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Nicht in der Fremde, nicht zu Hause

Während die palästinensischen Flüchtlinge in Syrien und Jordanien Einheimischen rechtlich weitgehend gleichgestellt sind, werden sie im Libanon nach wie vor ausgegrenzt. Sie dürfen keine Immobilien erwerben, nur eingeschränkt arbeiten und leben abgeschottet in Camps.

Von Hans Stallmach | 12.01.2012
    Das Palästinenser-Camp Al Baddawi im Norden des Libanon: ein Gewirr von engen Straßen und Gassen; hier und da ein kleiner Markt mit drei oder vier Ständen. Über allem, von Hausdach zu Hausdach, hängt ein bizarres Netz von Kabeln, Drähten und Leitungen.
    Vor einem kleinen Geschäft sitzt in einer Gruppe von Männern Khaled, 46 Jahre alt. Sein ganzes Leben habe er im Camp verbracht, erzählt er; seine Heimat sei das aber nicht, die sei woanders: ein Dorf bei Akko, im heutigen Israel. Dass er eines Tages dort leben wird, steht für ihn außer Frage.

    "Israel ist nicht alt, nur 63 Jahre. Aber Palästina ist mehr als 1000 Jahre alt. Wir sind genau so viele Menschen wie die Israelis, 6 Millionen, und wir haben den Willen, zurückzugehen. Wie kann ich es akzeptieren, dass meine Mutter, die in Palästina geboren wurde, nicht zurück kann, während ein Mensch aus Russland dort leben kann? Und wie soll ich akzeptieren, dass aus meinem Palästina ein Staat wird, der nur 22 Prozent der Gesamtfläche Palästinas umfassen soll? Niemand kann von mir verlangen, das zu akzeptieren."

    Einige Straßen weiter befindet sich der Kindergarten "Ghassan Khanafani", benannt nach einem palästinensischen Schriftsteller aus den 70er-Jahren.



    Ein schlichtes, zweistöckiges Gebäude, dahinter eine kleine Rasenfläche mit einigen wenigen Spielgeräten. Rund 150 Kinder werden hier betreut, zum Beispiel der fünfjährige Hamoud:

    Er stamme aus Palästina, erzählt Hamoud, und er liebe Palästina so sehr. Er wolle zurück nach Palästina, dorthin, wo es die Olivenbäume gebe.

    Mitten im Camp ist in einem schlichten Verwaltungsbau das Büro der UNRWA untergebracht; das Hilfswerk der UN ist ausschließlich für die palästinensischen Flüchtlinge und ihre Nachkommen zuständig. Dort sitzt Hana Abed Al-Rahim, 22 Jahre alt, Studentin der Mathematik - sie ist Palästinenserin. Zu ihren libanesischen Kommilitonen an der Universität habe sie durchweg ein gutes Verhältnis.

    "Aber sie wissen nicht viel über die Palästinenser. Manchmal sagen sie, du lebst im Camp, du kannst nicht mein Freund sein. Sie haben Angst, die Camps zu betreten, die meisten jedenfalls. Es wird sich nichts verändern, glaube ich. Niemals. Denn jetzt sind wir schon 64 Jahre weg von unserem Land, und nichts verändert sich. In 20 Jahren werde ich wohl noch im Camp sein, glaube ich!"

    Al Baddawi liegt am äußersten Rand von Tripoli, der zweitgrößten Stadt des Libanon, hinter den Hafenanlagen und hinter einem großen Schrottplatz. Rund 30.000 Menschen leben hier auf engstem Raum. Das Camp ist von einer Mauer umgeben, am Eingang kontrolliert ein libanesischer Armeeposten die Passanten. Es ist eines von zwölf Camps, in denen die meisten Palästinenser leben, die im Libanon als Flüchtlinge registriert sind. Ihre ökonomische und soziale Lage ist desolat. So liegt die Arbeitslosigkeit – laut Angaben der Vereinten Nationen – derzeit bei 56 Prozent. Zwei Drittel der Flüchtlinge gelten als arm, da sie von weniger als sechs Dollar am Tag leben müssen. 95 Prozent der Menschen verfügen über keinerlei öffentliche oder private Gesundheitsvorsorge. Die Wohnsituation ist katastrophal – 40 Prozent der Wohnungen - stellt das Flüchtlingshilfswerk der UNO fest – haben feuchte Wände und undichte Dächer.

