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Niederländische Nationalmannschaft
Später Masterplan

Erst das Desaster mit der verpassten Fußball-Europameisterschaft in diesem Jahr. Dann Chaos im Verband. Und jetzt muss die Elftal endlich punkten, will sie zur WM nach Russland. Im Frühsommer hatte der Niederländische Fußballbund seinen Masterplan präsentiert. Kommt der noch rechtzeitig für die WM?

Von Melanie Last | 12.11.2016
    Der niederländische Nationaltrainer Danny Blind
    Der niederländische Nationaltrainer Danny Blind (dpa/picture alliance/Lampen)
    "Winnars van Morgen", Gewinner von morgen! Das ist der Masterplan, der Oranje retten soll. Anderthalb Jahre lang hatte der Königliche Niederländische Fußballbund, kurz KNVB, mit über 80 weltweiten Experten daran gearbeitet. Das große Ziel: willensstarke Teamspieler finden und aufbauen, erklärt der technische Manager des KNVB Jelle Goes: "Wir müssen viel mehr Talente sichten, nach verschiedenen Kategorien in unterschiedlichen Altersklassen. Vor allem aus technischer Sicht. Und sind wir mal ehrlich: wir müssen viel mehr Aufmerksamkeit auf Verteidiger und Torhüter legen. Wir müssen besser verteidigen. Das zeigt auch die europäische Statistik. Wir geben viel zu viel weg!"
    Zuletzt im dritten Qualifikationsspiel für die Weltmeisterschaft in Russland 2018, in der Partie gegen den Gruppen-Ersten Frankreich. Die niederländische Nationalmannschaft verliert ohne die verletzten Routiniers Arjen Robben und Wesley Sneijder mit 0:1.
    Wenn Jelle Goes über den Masterplan spricht, dann geht es vor allem darum, junge Talente zu entdecken: "Wir glauben daran, dass da eine neue Fußball-Generation heranwächst. Zum Glück habe ich da einen guten Einblick, wer in der jungen Oranje spielt - in der U21, wer in der U19 spielt und in der U17. Da sind echt talentierte Spieler bei. Aber die sind noch lange nicht auf dem Niveau. Wir müssen da als Trainer höhere Anforderungen stellen, um dafür zu sorgen, dass diese Talente bald gut genug sind, dass wir dann sagen können: das sind Top-Talente."
    "Müssen gegen Luxemburg gewinnen."
    "Noch lange nicht auf dem Niveau" - genau das ist das Problem. Zu zögerlich hat sich der KNVB um die neue Fußball-Generation gekümmert. Zu lange hat er auf seine alten Spieler gesetzt. Der Masterplan kommt für die WM in Russland deshalb eindeutig zu spät. Das wissen auch die Verantwortlichen des KNVB. Doch? Bilanz könne der Verband erst in ein paar Jahren ziehen, so der technische Manager. Die Selbstkontrolle wird strenger: "Wir werden jetzt jedes Jahr einen Kongress organisieren und unsere Arbeit evaluieren. Was lief gut, was lief schlecht? Wo müssen wir in der nächsten Saison nachbessern und wohin soll der nächste Schritt gehen?"
    Der nächste Schritt für die niederländische Nationalmannschaft Richtung WM ist das vierte Qualifikationsspiel. Nationaltrainer Danny Blind weiß: Es darf keine weitere Blamage geben: "Es ist nicht einfach gegen kleine Länder zu spielen. Das darf man nicht unterschätzen. Da müssen wir uns wappnen. Und es ist doch klar: wir müssen gegen Luxemburg gewinnen!"
    Es muss ein Sieg her, will die Oranje weiter im Rennen bleiben. Nur der Gruppen-Erste qualifiziert sich direkt für die Weltmeisterschaft. Die Niederlande stehen nach den drei Partien gegen Schweden, Weißrussland und Frankreich derzeit auf dem dritten Platz. Danny Blind: "Es geht um die Punkte. Die spiegeln nicht wider, wie wir uns präsentiert haben. Ich finde, wir haben gut gespielt. Natürlich hätte ich lieber sechs als vier Punkte. Es geht um die Qualifikation und die nötigen Punkte! Die müssen wir gegen Luxemburg holen."
    Nur noch ein Assistent
    Eine Spielerauswahl hat Danny Blind längst getroffen. Und natürlich setzt er auf die Altbewährten Robben und Sneijder, sofern sie wieder verletzungsfrei spielen können. Ein Sieg muss auch her, will Bondscoach Blind weiter auf seinem Posten bleiben. Die Trainerfrage steht seit der verpatzten EM-Qualifikation permanent im Raum. Sein ausgegebenes Ziel: "..., dass wir uns für Russland qualifizieren. Das ist das neue Ziel."
    Und daran wird er sich messen lassen müssen. Ein Rausschmiss allerdings würde zum jetzigen Zeitpunkt wieder für Unruhe im KNVB sorgen. Erst kurz vor dem Start in die WM-Qualifikation herrschte dort Chaos. Zunächst kündigte Direktor Bert van Oostveen nach sechs Jahren im Amt seinen Rücktritt an. Monatelang war er heftiger Kritik ausgesetzt. Dabei ging es auch um seine Personalpolitik rund um Nationaltrainer Danny Blind und um die verpasste Europameisterschaft in diesem Jahr. Kurz nach seinem Rücktritt verließ dann Blinds Assistent Marco van Basten den niederländischen Verband. Er wechselte als technischer Berater zum Weltfußballverband FIFA. Für Bondschoach Blind ein Tiefschlag. Denn schon im August hatte sich nach nur drei Monaten sein Assistent Dick Advocaat verabschiedet. Der trainiert jetzt den türkischen Erstligisten Fenerbace.
    Jetzt hat Blind wieder einen neuen Assistenten. Und es wird vorerst bei diesem einen bleiben. Der ehemalige Trainer der jungen Oranje, Fred Grim. Er sei loyal, so Blind. Und: die Oranje brauche endlich wieder Stabilität. Etwas Ruhe ist zumindest in den Verband zurückgekehrt. Jetzt fehlen nur noch die Punkte.