Samstag, 20. April 2024

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"Niemand hat die Absicht ... "

Was der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht einst mit seinem bekannten Ausspruch geleugnet hatte, wurde am 13. August 1961 bittere Realität. Die deutsch-deutsche Grenze wurde in Berlin mit einer Mauer abgesichert. In den nächsten 28 Jahren sollten unzählige Menschen an ihr den Tod finden.

Eine Originalton-Collage von Marcus Heumann | 13.08.2011
    Internationale Pressekonferenz in Ost-Berlin am 15. Juni 1961:

    Reporter: "Verehrte Hörer, wir melden uns aus dem großen Festsaal im Haus der Ministerien von der internationalen Pressekonferenz, die der Vorsitzende des Staatsrates, Genosse Walter Ulbricht, in wenigen Minuten hier abhalten wird. Es sind über 300 Journalisten aus dem In- und dem Ausland hier anwesend. Jetzt betritt der Vorsitzende des Staatsrates, Genosse Walter Ulbricht, den Saal, die Pressekonferenz beginnt."

    Redakteur des "Spiegel" in Berlin (Name unverständlich): "Ist es mit dem streng neutralen Status der freien Stadt Westberlin, den das sowjetische Memorandum fordert, Ihrer Meinung nach vereinbar, dass weiterhin in Westberlin Flüchtlinge aus der DDR aufgenommen werden? Schließt die angestrebte Kontrolle der DDR über die Verkehrswege einer freien Stadt Westberlin nach Westdeutschland weiterhin die Möglichkeit ein, dass Ihrer Meinung nach Flüchtlinge aus Westberlin in die Bundesrepublik abgeflogen werden können?"

    Ulbricht: "Das sind sehr interessante Fragen. Wir halten es für selbstverständlich, dass die sogenannten Flüchtlingslager in Westberlin geschlossen werden und die Personen, die sich mit Menschenhandel beschäftigen, Westberlin verlassen. Ich möchte hinzufügen, dass es selbstverständlich Menschen gibt, die die Absicht haben, ihren Wohnsitz zu ändern. Die Einen wollen aus der Deutschen Demokratischen Republik nach der westdeutschen Bundesrepublik umsiedeln, die Anderen wollen aus der Bundesrepublik in die Deutsche Demokratische Republik umsiedeln. Das darf selbstverständlich alles nur auf gesetzlichem Wege geschehen. Also: Wer von den Organen der Deutschen Demokratischen Republik, vom Innenministerium die Erlaubnis erhält, der kann die DDR verlassen, wer sie nicht erhält, der kann sie nicht verlassen. Wer von der westdeutschen Bundesrepublik die Erlaubnis erhält, nach der DDR umzusiedeln, der wird umsiedeln, wer das Recht nicht erhält, der kann nicht umsiedeln!"

    Annemarie Doherr: "Ich möchte eine Zusatzfrage stellen, Doherr, "Frankfurter Rundschau". Herr Vorsitzender, bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird, und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?"

    Ulbricht: "Ich verstehe ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!"

    RIAS Berlin 11.08.1961: "Hier ist Rias Berlin. Eine freie Stimme der freien Welt."

    "Hier ist das Zeitfunkprogramm vom 11. August. Heute in Ostberlin: 19. Sitzung der sogenannten Volkskammer. Es spricht das Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Willi Stoph:"

    Stoph: "Wir wiederholen, dass jeder Bürger, der die Deutsche Demokratische Republik verlässt und sich zur Teilnahme am Menschenhandel missbrauchen lässt, Verrat an der Sache des Friedens übt und die aggressive Politik der westdeutschen Militaristen unterstützt, die einen atomaren Angriffskrieg vorbereiten. Es ist verständlich, wenn von den Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik immer stärker die Forderung erhoben wird, den Menschenhandel zu unterbinden."

    Heute Nachmittag in Westberlin: Notaufnahmelager Marienfelde.

    "Kommen Sie auch aus der Zone, oder kommen Sie aus Ostberlin?"

    "Nee, ich bin aus der Zone."

    "Und was hat Sie zu dem Entschluss gebracht, herüber zu kommen?"