    Die Präsenz der Palästinenser im Libanon geht auf den ersten arabisch-israelischen Krieg im Jahre 1948 zurück. Dieser Waffengang, der den Israelis einen eigenen Staat einbrachte, ist den Palästinensern als "Nakba" in Erinnerung, als die "Katastrophe": rund 700.000 Menschen verließen damals die Orte, in denen ihre Familien seit Generationen gelebt hatten, und flüchteten in die arabischen Nachbarstaaten. Im Libanon suchten vor allem diejenigen Zuflucht, die im Norden ihrer alten Heimat gelebt hatten, in Haifa, Akko, Nazareth und den Dörfern der Umgebung. Der Aufenthalt in den libanesischen Flüchtlingscamps war als Übergangslösung gedacht, bis zur erhofften baldigen Rückkehr - doch die Geschichte des Nahen Ostens verlief anders: Aus dem Provisorium wurde ein Dauerzustand, die Camps wurden zur ungewollten neuen Heimat.

    Während die Flüchtlinge in Syrien und Jordanien der einheimischen Bevölkerung rechtlich weitgehend gleichgestellt wurden, verlief die Entwicklung im Libanon ganz anders: Dort galt und gilt das Prinzip der gesellschaftlichen Ausgrenzung: die Palästinenser haben dort den Status von Ausländern, sie dürfen keine Immobilien erwerben und haben keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Camps sind praktisch exterritoriales Gebiet, in das die libanesische Polizei und die Armee nach einem Abkommen aus dem Jahre 1968 keinen Zugang haben.

    Begründet wurde diese Ausgrenzung stets mit dem Argument, eine vollständige Integration der Flüchtlinge im Libanon erschwere ihre Rückkehr in die Heimat. Eine fadenscheinige Erklärung, sagt Souheil el-Natour, Direktor des "Human Development Center" in Beirut, das gegen die Diskriminierung der Palästinenser im Libanon kämpft.

    "In all der Zeit hieß es bei den Libanesen zwar immer, den Palästinensern sollte geholfen werden, ihre Lebensbedingungen zu verbessern; aber sie sprachen niemals von Rechten. Rechte wurden ihnen verwehrt, es wurde immer gesagt: Israel und die internationale Staatenwelt hätten die Probleme der Flüchtlinge verursacht. Deshalb betrachte der Libanon die Palästinenser als Brüder, denen man helfen müsse; aber das bedeute nicht, dass man ihnen irgendwelche Rechte einräumen müsse; was falsch ist, denn jedes Land, das Vertriebene aufnimmt, muss ihnen auch ein Minimum an Rechten gewähren."

    Im August 2010 schien der Libanon diesem Ziel einen großen Schritt näher gekommen zu sein. Auf Initiative des Drusenpolitikers Dschumblat wurde im Parlament ein Gesetz eingebracht, das die Lage der Palästinenser - vor allem auf dem Arbeitsmarkt – deutlich verbessern sollte. Nach langen Verhandlungen und zahlreichen Änderungen blieb von den ursprünglichen Reformen nur eine Mini-Reform übrig: Die meisten Berufe - vor allem solche mit geringer Qualifikation – stehen den Palästinensern nun offen. Nahezu alle höher qualifizierten und freiberuflichen Tätigkeiten aber – etwa als Anwalt, Arzt oder Ingenieur – bleiben ihnen nach wie vor verwehrt, ebenso wie der gesamte öffentliche Dienst. So ist es kein Wunder, dass nur wenige palästinensische Familien ihre Kinder studieren lassen, wo doch ein Universitätsabschluss ohnehin nicht zu einem Arbeitsplatz führt. Souheil el-Natour:

    "Wie bei mir, ich habe Jura studiert; ich bearbeite alle Fälle von Menschenrechtsverletzungen, und sie nennen mich hier allgemein den Juristen. Ich bearbeite auch alle palästinensischen Fälle, aber vor Gericht musst du ein Libanese sein! Immerhin ist es einem Palästinenser seit dem neuen Gesetz erlaubt, als Tischler oder als Bauarbeiter zu arbeiten – in all den Jobs also, in denen die Palästinenser den Libanesen keine Konkurrenz machen. Das ist der einzige Schritt, der freiwillig gewährt wurde."

