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Neustart beim ADAC
Vertrauen der Mitglieder wiedergewinnen

Für den ADAC hat das Jahr mit einem Skandal begonnen. Im Januar deckte die Süddeutsche Zeitung auf, dass die Zahlen für den Autopreis "Gelber Engel" manipuliert worden waren. In den folgenden Wochen kam der Verein nicht mehr aus den Negativ-Schlagzeilen. Seine Antwort auf die Probleme ist nun die sogenannte "Reform für Vertrauen".

Von Caroline Schmidt | 05.12.2014
    Die Fassade der neuen Deutschland-Zentrale des ADAC.
    Die Menschen wunderten sich über diesen riesigen Vereins-Konzern mit einer Bilanzsumme von dreieinhalb Milliarden Euro im Jahr 2012. (dpa / Peter Kneffel)
    Malte Eggers fährt in seinem Kombi durch Hamburg und fällt auf. Wenn er an einer Ampel stehen bleibt, schauen die Menschen neugierig durch die Scheibe. Das liegt an der Farbe seines Autos. Es ist gelb. Knallgelb. Eggers ist Pannenhelfer beim ADAC, ein Gelber Engel. Er hat die Krise in diesem Jahr hautnah miterlebt, wie wütend die Menschen waren, wie sie viele Fragen stellten und verstehen wollten. Nun aber hat er den Eindruck, dass alles auf einem guten Weg ist. Am Samstag ist die außerordentliche Hauptversammlung des ADAC in München. Dort soll ein großes Reformprogramm verabschiedet werden. Eggers glaubt, dass die Mitglieder dem ADAC schon jetzt vieles verziehen haben.
    "Die Schlagzeilen waren gewaltig, und auch die Reaktionen gingen nicht spurlos an einem vorbei, aber es ist genauso schnell verflogen, also ab und zu kriegt man noch einen hämischen Kommentar, dass nicht alles Gold ist was glänzt, oder wieso kommen Sie nicht mit dem Hubschrauber, aber das ist eher ein bisschen Schikane, aber das ist nicht wirklich böse gemeint."
    Vorstand flog mit Rettungshubschraubern zu Veranstaltungen
    Für den ADAC hat das Jahr mit einem großen Skandal begonnen. Im Januar deckte die Süddeutsche Zeitung auf, dass die Zahlen für den Autopreis "Gelber Engel" manipuliert worden waren. In den folgenden Wochen kam der ADAC nicht mehr aus den Schlagzeilen. Die Menschen wunderten sich über diesen riesigen Vereins-Konzern mit einer Bilanzsumme von dreieinhalb Milliarden Euro im Jahr 2012, dessen Vorstände mitunter in Rettungshubschraubern zu Veranstaltungen geflogen worden waren. Was ist das bloß für ein Verein, fragten sich nicht nur Mitglieder. Ist der ADAC überhaupt noch ein Verein? Im Mai traf die Führungsspitze auf der Hauptversammlung eine wichtige Grundsatzentscheidung. Der kommissarische ADAC-Präsident August Markl sagte in seiner Rede:
    "Der ADAC verpflichtet sich im Rahmen seines Leitbilds eindeutig dem Vereinsstatus. Das Mitglied steht auch weiterhin mit seinen persönlichen Mobilitätsanforderungen im Mittelpunkt."
    Auf dem Titel der Zeitschrift "ADAC-Motorwelt" ist ein Rettungshubschrauber zu sehen. 
    Der ADAC-Vorstand soll für Dienstreisen Rettungshubschrauber benutzt haben (picture-alliance / dpa/ Daniel Karmann)
    Der ADAC will also ein Verein bleiben. Ein Verein, dem einige Dutzend Unternehmen gehören. Der ADAC handelt unter anderem mit Landkarten, Kreditkarten, Versicherungen und sogar Nackenkissen. Was unterscheidet ihn von anderen Konzernen? Ist der ADAC nur ein Scheinverein?
    Die ADAC-Manager wissen, wie gefährlich diese Vorwürfe sind. Sie rühren am Selbstverständnis des ADAC, am Image des Helfervereins. Deshalb will der kommissarische Präsident Markl die Struktur des Vereins radikal verändern, heißt es, und keine Kosmetik betreiben. Nach seinem Willen soll der Verein die Unternehmen wie die ADAC-Rechtsschutzversicherungs-AG zwar behalten, sie sollen aber deutlich vom Verein getrennt werden.
    Die Vereinsspitze in München ist stolz auf diesen Schritt. Und so sehen viele der Hauptversammlung am Wochenende mit einer gewissen Euphorie entgegen. Endlich will der Club wieder ganz auf die Seite der guten Helfer zurückkehren. Und in den Werbespots klingt der ADAC auch schon wieder so selbstbewusst wie früher.
