der Doktoranden materiell meistens sehr schlimm ist. Man hat einfach keine richtige Möglichkeit, sich an die Wissenschaft wirklich so zu wenden, wie man möchte."

    Promovieren an der Oder bedeutet für sie Unterstützung finden, wissenschaftlicher, aber natürlich auch finanzieller Art. Für sie hat der Umzug an die Viadrina sich in vielerlei Hinsicht gelohnt.

    "Ich glaube mal, alle meine Erwartungen waren wirklich erfüllt. Ich denke, es war die beste Entscheidung."

    So wie Ines Okuslka und Artur Barczewski sollen ab Herbst weitere Stipendien Unterstützung erhalten.