    Die Erklärung für diese extreme Ausgrenzung ist in der außergewöhnlichen Verfassung des Libanon zu finden. Seit der Gründung des Zedernstaates wird das politische Leben von einem konfessionellen Proporz-System beherrscht. Insgesamt 18 Konfessionen sind offiziell anerkannt. Es dominieren drei große Gruppen: die maronitischen Christen sowie die sunnitischen und die schiitischen Muslime. Zwischen ihnen herrscht eine institutionalisierte Machtbalance, die auch im Abkommen von Taif noch einmal festgeschrieben wurde. Dieser Vertrag aus dem Jahre 1989 bereitete nach 15 Jahren erbitterter Kämpfe das Ende des Bürgerkrieges im Libanon vor. Der Staatspräsident muss demnach maronitischer Christ sein, der Regierungschef ein sunnitischer und der Parlamentspräsident ein schiitischer Muslim. Den kleineren Religionsgruppen werden gewisse Kontingente von Parlamentssitzen garantiert.

    Als die palästinensischen Flüchtlinge 1948 in den Libanon strömten, wurden sie immer mehr zu einer Bedrohung für dieses fein austarierte religiöse Proporzsystem. Denn die Palästinenser waren und sind ganz überwiegend sunnitische Muslime; ihre Aufnahme in Staat und Gesellschaft hätte das politisch-religiöse Gleichgewicht des Libanon aus den Angeln gehoben.

    "Der Konflikt mit den Palästinensern im Libanon ist inzwischen aber auch von der rein konfessionellen Frage abgerückt, weil es andere Konfliktherde gibt, die eben mit dieser Migrantengemeinschaft verbunden sind…."

    ….. erklärt Stephan Rosiny, Nahost- und Libanon-Experte am Hamburger GIGA-Institut, einer internationalen Denkfabrik. An erster Stelle sei, dabei die historische Erfahrung des 15jährigen Bürgerkrieges zu nennen. Die endlosen blutigen Fraktionskämpfe mit fast 100.000 Toten, die militärischen Interventionen von Israel und Syrien – all das hat zum libanesischen Trauma beigetragen.

    "Die Palästinenser spielten eine besondere Rolle beim Ausbruch des Bürgerkrieges. In den 70er-Jahren bewaffneten sie sich selbst, weil sie das Versprechen der arabischen Staaten und Regime nicht mehr glaubten, dass sie eines Tages zurückkehren dürften…..In Jordanien wurde 1970 die Selbstbewaffnung gestoppt; im 'schwarzen September' wurden Tausende von Palästinensern umgebracht, und die bewaffneten Verbände flohen dann in den Libanon und begannen dann eben vom Libanon aus ihren Guerilla-Krieg fortzusetzen."


    Viele Libanesen sind davon überzeugt, dass die PLO den Bürgerkrieg entfacht und angeheizt hat – und damit den israelischen Einmarsch in den Libanon und in die Hauptstadt Beirut geradezu provozierte. Die Palästinenser gelten seitdem als Störenfriede des fragilen politischen Systems im Libanon, als Synonym für Armut und Militanz.

    Wie sehr das Verhältnis zu den Palästinensern im Libanon bis heute belastet ist, wurde auch im Mai 2007 wieder deutlich. Damals hatte sich im Norden des Landes, im Palästinenser-Camp Nahr-Al-Bared, eine militant-fundamentalistische Gruppe namens "Fatah-Al-Islam" festgesetzt; es kam zu heftigen Kämpfen mit der libanesischen Armee. Mehr als 400 Menschen verloren ihr Leben, darunter 170 libanesische Soldaten und gut 40 palästinensische Zivilisten.

