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New York City
Das Broadway-Debüt des Forest Whitaker

Forest Whitaker, der Oscar-gekrönte Schauspieler, unvergessen für seine Rolle als schweigsamer Auftragskiller in "Ghost Dog – Der Weg des Samurai", hat jetzt mit Eugene O'Neills Klassiker "Hughie" seinen Einstand am Broadway gegeben. Eine tolle Rolle, die er trotz seiner riesenhaften Statur nicht ganz ausfüllen konnte.

Von Andreas Robertz | 01.03.2016
    Farbfoto: Portrait des afro-amerikanischen Schauspielers Forest Whitaker
    Forest Whitaker bei einem Fan-Event in New York 2015 (Imago/Future Image)
    Wie ein kleiner einsamer Junge sitzt der große Mann auf dem Treppenabsatz und starrt auf die alten Wettscheine. Seit sein Freund, der Nachtportier Hughie, gestorben ist, ist seine Glückssträhne gerissen. Eries einst eleganter Anzug ist abgewetzt, er hat Spielschulden und die Einsamkeit zerrt an ihm. Der neue Nachtportier Charlie dagegen findet seine Zeitung interessanter als Eries Geschichten von glorreichen Nächten voller abgeräumter Gewinne und ihn umschwärmenden Frauen. Forest Whitaker spielt Erie mit jungenhaftem Charme wie einen Tramp aus einer vergangenen Zeit. Oft lacht er plötzlich auf, wenn ihm wieder eine Geschichte zu Hughie einfällt, dann schielt er wieder verwirrt und verängstigt nach draußen, wo die Schuldeneintreiber auf ihn warten.
    Eugene O’Neills Zwei-Personen-Stück spielt 1928 im nächtlichen New York in einer Hotellobby am Vorabend der Weltwirtschaftskrise. Christopher Orams Bühnenraum erzählt auf beeindruckende Weise von der Geschichte dieses Hotels, das schon bessere Zeiten gesehen hat. Die rechte Seite ist von einem alten eisernen Hotelaufzug beherrscht, um den sich ein großzügiges Treppenhaus windet, in der Halle liegen abgewetzte Teppiche auf noch älterem Parkett. Im Hintergrund ist der Eingang des Hotels: Eine hölzerne Drehtür mit darüber ragenden gotischen Fenstern, durch die immer wieder grünes Licht dringt, das die Lobby in einen wie von Geistern heimgesuchten Ort verwandelt. Dann verschmelzen Ort und Figur in einem Gefühl von Melancholie, der Abend bekommt etwas Poetisches.
    Forest Whitaker schafft es nicht, die Bühne auszufüllen
    In Michael Grandages Inszenierung scheint das Hotel ein Ort irgendwo zwischen Leben und Tod zu sein. Doch Forest Whitaker gelingt es nicht, diesen gelungenen Bühnenraum zu erobern. Ständig wünscht man sich, er würde die gesamte Halle nutzen oder in den alten Fahrstuhl steigen. Nur einmal geht er kurz die Treppe hoch, um es sich dann doch wieder anders zu überlegen. Er spielt Erie viel zu zurückgenommen und läuft immer wieder auf denselben fünf Metern vor und zurück, als hätte der Regisseur ihm nicht erlaubt, mehr Raum einzunehmen. Dabei ist er durchaus glaubwürdig in seiner naiven Verspieltheit und Verlorenheit, wenn er schweigend auf einer Bank sitzt und hektisch Zettel aus seiner Jackentasche hervorkramt. Das ist alles schön gespielt, wirkt aber viel zu klein.
    Einer der faszinierensten Schauspieler Hollywoods
    Eugene O’Neills "Hughie" ist ein fulminanter Monolog. Er fordert eine große emotionale Bandbreite, um hinter dem großmäuligen Kleinkriminellen den Menschen zu entlarven, der sich einfach nur nach Freundschaft und Ermutigung sehnt. Ohne Zweifel gehört Forest Whitaker zu den faszinierendsten Schauspielern in Hollywood. Besonders als Diktator Idi Amin in "The Last King of Scotland" hat er gezeigt, wie überzeugend er einen vielschichtigen, alles beherrschenden Charakter spielen kann. Doch es gelingt ihm nicht, diese Intensität auf die Theaterbühne zu übersetzen. Und die Regie scheint so in den Gesamtraum verliebt, dass die Figuren und die Geschichte letztlich verloren gegangen sind.
    So ist das Publikum unterfordert und der visuell anregende Abend plätschert 60 Minuten so dahin. Vielleicht hätte sich Forest Whitaker, der seit seiner Schauspielausbildung nicht mehr auf einer Bühne gestanden hat, für "Hughie" einen intimeren Theaterraum suchen sollen.