    "Naja, was sie alle dazu zwingt. Die Lebenslage drüben wird ja von Tag zu Tag schlechter. Die Schikanen ja auch. Ob im Betrieb oder so, überall ... Einmal muss man doch den Entschluss fassen. Ja, und jetzt ist noch Zeit, ehe ganz und gar abgeriegelt wird."

    Willy Brandt, Regierender Bürgermeister Berlins auf dem Nürnberger Deutschlandtreffen der SPD am 12.08.1961:

    "Heute, am 12. August, wird der 17.000. Flüchtling dieses Monats in Berlin ankommen. Warum kommen diese Menschen? Welche Angst hat diesen Strom ansteigen lassen? Die Antwort auf diese Fragen heißt: Weil die Menschen in der Zone Angst haben, dass die Maschen des Eisernen Vorhanges zuzementiert werden! Weil sie fürchten, in einem gigantischen Gefängnis eingeschlossen zu werden!"

    Aus der Erklärung des DDR-Ministerrats, die ab dem 13.08.1961, 1.11 Uhr von allen DDR-Sendern ausgestrahlt wird:

    "Die westdeutschen Militaristen wollen durch alle möglichen betrügerischen Manöver, wie zum Beispiel freie Wahlen, ihre Militärbasis zunächst bis zur Oder ausdehnen, um dann den großen Krieg zu beginnen. Die westdeutschen Revanchisten und Militaristen missbrauchen die Friedenspolitik der UdSSR und der Staaten des Warschauer Vertrages in der Deutschlandfrage, um durch feindliche Hetze, durch Abwerbung und Diversionstätigkeit nicht nur der Deutschen Demokratischen Republik, sondern auch anderen Staaten des sozialistischen Lagers Schaden zuzufügen. Aus all diesen Gründen beschließt der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik in Übereinstimmung mit dem Beschluss des politischen beratenden Ausschusses der Staaten des Warschauer Vertrages, zur Sicherung des europäischen Friedens, zum Schutze der Deutschen Demokratischen Republik und im Interesse der Sicherheit der Staaten des sozialistischen Lagers folgende Maßnahmen: Solange Westberlin nicht in eine entmilitarisierte, neutrale, freie Stadt verwandelt ist, bedürfen Bürger der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik für das Überschreiten der Grenzen nach Westberlin einer besonderen Bescheinigung."

    RIAS Berlin 13.08.1961, Situationsbericht am Vormittag:

    "Ich stehe jetzt mit meinem Wagen Bernauer Straße, Ecke Gartenstraße, nachdem ich die Bernauer Straße entlanggefahren bin, entlang der Sektorengrenze. Und an allen Grenzübergangsstraßen dasselbe Bild: Verrosteter Stacheldraht, der sich quer über die Straße spannt und dahinter Posten von etwa vier, zum Teil auch fünf kriegsmäßig ausgerüsteten Volkspolizisten mit umgehängtem Stahlhelm, geschulterten Gewehren mit aufgepflanzten Bajonetten."

    Karl Eduard von Schnitzler, Chefkommentator des DDR-Rundfunks, am 13.08.1961 um 10.10 Uhr im Ost-Berliner "Deutschlandsender":

    "Es spricht nun Karl-Eduard von Schnitzler:"

    "Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen, meine Hörerinnen und Hörer. Unsensationell – dieses Wort kennzeichnet wohl am besten die Maßnahmen, die wir in Übereinstimmung mit den anderen Staaten des Warschauer Paktes heute Nacht ergriffen haben. Grenzgänger, die auch heute in Westberlin arbeiten wollten, nahmen davon Abstand und werden sich morgen eine anständige Arbeit suchen. Bei uns, natürlich. Am Bahnhof Friedrichstraße setzten sich ein paar Leute mit viel Gepäck und etwas bedepperten Mienen in den Zug, der sie wieder nach Hause brachte, in Wohnungen, die nun dummerweise allerdings leer sind, weil diese Neunmalklugen ihre Radios, Fernsehgeräte, Kühlschränke und Möbel verkauft hatten, bevor sie sich als arme, versklavte Flüchtlinge auf den Weg nach Westberlin gemacht hatten. Pech, sowas

    Reportage des DDR-Rundfunks vom 13.08.1961(Gespräch mit Kampfgruppenangehörigen):

    "Wie fühlt man sich nach einer durchwachten Nacht?"

