Donnerstag, 18. April 2024

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Reaktion auf Giftgas-Einsatz
USA greifen Luftwaffenbasis in Syrien an

Als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz haben die US-Streitkräfte einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien angegriffen. Präsident Trump erklärte, die Vereinigten Staaten versuchten, das Blutvergießen zu beenden. US-Außenminister Tillerson warf Russland Versagen im Syrien-Krieg vor.

07.04.2017
    Ein Bild der US-Navy zeigt, wie eine Tomahawk-Rakete von der USS Porter auf eine Luftwaffenbasis in Syrien gefeuert wird.
    Die USS Ross feuert eine Tomahawk-Rakete ab. (dpa-Bildfunk / AP / U.S. Navy)
    59 Tomahawk-Raketen wurden nach Regierungsangaben auf die Luftwaffenbasis Schayrat abgefeuert. Washington geht davon aus, dass von dort am Dienstag ein Angriff mit chemischen Waffen in der Provinz Idlib geflogen wurde, durch den mehr als 80 Menschen starben. Die syrische Regierung bestreitet, jemals Giftgas eingesetzt zu haben. Die US-Raketen wurden von zwei Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer abgefeuert.
    Präsident Trump wandte sich mit einer kurzen Erklärung an die Öffentlichkeit. Er bezeichnete es als grundlegend für die nationale Sicherheit seines Landes, die Verbreitung und den Einsatz von Chemiewaffen zu verhindern.
    Er sagte, alle zivilisierten Nationen müssten das Blutvergießen in Syrien stoppen. "Es war ein langsamer und brutaler Tod für so viele. Selbst wunderschöne Babys wurden bei dieser barbarischen Attacke grausam ermordet", warf Trump dem syrischen Präsidenten Assad vor. Die USA hätten deswegen den Luftwaffenstützpunkt ins Visier genommen, von dem der Giftgaseinsatz gestartet worden sei.
    US-Außenminister Rex Tillerson warf Moskau Versagen im Kampf gegen syrische Kriegsverbrechen vor. Moskau habe entweder weggeschaut oder habe nicht die Fähigkeiten, wie zugesagt gegen das Chemiewaffenprogramm Assads vorzugehen.
    Russland kritisiert USA, Opposition ist zufrieden
    Das syrische Staatsfernsehen sprach von einem Akt der Aggression. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, es habe Verluste gegeben. Der Gouverneur der Provinz Homs, Barazi, sagte im Staatsfernsehen, die Politik der syrischen Regierung werde sich nicht ändern. "Diese Angriffe waren nicht die ersten und ich glaube auch nicht, dass sie die letzten sein werden." Der Iran erklärte, die USA machten die Lage in Syrien noch komplizierter.
    Russland sprach von einer Aggression gegen eine souveräne Nation. Die Vereinigten Staaten hätten internationales Recht verletzt, erklärte ein Sprecher von Präsident Putin. Den russisch-amerikanischen Beziehungen sei "beträchtlicher Schaden" zugefügt worden. Moskau hat Bodentruppen in Syrien und greift Assad-feindliche Rebellen auch aus der Luft an.
    Bilder vom Tag des mutmaßlichen Giftgasangriffes in Syrien - Sicherung von Proben in Chan Schaichun.
    Bilder vom Tag des mutmaßlichen Giftgasangriffes in Syrien - Sicherung von Proben in Chan Schaichun. (imago / UPI Photo)
    Die syrische Opposition indes begrüßte den US-Angriff. Man hoffe auf eine Fortsetzung, auch um den Einsatz von international geächteten Waffen zu stoppen, sagte ein Sprecher der Syrischen Nationalen Koalition. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurde die Militäreinrichtung fast vollständig zerstört. Vier Soldaten seien getötet worden. Unterstützung für das Vorgehen der USA signalisierten unter anderem Saudi-Arabien, Israel und Großbritannien.
    UNO-Sicherheits trägt Mitschlud an der Lage in Syrien
    Der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter sprach im Deutschlandfunk von einer unnötigen Zuspitzung des Konflikts. Solange es keine Beweise gebe, dass Assad hinter dem Giftgasangriff stecke, seien die US-Luftangriffe völkerrechtlich nicht gedeckt. Der Grünen-Politiker Trittin sagte ebenfalls im Deutschlandfunk, mit den Bombardements sei man der Lösung des Syrien-Konflikts kein Stück näher gekommen.
    Der US-Korrespondent des Deutschlandfunks, Marcus Pindur, bezeichnete das amerikanische Vorgehen als unerwartet. Es stehe im Widerspruch zu Trumps Erklärungen im Wahlkampf. "Dass er sich jetzt verpflichtet fühlt, militärisch einzugreifen, am anderen Ende der Welt, das ist schon erstaunlich." Allerdings sei es bisher reine Spekulation, ob Trump mit den Luftangriffen von innenpolitischen Problemen ablenken wolle. "Es gibt gewichtige und reale Probleme und Gründe für das Eingreifen."
    Die UNO-Botschafterin Nikki Haley zeigt im UN-Sicherheitsrat Fotos der Opfer des Giftgasangriffs in Syrien. 5.4.2017. New York, USA.
    Die UNO-Botschafterin Nikki Haley zeigte im UNO-Sicherheitsrat Fotos der Opfer des Giftgasangriffs. (AFP Photo / Timothy A. Clary)
    Keine Einigung im UNO-Sicherheitsrat
    New York-Korrespondent Georg Schwarte ergänzte , der UNO-Sicherheitsrats habe mit Blick auf Syrien versagt und trage eine Mitschuld an der derzeitigen Lage in dem Land. Das habe das Gremium selbst eingeräumt. Die amerikanische UNO-Botschafterlin Haley habe gesagt, ein Sicherheitsrat, der von sich selber behaupte, er sei Hüter der Sicherheit, des Friedens und der Menschenrechte, der müsse handeln, und wenn er nicht handele, dürfe er sich diesen Namen nicht mehr geben. UNO-Generalsekretär Guterres habe von einer "schwelenden Wunde Syrien" gesprochen, dieser Krieg werde die Mitglieder des Sicherheitsrates bis in ihre Träume verfolgen. Sie seien ihrer Aufgabe nicht nachgekommen.
    Noch bevor der Angriff der USA auf die syrische Luftwaffenbasis gemeldet wurde, endete in der Nacht eine Sitzung des Gremiums in New York. Wie eine vorige Sitzung am Mittwoch kam keine Abstimmung über einen Resolutionsentwurf zum Giftgasangriff zustande. Mittlerweile gebe es drei Resolutions-Entwürfe, sagte Schwarte, in denen es um die Aufklärung des mutmaßlichen Giftgas-Angriffs gehe. In der Vergangenheit hätten Russland und auch China sieben Syrien-Resolutionen per Veto gestoppt. Jede Sanktion gegen das syrische Regime sei verhindert worden.
    (fun/hba/tgs)