    "Egal ob bei Regen oder im Schnee. Egal ob im Inland oder im Ausland. Mitten im Nirgendwo. Oder irgendwo mittendrin. Ob über den Wolken oder nah am Boden. Wir sind die Gelben Engel und immer da, wenn Sie uns brauchen."
    Aber reicht die Reform? Wird sie alle Probleme beseitigen, die in den ersten Monaten dieses Jahres zutage getreten sind? Rückblende.
    "Herzlich Willkommen zum ADAC-Preis Gelber Engel 2014."
    Januar 2014. Es war ein großes Spektakel, als der ADAC das Lieblingsauto der Deutschen kürte. Alle waren sie da, die Großen der Autobranche. Sie saßen in der Allerheiligen-Hofkirche in München, so wie jedes Jahr. Doch eines war anders. Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass die Zahlen beim Autopreis manipuliert worden waren. Anstatt der offiziell über 34.000 hatten tatsächlich nur gut 3.400 Mitglieder für den VW Golf auf dem ersten Platz gestimmt. Ein Skandal zeichnete sich ab. Zu diesem Zeitpunkt war noch Peter Meyer Chef des ADAC und gab sich selbstbewusst:
    "Die Geschichte, die sich dort zwei Journalisten ausgedacht haben, die ist wirklich an den Haaren herbeizogen und von uns auch gar nicht zu kommentieren. Alles, was da drin steht, ist an den Haaren herbeigezogen und widerlegbar, und Sie kennen es selber, wenn man widerlegt, bleibt man länger in der Presse, und das wollen wir nicht."
    Ehemaliger ADAC-Präsident Peter Meyer während einer Pressekonferenz in Bonn.
    Ehemaliger ADAC-Präsident Peter Meyer während einer Pressekonferenz in Bonn. (picture alliance / dpa / Peter Meyer)
    Diese Strategie funktionierte genau drei Tage. Dann sprach das ganze Land über die Selbstherrlichkeit des ADAC, den Filz, die Helikopterflüge der Vereinsvorstände und die ausufernden Geschäftstätigkeiten. In der Konsequenz mussten drei Männer ihre Posten räumen: Der Kommunikationschef Michael Ramstetter, der die Manipulationen zu verantworten hatte, der Hauptgeschäftsführer Karl Obermair sowie Peter Meyer. Die Geschäftsführung räumte am Ende ein, dass die Zahlen seit Jahren manipuliert worden waren. In der Vereinszentrale verstanden die Mitarbeiter die Welt nicht mehr. Mahbod Asgari, der der Geschäftsführung des ADAC angehört, erinnert sich:
    "Wir haben die Welt insofern nicht verstanden - wenn Sie vorher als eine der größten Vertrauensorganisationen in der Bundesrepublik ein bisschen wie eine Institution behandelt werden und 111 Jahre keine Krise haben, kein Aktienkurs der negativ ist, keine Produktprobleme haben, keine negativen Themen, wo Vorstände rausgeschmissen werden, also Sachen die üblich sind in einem normalen Unternehmen - wenn Sie so etwas 111 Jahre nicht haben, und dann kommt eine Krise in der Dimension, dann ist die Fallhöhe extrem hoch, und das hat natürlich sowohl intern auch ein stückweit zu einer Identitätskrise geführt, aber auch hier in der Führung hat man sich viele Fragen gestellt, was haben wir alles falsch gemacht."
    ADAC als Hilfeverein und nicht als Konzern
    Hinzu kam, dass sich viele ADAC-Mitarbeiter zu Beginn der Krise fragten, ob der Wirbel nicht ein wenig übertrieben sei. Hatte es in anderen Unternehmen nicht schon größere Skandale gegeben? Etwa die Affäre um eine Tochtergesellschaft der Ergo-Versicherung, deren Mitarbeiter sich mit Prostituierten in einem Budapester Bad amüsiert hatten. Oder die Investmentbanker, die Milliarden verschleudert hatten.
    Für den ADAC gelten offensichtlich andere Maßstäbe als für andere Gesellschaften. Denn der ADAC ist ursprünglich eben kein Konzern - sondern ein ganz besonderer Hilfeverein.
    Das zeigt schon einer der ersten Werbefilme des ADAC aus den 50er Jahren, in dem Pannenhelfer Autos bei jedem Wetter wieder flott machen.