    "Ach Gott, ich will mal sagen, es geht ganz gut, nicht? Wir wissen doch, wozu wir hier stehen!"

    "Weshalb stehen Sie hier?"

    "Wir stehen hier, um jetzt hier den Schutz erst einmal zu übernehmen, und erstmal dann hier diese ganze Geschichte und Schweinerei, die gewesen ist, zu unterbinden!"

    "Also, mit anderen Worten, Sie stehen hier, um Ruhe und Sicherheit für die Arbeit unserer Bevölkerung zu gewährleisten?"

    "Jawoll, und da werden wir auch immer stehen!"

    "Und Sie haben Gewehre mit für den Fall, dass es ein paar Leute geben sollte, die gerne "tanzen" möchten, dann werden wir ihnen aufspielen dazu!"

    "Berliner Geschichten", Propagandalied, produziert im DDR-Rundfunk am 14.08.1961:

    "Unser schönes Berlin wird sauber sein
    Denn wir haben den Kalten Kriegern am Rhein
    Ihre Menschenfalle verriegelt
    Und mit rotem Wachs versiegelt

    Ja, ja, der helle Berliner sagt: Prima!
    Das reinigt so dufte das Klima
    Es ziehen jetzt Ruhe und Frieden ein
    Und sauber, ja sauber wird uns're Hauptstadt sein"

    RIAS-Reportage von der Glienicker Brücke am 13.08.1961:

    "Auch an dem Kontrollpunkt Glienicker Brücke, oder wie sie von drüben genannt wird, Brücke der Einheit, hat sich in den letzten Stunden einiges verändert. Abgesehen von den Schlagbäumen, die hier schon immer die Brücke für Fahrzeuge unpassierbar machte – das heißt, die Brücke durfte passiert werden von den Vertretern der Alliierten Mächte –, ist nun eine neue Fußgängerbarriere drüben auf der anderen Seite hinzugekommen. Sie ist auch recht rot gestrichen und etwas verwinkelt, sodass es keinem Passanten möglich ist, einfach rüber zu rennen. Die Posten sind von zwei Mann verstärkt worden auf neun Mann, und da hier viele die Brücke nicht benutzten, sondern schwimmend das westliche Ufer erreichten, hat man jetzt von östlicher Seite fünf Patrouillenboote der ostzonalen Wasserschutzpolizei eingesetzt. Eines steht fest, dass seit heute Nacht kein Passant mehr diese Brücke vom Osten her nach dem Westen passiert hat."

    Aus der Erklärung von Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer vom Abend des 13.08.1961:

    "Die Machthaber der Sowjetzone haben in der vergangenen Nacht damit begonnen, unter offenem Bruch der Vier-Mächte-Vereinbarungen, Westberlin von seiner Umgebung abzuriegeln. Diese Maßnahme ist getroffen worden, weil das der mitteldeutschen Bevölkerung von einer auswärtigen Macht aufgezwungene Regime der inneren Schwierigkeiten in seinem Machtbereich nicht mehr Herr wurde."

    Walter Ulbricht besucht die Kampfgruppen am Potsdamer Platz (14.08.1961):

    Ulbricht: "Wir können nicht mehr zulassen, dass die Leute hier rauben und stehlen, diese Westberliner Schieber und so weiter. Die Bevölkerung arbeitet, und die Anderen beschäftigen sich mit Spekulationen von Westberlin aus, das muss ein Ende haben. Alle Befehle wurden bündig ausgeführt, ja?"

    !Ja, Jawoll!"

    Ulbricht: "Alle waren zur Zeit dort, wo sie hingehörten, ja? Außerdem, zur Unterstützung, nicht wahr, stehen noch einige Panzer der Sowjetarmee in Reserve, ja? Damit es beim Gegner keine Missverständnisse gibt!"

    [Gelächter] "Die kennen wir, die Panzer!"

    Ulbricht: "Ja, ja, die kennen wir, das ist gute Qualität!"

    Rundfunkkommentar von Dr. Herrmann Ley, Vorsitzender des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR (13.08.1961):

    "Das Deutschland Walter Ulbrichts hat eine friedliche, entscheidende Durchbruchsschlacht gegen den Bonner Militarismus und seinen Brandt-Trabanten von Schöneberg gewonnen. Heulen und Zähneklappern herrscht bei den Bonner Militaristen. Sie haben dazu allen Grund. Brandt und seinen Mitläufern bleibt das Geschepper der Freiheitsbimmel."

