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Nidaros-Dom
Gotteshaus und Wikinger-Grab

Trondheim ist eine moderne Studentenstadt mit der zweitgrößten Universität Norwegens, gegründet vor mehr als 1000 Jahren von einem Wikingerkönig. Im Nidaros Dom befindet sich das Grab des berühmten Königs Olav Haraldson – der erst posthum zur Legende wurde.

04.08.2014
    Blick auf den Nidaros-Dom mit dem üppigen Fassadenschmuck und dem Rosettenfenster in Trondheim in Mittel-Norwegen
    Blick auf den Nidaros-Dom in Trondheim, Norwegen (picture alliance/ZB/Jan Woitas)
    "Für uns sind es die 'Heiligen 24 Stunden', die Nacht vom 28. bis zum Abend des 29. Juli. In zwei Prozessionen nähern wir uns dem Nidaros-Dom und um 23 Uhr beginnen die Olavs-Vigilien. Die Stadt ist dann stets überfüllt mit Besuchern von ganz Norwegen und dem Ausland. Die Kathedrale ist über dem Grab unseren Nationalheiligen Sankt Olav errichtet."
    So der lutherische Theologe Einar Vegge. Der Nidaros-Dom in Trondheim wird auch das Herz Norwegens genannt. Das über 100 Meter lange und 50 Meter breite Gotteshaus wird vor allem durch das Licht erhellt, das durch die bunten Fenster und die große Fensterrose am Westportal einfällt. Zum Olavs-Fest werden hier dann unzählige Kerzen angezündet. Seit fast 1000 Jahren ist dieses Gotteshaus am Ufer des Nidarflusses ein besonderer Platz für die Norweger. Die Ostseite des Doms ist seit dem 12. Jahrhundert bis heute unverändert, sonst herrscht im Innenraum die Gotik vor.
    Stammesfürsten bekämpfen das Christentum
    Wie König Olav Haraldson zum Nationalheiligen wurde, hat allerdings mehr mit Politik zu tun als seine offizielle Heiligenvita verrät. Olav wurde 995 geboren und in der Wikingertradition erzogen. Damals hatten die Wikinger bereits seit 200 Jahren durch ihre Kontakte zu England Kenntnis vom Christentum. Und das christliche Königtum Karls des Großen galt als Ideal auch für die Herrscher im Norden. Doch als um das Jahr 1000 der Norweger Olay Tryggvason versuchte, nach dem Vorbild Karls des Großen ein christlicher Alleinherrscher in Norwegen zu werden, spielten die Stammesfürsten nicht mit, sie wollten ihre Macht nicht einbüßen und an ihren vielen nordischen Göttern festhalten. Als später Olav Haraldson König wurde, erging es ihm allerdings noch schlechter als seinem Vorgänger: In der Schlacht von Stiklestad 1030 wurde er getötet. Einar Vegge:

    "Über seinem Grab wurde zunächst eine kleine Holzkirche errichtet, später eine aus Stein, aber bereits in den 1160er-Jahren begann mit Erzbischof Öystein, der nach Trondheim gekommen war, die Planung einer großen Kathedrale."

    Was war geschehen, dass Olav Haraldson nach seinem Tod den Erfolg hatte, der ihm zu Lebzeiten versagt geblieben war? Nachfolgestreitigkeiten hatten zu einem Stimmungsumschwung geführt, der von der Kirche zur Legendenbildung um König Olav genutzt wurde. Bereits ein Jahr nach seinem "Märtyrertod", wie es nun hieß, wurde Olav heiliggesprochen, und 1040 soll die erste Olavsmesse gelesen worden sein. Und das war nur der Anfang, sagt Pfarrer Einar Vegge:

    "Erzbischof Öystein, der Erbauer der Kathedrale, formte dann Ende des 12. Jahrhunderts in seiner Vita Olavs den theologischen und ideologischen Rahmen und machte ihn zum Nationalheiligen mit enormer Wirkung auf das Denken der Menschen. Schon vorher waren Menschen nach Nidaros oder Trondheim gekommen, um am Grab um Erfolg und Gesundheit im Leben zu bitten, aber ab dem 12. Jahrhundert wurde Olav der Heilige König in Norwegen."

    Die Pest, der Tod – und das Pilgerfahrtenverbot

    Der große Einschnitt für die norwegische Gesellschaft war die Große Pest im Jahr 1349/50 als die Hälfte der Bevölkerung starb. Die Überlebenden hatten andere Sorgen. Die Kathedrale in Trondheim verfiel. Mit der von Dänemark aus eingeführten Reformation 1537 wurden Pilgerfahrten nach Trondheim zum Grab des Heiligen Olav verboten.

    "Erst im 19. Jahrhundert, mit dem Erwachen des Nationalgedankens in Norwegen, das nun zu Schweden gehörte, bekam der heilige Olav wieder eine Rolle zugewiesen. Ein Teil der Kathedrale aus dem Mittelalter stand ja noch. Nach der Reformation war der Westteil eingestürzt. In der Verfassung von 1814 werden Trondheim und diese Kathedrale dann als Ort der Krönung für die zukünftigen norwegischen Könige genannt."

    Auch die schwedisch-norwegischen Könige wurden im Nidaros-Dom gekrönt. Als dann das erste norwegische Parlament, das Storthing Ende der 1850er-Jahre zum ersten Mal zusammentrat, wurde beschlossen, die Kathedrale im alten Glanz wie einst im 13. Jahrhundert aufzubauen.

    "Da aber niemand wusste wie sie ausgesehen hatte, schaute man sich berühmte Kirchen aus dieser Zeit in Frankreich, England und Deutschland an. Die besten Architekten und Künstler wurden engagiert. So erstand Ende des 19. Jahrhunderts der Nidaros-Dom als Nationalheiligtum und Symbol nationaler Identität."

    Im Nidaros-Dom wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Könige gekrönt und begraben. Heute ist das Gotteshaus Ziel einer wachsenden Zahl von Olavs-Pilgern geworden, die alle zur Olavs-Nacht am 28. Juli kommen.