    "Tag für Tag tun sie ihren Dienst. Von morgens bis in die Nacht hinein. Längst haben sie ihre Bewährungsprobe bestanden auf Autobahnen und Landstraßen. Kaum jemand ahnt, welche Mühen und Strapazen diese Männer auf sich nehmen, zum Wohle der Allgemeinheit."
    Dieses Helfer-Image begründete den Erfolg des ADAC. Und bald entdeckte die Vereinsspitze, dass man damit auch Geld verdienen kann. Sie nahm immer mehr Produkte in das Sortiment auf. Der ADAC verkaufte nun nicht nur Landkarten und Fahrsicherheitstraining, sondern handelte auch mit Kreditkarten und Versicherungen.
    Um die Jahrtausendwende tauchten die ersten Umsatzziele für den Verein auf. Die Mitgliederwerbung wurde zusehends aggressiver, die "Gelben Engel" bekamen plötzlich Leistungsprämien, und in den Geschäftsstellen wurden die Mitarbeiter angehalten, möglichst viele Produkte zu verkaufen. Ganz professionell eben, sagt der Rechtswissenschaftler Ulrich Segna, der sich seit Jahren mit dem ADAC beschäftigt:
    "Man kann sicherlich sagen, dass im Laufe der Zeit der ADAC sich von seinem ursprünglichen ideellen Ziel entfernt hat, indem er mehr und mehr Geschäftsfelder für sich erschlossen hat, indem er mehr und mehr darauf Wert gelegt hat, seine Umsätze und seine Gewinne zu steigern."
    ADAC-Autos stehen auf einem Parkplatz
    Bei all den Fehlern, die beim ADAC ans Tageslicht kamen, muss sich der Automobilclub den Vorwurf gefallen lassen, Vereins- und Wirtschaftsinteressen miteinander vermischt zu haben. (Karl-Josef Hildenbrand dpa / picture-alliance)
    Dieses Jahr wollte der ADAC nun ein weiteres lukratives Geschäftsfeld erschließen - und ein Werkstattnetz gründen. Die Branche war empört, denn gleichzeitig wurde sie doch vom ADAC getestet. In Braunschweig diskutierten in diesem Sommer der KFZ-Innungschef Oliver Schatta und der Bundestagsabgeordnete Carsten Müller über die neue ADAC-Werkstatt in ihrer Region. Sie schrieben dann einen Beschwerdebrief an den ADAC.
    Müller: Steht ADAC von außen sichtbar dran?
    Schatta: Ganz deutlich ADAC, und die Befürchtung von uns als Innung und auf der Verbandsebene, dass der ADAC in seiner riesigen Marktmacht etwas schafft, dass er uns gegenüber dann ausnutzen kann, nämlich eine eigene Werkstattkette flächendeckend unter dem Namen ADAC.
    Müller: Ich sehe eine Problematik darin, dass der ADAC ja beispielsweise auch Werkstättentests durchführt und wenn man selber Marktteilnehmer ist, dann kann ich nicht andere testen. Das wäre genauso glaubwürdig, als wenn Volkswagen Fahrzeuge von BMW und Mercedes und Toyota testet und sagt, die sind zwar so schlecht nicht, aber VW ist am besten.
    Kann man gleichzeitig Werkstätten testen - und selbst welche betreiben? Der Wirtschaftsjurist Michael Adams spricht von einer Täuschung, die im System des ADAC begründet liege.
    "Der Skandal besteht darin, dass der ADAC nicht offen in seiner Struktur zeigt, ich bin ein Wirtschaftsunternehmen. Ich will Geld verdienen, und dann wissen die Kunden, aha, ich habe mit einem Wirtschaftsunternehmen zu tun, ich muss vorsichtig sein. Aber das harmlose Kommen als Hilfeverein auf der einen Seite und das Verkaufen auf der anderen Seite, das führt immer zu Interessenkonflikten. Und an dieser Stelle werden die eigenen Vereinsmitglieder und die Öffentlichkeit getäuscht."
    Die Manipulationen beim Autopreis "Gelber Engel", die Umsatzziele und aggressive Mitgliederwerbung - das Denken der Wirtschaftswelt schien in dem Verein überhandgenommen zu haben.
    Die Antwort des ADAC auf diese Probleme ist nun die sogenannte "Reform für Vertrauen". Die Delegierten sollen sie am Sonnabend auf der außerordentlichen Hauptversammlung in München beschließen. Der Verein wolle damit klare Regeln und Strukturen schaffen, die solche Fehler in Zukunft verhindern, sagt Edda Müller. Sie ist die Vorsitzende von Transparency International und sitzt seit Anfang des Jahres im externen Beirat des ADAC, der die Reform beaufsichtigt.