    Willy Brandt auf einer Protestkundgebung vor dem Schöneberger Rathaus (16.08.1961):

    "Die Sowjetunion hat ihrem Kettenhund Ulbricht ein Stück Leine gelassen!"

    Wir haben unsere Landsleute zur Solidarität aufgerufen, zu solcher Solidarität gehört, dass keiner aus der Bundesrepublik und aus Westberlin an kulturellen, an sportlichen oder anderen Veranstaltungen des Zonenregimes teilnimmt! Das sollte auch für die Leipziger Messe gelten! Wer mit den Kerkermeistern unseres Volkes in dieser Situation auf der Messe noch Geschäfte machen will, der soll gleich dort bleiben!"

    "Die 13", DDR-Propagandalied, aufgenommen Ende August 1961:

    "Was war das für 'ne Lust
    Am dreizehnten August
    Der Brandt bekam eins auf den Hut
    Ihr glaubt ja nicht, wie gut das tut
    Und als er wieder zu sich kam
    Fing's ihm zu dämmern an:

    Dem einen bringt die 13 Pech
    Dem ander'n bringt sie Glück
    Doch was man mal verloren hat
    Bekommt man nicht zurück"

    RIAS Berlin (18.08.1961, Reporter: Rainer Höynck):

    "Der Stacheldrahtzaun über die Mitte des Potsdamer Platzes – der Stacheldrahtzaun ist verschwunden und hat einem schlimmeren, einem dauerhafteren Hindernis Platz gemacht. Wir sehen hier an der Ecke Potsdamer Straße und Potsdamer Platz unmittelbar an der Bordsteinkante eine Betonmauer von etwa 70 oder 80 Zentimetern Höhe, darauf noch zwei Schichten von Hohlblocksteinen, die dafür produziert wurden, einmal irgendwo ein Wohnhaus oder ein Geschäftshaus zu bauen. Augenzeugen berichteten, dass um 1.30 Uhr heute Nacht die Arbeiten begannen, dass sechs Lastwagen kamen mit dem Baumaterial und fünf Wagen mit den Maurern, die jetzt hier am Potsdamer Platz eine neue steinerne Grenze mitten durch Berlin gezogen haben."

    Lautsprecherkrieg an der Berliner Mauer
    RIAS Berlin, 16.10.1961, Reporter: Erich Nieswandt:

    (Sprecher des "Studios am Stacheldraht"): "Männer der Volkspolizei, Männer der Nationalen Volksarmee. Seit dem 13. August stehen Polizei und Armee hier an dieser Grenze. Warum eigentlich? Fragt euch einmal, warum ihr hier stehen müsst. Eure Funktionäre sagen euch, dieser Unfug sei nötig, um den Frieden zu erhalten. Ihr seid klug genug, um diese Lüge zu erkennen. Wer den Frieden hier gefährdet, ist unschwer zu erkennen. Es ist Ulbricht. Er hat hier Mauern und Stacheldraht errichten lassen. Er hat befohlen, dass ihr hier herumstehen müsst, er vertreibt eure Landsleute aus ihren Wohnungen an der Sektorengrenze. Er befiehlt euch sogar, auf eure eigenen Landsleute zu schießen. Sie hörten das Studio am Stacheldraht!"

    (RIAS- Reporter): "Man darf wohl sagen, es gibt wenige, die die Mauer so genau kennen, die durch unsere Stadt verläuft wie Sie, da Sie täglich als Sprecher des Studios am Stacheldraht hier tätig sind. Und während Sie sprechen, werden wir immer wieder beobachtet durch Ferngläser, durch Löcher, die man in der Mauer gelassen hat, durch Beobachtungsschlitze. Und man kann ab und zu die Reaktionen der Volkspolizisten in den Gesichtern ablesen – die Reaktionen auf das, was wir ihnen zu sagen haben. Nun, ab und zu bekommen Sie ja einen Gegenspieler, einen Partner vom Osten her. Es fährt der Lautsprecherwagen auf, und dann entwickeln sich improvisierte Reden zwischen Ihnen?"

