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Neuordnung des Verfassungsgerichts
EU-Kommision kritisiert polnische Regierung

In der EU gibt es breite Kritik an der Umgestaltung des polnischen Verfassungsgerichtes. Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans hat die polnische Regierung in einem Brief dazu aufgerufen, die geplante Gesetzesänderung zu überprüfen. Der Druck von Brüssel auf Warschau nimmt zu.

23.12.2015
    EU-Vizekommissar Timmermans
    EU-Vizekommissar Timmermans mahnt, dass Polen die geplanten Änderungen überprüfen soll. (JOHN THYS / AFP)
    Die polnische Regierung will, dass die Verfassungsrichter künftig nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit entscheiden können und nicht wie bislang mit einfacher Mehrheit. Zudem müssen für einen Spruch künftig mindestens 13 der 15 Verfassungsrichter anwesend sein - bisher reichten neun Richter.
    Kritiker sehen dadurch Gewaltenteilung und Demokratie in Gefahr. Ihrer Einschätzung nach ist eine Mehrheit von zwei Dritteln für ein Votum in den meisten Fällen nicht erreichbar. Deshalb fiele das Gericht als Kontrollinstanz der Regierung weitgehend aus. Bürgerrechtsgruppen befürchten die Lähmung der Arbeit des Gerichts, das sich künftig mit viel weniger Fällen befassen könne. Schon jetzt gebe es einen Rückstau von rund 200 unbearbeiteten Fällen.
    Die Regierungspartei PiS argumentierte hingegen, dass das Verfassungsgericht von "Spießgesellen" der abgewählten liberalen Partei Bürgerplattfarm kontrolliert werde. Diese machten es der PiS unmöglich, ihre weitreichenden Wahlversprechen umzusetzen und handelten damit gegen den Wählerwillen.
    Timmermanns: EU verfolgt Entwicklung
    Timmermans betonte in dem Brief an den polnischen Außenminister Witold Waszczykowski und an Justizminister Zbigniew Ziobro, die EU verfolge sehr genau Entwicklungen, die die Rechtsstaatlichkeit eines Landes in Zweifel ziehen könnten. "Die Rechtsstaatlichkeit gehört zu den gemeinsamen Werten, auf denen die Europäische Union gegründet ist."
    Zuvor hatte der amtierende EU-Ratspräsident, Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, die EU-Kommission aufgefordert, die polnische Regierung nach Brüssel vorzuladen. Mit der Entscheidung seien nun auch die Meinungsfreiheit in Polen und die Unabhängigkeit weiterer Gerichte bedroht.
    Kein Kommentar von der Bundesregierung
    Ähnlich äußerten sich der CDU-Politiker Günther Krichbaum und SPD-Fraktions-Vize Axel Schäfer. Die EU könne nicht hinnehmen, dass Grundprinzipien wie die Gewaltenteilung verletzt würden. Die Bundesregierung betonte, man verfolge die aktuellen Entwicklungen aufmerksam, wolle die Entscheidungen demokratisch gewählter Volksvertreter aber nicht kommentieren.
    Das polnische Parlament hatte das Gesetz am Dienstag mit der Mehrheit der regierenden nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) verabschiedet. In der Nacht auf Donnerstag billigte auch der Senat die Pläne. Auch in der zweiten Parlamentskammer hat die PiS eine Mehrheit.
    (hba/tj)