    "Der ADAC wird der Hauptversammlung vorschlagen, dass man sich jeweils entscheidet, ob man etwas verkaufen will, oder ob man etwas testen will. Als Verbraucherschützer darf man in dem gleichen Bereich nicht gleichzeitig wirtschaftlich tätig sein. Das bedeutet, dass man die Werkstätten zum Beispiel, die eigenen Vertragswerkstätten, aufgeben will. Denn für unsere Mitglieder ist es wichtiger, dass wir Werkstätten testen. Und ihnen sagen, wo sind die Guten und die Schlechten, um die voneinander zu unterscheiden.
    Die Auszeichnung für das "Lieblingsauto", den VW Golf, wird am 16.01.2014 in München bei der ADAC-Preisverleihung "Gelber Engel 2014" entgegengenommen.
    Die Auszeichnung für das "Lieblingsauto" 2014, den VW Golf (dpa / Tobias Hase)
    Die Werkstattkette ist eingestellt, die Leistungsprämie für Pannenhelfer gestrichen. Der radikalste Teil dieser Reform ist aber, dass sich der ADAC voraussichtlich zum ersten Mal in seiner über 100-jährigen Geschichte einer externen Kontrolle unterwerfen wird. Die Delegierten sollen über ein Modell abstimmen, das die Umformung der ADAC-Firmenholding vorsieht, der Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst GmbH, kurz BuW. Unter dem Dach der BuW sind alle ADAC-Unternehmen versammelt. Der ADAC will die BuW nun in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Der Verein ADAC soll daran nur noch 74,9 Prozent der Anteile besitzen. Den anderen Teil soll eine ADAC-Stiftung halten, die noch gegründet werden muss. Im fünfköpfigen Stiftungsrat sollen mindesten zwei externe Mitglieder sitzen. Der Stiftungsrat hat eine Art Vetorecht, weil er über ein Viertel der Anteile hält. Er hat somit sehr viel Macht in der Unternehmensgruppe und soll dabei helfen, dass der gesamte ADAC wieder im Sinne des alten Helfer-Images geführt wird.
    Für den ADAC wäre eine solche Kontrolle von außen ein großer Schritt. Mahbod Asgari, Mitglied der Geschäftsführung, sagt, es seien auch noch andere Modelle in der Diskussion. Alle hätten aber eins gemeinsam: Sie würden die Strukturen tatsächlich ändern.
    "Alle Externen, die in den Prozess eingebunden waren, egal ob das Berater sind oder auch Professoren oder Gutachter oder Berater in der Organisationspsychologie, sind ein Stück weit überrascht, dass wir aus dem Eigenantrieb jetzt so weit gehen. Sie hätten eher gedacht, dass wir vielleicht Kosmetik machen, um uns nach außen gut zu repräsentieren und im Kern so weitermachen wie bisher. Da kann ich jedoch im Voraus versprechen, dass es nicht so kommt, dass wir einiges schon radikal verändern werden."
    Gewinnmaximierung nicht legitim
    Aber was ist mit dem grundsätzlichen Konflikt? Kann ein Hilfeverein - ob mit einer Stiftung zusammen oder allein - überhaupt Wirtschaftsbetriebe leiten? Ist er dann noch ein wirklicher Hilfeverein, dem man vertrauen kann? Oder muss man damit rechnen, dass irgendwann wieder die Umsatzziele und das Renditedenken überhand nehmen?
    Natürlich dürften Vereine Unternehmen besitzen und damit Geld verdienen, sagt der Politikwissenschaftler Rupert Graf Strachwitz, der auch im Beirat des ADAC sitzt. Das sei gut, weil sie dann nicht abhängig seien von Staatsgeld oder Spenden. Aber es gebe Grenzen. Ein Manager eines Vereins-Unternehmens, ein Non-Profit-Manager, könne nicht genauso handeln wie ein Manager eines "normalen" Konzerns. Er dürfe zum Beispiel niemals das Image des Vereins nutzen, um Wettbewerber aus dem Markt zu drängen.
    "Die Gewinnmaximierung ist überhaupt nie legitim bei einem Non-Profit-Manager. Zunächst einmal muss der Nonprofit-Manager zuallererst das Ziel sehen und nicht den Gewinn. Eine Nonprofit-Organisation hat irgendeinen konkreten Inhalt, der nichts mit dem Gewinn zu tun hat. Ob das die Pflege von kranken Kindern ist oder der Protest gegen die Umweltverschmutzung oder die Hilfe für Entwicklungen in Lateinamerika oder oder oder, was die zivilgesellschaftlichen Organisationen eint, ist die klare Ausrichtung auf ein Ziel. Und diesem Ziel muss ich alles unterordnen, was da passiert. Auch den wirtschaftlichen Erfolg."