    (Sprecher des "Studios am Stacheldraht"): "Jawohl, so ist es! In letzter Zeit allerdings sind die Herren drüben etwas sparsamer mit ihren Worten geworden. Am Anfang war es so, dass ich eine feine Wechselrede führen konnte. Allerdings, mein Kontrahent, der wusste sich dann nicht mehr so recht zu helfen, und er machte nur noch lakonisch die Feststellung, dass ich doof sei. Und dann räumte er ein, dass er keine Argumente mehr habe, er hatte sich versprochen, aber unwillkürlich die Wahrheit gesagt. Und seit dieser Zeit also ist man drüben sehr sparsam geworden, drüben spricht man nur kurz, und dann wird schnell wieder Musik gegeben, damit man mir keine Gelegenheit gibt, zu antworten."

    Kommentar des DDR-Rundfunks, Erich Selbmann, 20. Januar 1962: "Wir haben in der Vergangenheit nur angedeutet, dass unsere Stimme der Wahrheit und Vernunft stärkere Lautsprecher hat. Eingesetzt wurden sie noch nicht. Aber im Interesse des Friedens und der Sicherheit unserer Stadt würden wir sie einsetzen – so laut, dass die Posaunen von Jericho sich wie Kindertrompeten ausnehmen würden."

    RIAS-Reportage 14.12.1961: "Det is ja furchtbar! Um acht Uhr, da haben wir uns die Ohren zugehalten, wie die Brüder hier die große Schnauze aufgerissen haben! So was geht doch gar nicht! Nun schreit der eben durch, nun wollen wir mal feststellen, wer hier laut gewesen ist. Seit heute Morgen um acht. Ich wohne da drüben, habe direkt die Mauer vor meiner Nase. Kann man wunderbar 'reingucken. Aber das ist nicht mehr feierlich. Schlafen ist gar nicht mehr dran zu denken, wenn die anfangen."

    (Reporter): "Auf östlicher Seite hat man jetzt auch die Lautsprecherwagen verstärkt. Waren es früher nur Wagen mit einigen leiseren Lautsprechern, so haben sie jetzt frisch montiert sechs neue Lautsprecher auf einem blauen Wagen."

    Der Tod Peter Fechters (RIAS Berlin, 17.August 1962):

    "Charlotten-, Ecke Zimmerstraße, Sektorengrenze. Vor genau einer Stunde forderte die Mauer erneut ein Opfer. Zwei Menschen aus Ostberlin wollten an dieser Stelle der Sektorengrenze fliehen. Einem gelang die Flucht, der andere blieb im Feuer der kommunistischen Grenzpolizisten schwer verletzt liegen und ist höchstwahrscheinlich kurz vor der Mauer inzwischen gestorben. Der Körper ist von den Grenzpolizisten in ein Haus hier dicht an der Sektorengrenze transportiert worden. Einem gelang die Flucht. Aber was mag in diesen Menschen vorgehen? Wie unerträglich müssen die Zustände drüben, jenseits der Mauer sein, dass man an dieser Stelle, wo man eigentlich gar keine Chance hat, zu entfliehen, dennoch die Flucht wagt. Die beiden Flüchtlinge mussten erst einmal einen Drahtzaun überwinden, dann die Panzerhindernisse, diese gekreuzten T-Träger, die in das Pflaster eingelassen worden sind, und dann war noch die Mauer vor ihnen, die zwei Meter hoch ist, und deren Krone noch mit Stacheldraht bewehrt ist. Und der Krankenwagen, der hier auf westlicher Seite vorfuhr, konnte nicht mehr eingreifen, denn der zusammengeschossene Flüchtling, der schon die Krone der Mauer erreicht hatte, den Stacheldraht schon zu packen versuchte, fiel getroffen zurück und blieb jenseits der Mauer liegen."

    Walter Ulbricht (Herbst 1961):

    "Die herrschenden Kreise der Westmächte und Westdeutschlands haben durch die Schaffung des westdeutschen Separatstaates und des Besatzungsgebietes Westberlin Deutschland gespalten und viele menschliche Beziehungen zerrissen. Was kann menschlicher sein, als all das, was hier geschieht und für den Menschen getan wird? So dient der 13. August wahrer Menschlichkeit!"

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