    Das Gespenst des Bürgerkrieges war wieder auferstanden, und erneut waren es die Palästinenser, die dafür verantwortlich gemacht wurden; auch wenn sie, wie ihre politischen Vertreter beteuerten, mit den Kämpfen im Grunde nicht viel zu tun hatten. Souheil el-Natour:

    "Wir betrachten den Angriff der libanesischen Armee auf die terroristische Gruppe Fatah-al-Islam in Nahred-al-Bahred nicht als einen Angriff auf die Palästinenser. Denn wir sind nicht Teil dieser Gruppe. Der Name Fatah-al-Islam versucht zwar diesen Eindruck zu erwecken; aber in Wirklichkeit waren es keine Palästinenser, sondern Saudis, Tunesier, Algerier; Leute, die im Irak gekämpft hatten und dort rausgeworfen worden waren; Syrien wollte sie nicht behalten; also kamen sie über die Grenze in den Libanon; und dann fanden sie heraus, dass sie in das Lager einsickern können, denn die Armee kontrollierte dort nur unzureichend. Wir Palästinenser bezahlten dafür einen sehr hohen Preis; noch fünf Jahre danach sind unsere Häuser immer noch nicht wiederhergestellt."

    Dass die meisten militanten "Fatah-Al-Islam"-Kämpfer aus dem Ausland in den Libanon gekommen waren, bestätigen auch andere Beobachter. Die Vorgänge zeigen aber auch, wie schnell den traditionellen palästinensischen Führungsgruppen, allen voran Fatah und Hamas, die Kontrolle über die Lager entgleiten kann.

    Tatsächlich haben die Anhänger des militanten Dschihadismus mit dem alten Credo der Palästinenser nichts mehr gemein – die Forderung nach Rückkehr in die alte Heimat interessiert sie nicht mehr. Die Salafisten verfolgen ihr globales Programm eines rigiden politischen Islamverständnisses – sie identifizieren sich nicht mit den nationalen Forderungen einzelner Gruppierungen wie der Palästinenser. Das große palästinensische "Projekt Rückkehr" wird nun allerdings auch von ganz anderer Seite infrage gestellt, und zwar ausgerechnet von der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah. Sie beabsichtigt, in der Westbank und im Gazastreifen einseitig einen eigenen palästinensischen Staat auszurufen. Pläne, die die Palästinenser im Libanon mit sehr gemischten Gefühlen verfolgen, sagt Stephan Rosiny:

    "Weil die meisten palästinensischen Libanon-Flüchtlinge solche von 1948 sind, das heißt aus Kern-Palästina, was eben heute israelisches Staatsterritorium ist. Insofern fühlen sie sich ausgegrenzt von dem ganzen Friedensprozess, in dem ja wesentlich eine Eigenständigkeit in der Westbank und im Gazastreifen verhandelt wurde; und im Grunde genommen realistischerweise eben eine Rückkehr von einem Teil der Palästinenser bestenfalls in die Westbank oder in den Gaza-Streifen möglich sein würde."

    So drohen die palästinensischen Flüchtlinge zum Bauernopfer einer möglichen Einigung zwischen der Autonomiebehörde und Israel zu werden. Zwar gehört das "Recht auf Rückkehr" nach wie vor zu den ehernen Forderungen, die von palästinensischen Politikern wie Präsident Mahmud Abbas hochgehalten werden. Jedem politischen Beobachter ist jedoch klar, dass Abbas Israel im Fall des Falles für einen eigenen Staat eine Gegenleistung anbieten muss: Der Verzicht auf ein Rückkehrrecht für alle palästinensischen Flüchtlinge steht ganz oben auf der inoffiziellen Liste der Kompromisse. Dies um so mehr, als Israel glaubhaft geltend machen kann, andernfalls seinen Charakter als jüdischen Staat zu verlieren.