    Ein ADAC Postbus fährt durch Leipzig.
    Der ADAC gibt seine Beteiligung am Postbus auf - zu hart ist die Konkurrenz. (picture alliance / dpa / Jan Woitas)
    Strachwitz fordert klare Vorgaben, die der ADAC seinen Managern an die Hand geben soll. Der ADAC-Manager Asgari will vor allem die Renditeziele senken. Die Manager sollten immer zuerst an die Mitglieder denken.
    "Da steht nicht im Vordergrund, möglichst kostenoptimal Mitglieder zu betreuen oder möglichst viel Rendite zu erzielen, sondern möglichst mitgliederorientiert. Das heißt, wenn ich eine Versicherungsleistung reguliere, dann würden die einen so regulieren, dass sie zehn Prozent Rendite machen, und die anderen würden so regulieren, dass sie vielleicht nur zwei Prozent Rendite machen, denn die zwei Prozent reichen aus fürZukunftsinvestition und Risikoabdeckung – aber man muss nicht für irgendeinen Shareholder noch Profit machen oder für einen Gesellschafter."
    Doch ansonsten hört man wenig Kritik aus dem Beirat. Er steht offenbar hinter dem Reformpaket. Wenn das so umgesetzt würde, sagt Transparency-Chefin Müller, könne man dem ADAC wieder vertrauen.
    "Man ist nicht, wie das häufig der Fall ist, damit so umgegangen, dass man ein paar symbolische Reformen verabredet hat, vielleicht da oder dort eine kleine Korrektur angebracht hat, Leute entlassen hat, das hat man auch getan, sondern man hat gesagt, wir müssen unsere Gesamtstruktur durchleuchten, wir dürfen nicht wieder in eine solche Situation kommen, wir müssen jetzt relativ schnell die grundlegenden Entscheidungen treffen, und die werden jetzt im Dezember zu fällen sein, und dann geht es natürlich um die Implementation, und das ist natürlich sehr bemerkenswert, meine Kollegen und ich im Beirat, wir sind davon sehr positiv angetan."
    Gegenwind aus den Regionalverbänden
    Doch genau die Umsetzung könnte misslingen. Kenner des Vereins wie zum Beispiel der Rechtswissenschaftler Segna befürchten enormen Widerstand:
    "Nach meiner Einschätzung kommt der Gegenwind vor allen Dingen aus den Regionalverbänden. Die Regionalvereine haben innerhalb des ADAC eine relativ starke Position, sind eigenständige Vereine. Nach meiner Einschätzung ist die Position so stark, dass sie auch einen entsprechenden Widerstand gegen bestimmte Reformpläne leisten können, leisten würden."
    Dabei ist die Reform nicht nur wichtig, um das ramponierte Image zu retten. Der ADAC muss damit auch das Amtsgericht München überzeugen, dass er ein Verein bleiben darf. Zurzeit prüft es diese Frage nämlich. Es könnte sein, dass es den ADAC aus dem Vereinsregister löscht. Segna:
    "Es gibt zwei Szenarien. Das erste Szenario besteht darin, dass das Registergericht in München der ADAC-Rechtsprechung uneingeschränkt folgt und die Ausgliederung von Geschäftsbetrieben für zulässig erklärt. Das zweite Szenario bestünde darin, dass das Registergericht von der Rechtsprechung abrückt, also zu dem Ergebnis kommt, dass der ADAC sich alle seine externen Geschäftsbetriebe zuordnen lassen muss, dann aber würde das Registergericht vor der Herkulesaufgabe stehen, alle Geschäftsfelder und Produkte aus diesen Tochtergesellschaften daraufhin zu überprüfen, ob sie irgendwie mit dem ideellen Vereinszweck in Einklang gebracht werden können. Und dann wäre es durchaus denkbar,dass der ADAC sich von etlichen dieser Geschäftsfelder würde trennen müssen.
    Der ADAC wartet gebannt auf den Beschluss. Und nicht nur er. Viele Vereine besitzen Unternehmen. Wohlfahrtsverbände wie die Caritas zum Beispiel betreiben Krankenhäuser, Bundesligavereine sind Eigentümer der Fußballstadien, Umweltschutzverbände führen Bekleidungsgeschäfte. Sie alle blicken auf das Amtsgericht München. Noch im Dezember soll eine Entscheidung fallen. Würde es den Vereinsstatus kippen, wäre das für den ADAC eine Katastrophe. Das Signal eines Neuanfangs, das von der Hauptversammlung an diesem Wochenende und den dort verkündeten Reformen, ausgehen soll, wäre dahin.