Der Rechtsruck und die Popkultur

"Poppige Oberfläche, reaktionäre Message"

Zirka 50 Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung versuchten am 19.5.2017 das Vordach des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in der Mohrenstrasse in Berlin zu besetzen.
Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung versuchten im vergangenen Jahr, das Justizministerium in Berlin zu besetzen. © imago/Christian Mang
Moderation: Dirk Schneider und Hartwig Vens · 23.08.2018
Hipster, maskuline Männer und Törtchen backende Frauen bei Instagram. Sind das Typen, denen junge Menschen mit rechter Gesinnung heute folgen? Um popkulturelle Merkmale bei Rechten ging es beim Pop-Kultur-Festival in Berlin.
"The Kids are alright" hieß ein Song, mit dem die britische Band The Who 1966 für ihre Generation in die Bresche sprang. Nach dem Vorbild der Band Bad Religion hat sich Deutschlandfunk Kultur diesen Titel für eine Podiumsdiskussion beim Berliner Pop-Kultur-Festival geborgt und entscheidend abgewandelt: "The Kids are alt-right?" hieß das Motto.
Es ging um die Frage: Inwiefern bedienen sich Rechte popkultureller Mittel? Darüber sprachen wir mit Elke Gaugele, Professorin an der Akademie der Künste in Wien für Mode, Jerome Trebing, Sozialarbeiter und Rechtsextremismus-Forscher und Ted Gaier von der Hamburger Band Goldene Zitronen.
Veranstaltung auf dem Pop-Kultur-Festival in Berlin 2018: "The kids are alt-right? Der Rechtsruck und die Popkultur. Ein Deutschlandfunk-Kultur-Talk" mit Hartwig Vens, Ted Gaier, Elke Gaugele, Jerome Trebing und Dirk Schneider (v.l.).
"The kids are alt-right?" mit Hartwig Vens, Ted Gaier, Elke Gaugele, Jerome Trebing und Dirk Schneider (v.l.).© Deutschlandradio

Natürliche Männer, backende Frauen

Jerome Trebing beobachtet reaktionäre Kulturpraktiken bei jungen Rechten, die auf den ersten Blick modern erscheinen:
"Wir haben Männer, die gehen wieder nur in Barbershops, wo nur Männer behandelt werden und keine Frauen rein dürfen. Wir haben die Oberkörper freien Muskelmänner, die wieder die Natur bearbeiten. Wir haben auf Instagram Frauen, die sich darüber definieren, dass sie kleine Törtchen backen. Wir erleben das als modern. Dabei ist das einzige Moderne daran, dass drei Instagram-Filter darüber gelegt sind. Das Poppige vielfach eher die Oberfläche und die Message dahinter ist total reaktionär."

Hass auf das Urbane

Neue rechte Gesinnung vertrete die alte Geschlechtertrennung, betont Trebing. Für sie würden Männer durch Bärte definiert und dass sie sich in der Natur betätigen und Frauen sollten bitte am Herd stehen. Außerdem gebe es bei vielen Rechtskonservativen einen Hass auf das Urbane:
"Alle Rechten leben davon, dass sie den Landraum und die Natur idealisieren. Das fängt damit an, dass jemand wie [der Blogger] Malenki sich hinstellt und sagt: Männer müssen wieder Bienen züchten. Das hört auf mit Sebastian Kurz als österreichischem Bundeskanzler, der sagt, man kann in Wien auf die Straße gehen, weil einem da die Modernität ins Gesicht schlägt. Natürlich hat das Widersprüche, weil sie sind Kinder der Moderne. Sie müssen in der Moderne leben. Sie müssen das aushalten, aber trotzdem stehen sie in einem ganz starken ideologischen Widerspruch dazu."
Die ganze Sendung:
(cosa)
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