    So macht sich unter den Palästinensern im Libanon das Gefühl breit, von den aktuellen politischen Entwicklungen im Nahen Osten wieder einmal übergangen zu werden. Es war keinesfalls ein Zufall, dass der Jahrestag der Nakba und die Erinnerung an die palästinensische Vertreibung 1948 in diesem Jahr eskalierte.
    Zum ersten Mal begnügte man sich im Libanon nicht mit Demonstrationen und Reden - zum ersten Mal liefen Palästinenser in einem symbolischen Marsch an die Grenze zu Israel: Zehntausende zogen am 15. Mai 2011 zu dem kleinen Grenzort Meirun-Al-Ras, viele mit symbolischem Flüchtlingsgepäck auf dem Rücken oder mit einem großen Schlüssel in der Hand, dem Zeichen für die ersehnte Rückkehr in die verlassenen Häuser. Stephan Rosiny war als Beobachter dabei.

    "Also, man hatte so richtig den Eindruck, sie denken alle: Wir gehen jetzt alle an die Grenze, und eigentlich können wir da auch einfach rüber gehen. Es ist eigentlich unser Land, es ist unsere Heimat, in die wir zurückgehen."

    Als Gruppen von Jugendlichen damit begannen, den Grenzzaun mit Steinen zu bewerfen, fielen die ersten Schüsse: Israelische Grenzsoldaten feuerten mit scharfer Munition in die Menge, zehn junge Palästinenser wurden getötet, mehr als hundert verletzt.

    "Die libanesische Armee versuchte einzugreifen, und die Palästinenser dort abzuhalten, an die Grenze zu strömen. Und es hörte nicht auf. Die jungen Männer sind immer wieder an die Grenze gegangen, und über Stunden sind die Krankenwagen hin- und hergerast. Es war also sehr traurig, das mitzuerleben, und zeigte auch, wie wenig ein Menschenleben in so einer Situation Wert ist."

    Diese Ereignisse kommen – aus israelischer Sicht – einem wahren Horrorszenario gleich: Palästinenser, die sich nicht mehr vertrösten lassen wollen, sondern zu ganz neuen Formen des Protestes greifen und das israelische Militär mit Mitteln des friedlichen Widerstandes herausfordern. Nachdem sie weder mit Terrorakten oder kollektiven Aufständen, noch auf dem Verhandlungswege einem eigenen Staat näher gekommen sind, könnten sie nun versucht sein, sich einfach aufzumachen in Richtung der israelischen Grenze; nicht auszudenken, was geschähe, wenn die israelische Armee ein Blutbad unter unbewaffneten, friedlichen Demonstranten anrichten würde.

    Tatsächlich ist vom Friedensprozess mit Israel nichts mehr übrig geblieben. Die USA haben sich aus dem Nahen Osten weitgehend zurückgezogen – dem Nahost-Quartett ist es nicht gelungen, den Verhandlungsprozess wieder zu beleben. So ist auch das Schicksal der Palästinenser in den libanesischen Flüchtlingslagern wieder in Vergessenheit geraten. Ihnen bleiben kaum noch politische Optionen.

    Vordringlich wäre sicherlich, die gesellschaftliche und rechtliche Isolation zu überwinden; vorstellbar wären Bündnisse mit einzelnen libanesischen Parteien, die sich in der Vergangenheit relativ offen gegenüber den Forderungen der Palästinenser gezeigt haben. Erfolg versprechend dürfte aber auch die Stärkung von Bürgerrechts-Organisationen wie dem "Human Development Center" sein, Gruppen, die in den vergangenen Jahren immer größeren Druck auf die politischen Akteure im Libanon ausgeübt haben – und auf internationaler Ebene.

    Vor allem aber wird sich die libanesische Gesellschaft selbst entscheiden müssen: ob sie weiterhin die Politik der Ausgrenzung fortführen will mit dem Risiko, dass die Palästinenser-Camps zu dauerhaften Armutsquartieren ohne jede Perspektive und damit möglicherweise auch zu Brutstätten neuer Gewalt werden.
    Am Ende könnte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die Öffnung gegenüber der palästinensischen Minderheit nicht nur der Stabilität des Landes dient, sondern einfach ein Gebot der Humanität ist.