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Nobelpreisträger
Wohin mit all dem Geld?

In Stockholm erhalten am Sonntag die Nobelpreisträger ihre Medaillen und ein hohes Preisgeld. Was machen sie mit Letzterem eigentlich? Weitere Forschung finanzieren oder lieber eine Yacht kaufen? Die Geschichte hält höchst unterschiedliche Beispiele bereit. Auch solche, in denen Nobelpreisträger niemals Geld sahen.

Von Volker Mrasek | 08.12.2017
    Der in Trinidad geborene britische Schriftsteller V.S. Naipaul (r) nimmt am 10. Dezember 2001 in Stockholm die Glückwünsche von Medizin-Nobelpreisträger Paul Nurse (l) entgegen, nachdem er mit dem Literatur-Nobelpreisausgezeichnet worden ist.
    Die Nobelpreisträger 2001 V.S. Naipaul (r., Literatur) und Paul Nurse (l., Medizin). Über Paul Nurse heißt es, er habe sich vom Preisgeld ein Motorrad gekauft. (picture alliance / dpa / AFP)
    Nils Hansson ist Schwede, forscht aber als Medizinhistoriker an der Universität Düsseldorf. Sein Spezialthema hat er quasi von zu Hause mitgebracht. Es sind die Nobelpreise, alljährlich verliehen von der Schwedischen Akademie der Wissenschaften:
    "Wenn es um den Nobelpreis geht, wurden beinahe alle Aspekte untersucht in der Forschung", sagt er. Doch es gebe kaum etwas darüber, "was die Laureaten mit dem Preisgeld machen. Bis heute gibt es da keine systematische Übersicht. Vielleicht möchten das einige Laureaten gar nicht verraten, was die mit dem Geld machen."
    Manche finanzierten weitere Forschung
    In seinem Testament hat Alfred Nobel nicht etwa verfügt, dass die Preisgelder zweckgebunden eingesetzt werden müssen. Also wieder zum Nutzen der Wissenschaft. Aber es gibt durchaus Fälle, in denen das so war. Olof Sommel, Physiker und Kurator im Stockholmer Nobelmuseum:
    "Marie und Pierre Curie sind ein gutes Beispiel dafür. Sie erhielten 1903 gemeinsam den Nobelpreis für Physik. Das Geld steckten sie in ein neues Labor und neue Geräte, also in die eigene Forschung. Und das zahlte sich aus. Denn Marie Curie bekam 1911 auch noch den Nobelpreis für Chemie. Ein solcher Einsatz des Preisgeldes ist seltener geworden. Denn heute fließen viel mehr Fördermittel in die Forschung als vor hundert Jahren."
    Manche Laureaten entschlossen sich auch dazu, andere mit dem Geld zu fördern:
    "Da haben wir Paul Greengard, einen US-Neurobiologen. Er gewann im Jahr 2000 den Nobelpreis für Medizin und schuf dann einen eigenen Preis, um Forschung zu fördern. Oder Christiane Nüsslein-Volhard! Sie gründete eine Stiftung, um Frauen in der Wissenschaft zu unterstützen."
    Die deutsche Molekularbiologin erhielt 1995 den Nobelpreis für Medizin.
    So wie Günter Blobel vier Jahre später. In Schlesien geboren, hatte er als Kind die Zerstörung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs miterlebt. Das muss den Biochemiker und späteren US-Bürger stark beeindruckt haben. Nils Hansson:
    "Das Besondere an seinem Preis, was auch in den Medien thematisiert wurde: Er hat einen Großteil seines Geldes für den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden gespendet. Auch eine Synagoge hat er unterstützt."
    Manche kauften gewöhnliche Dinge wie Haus oder Sportwagen
    Natürlich stellen Nobel-Laureaten auch ganz gewöhnliche Dinge mit dem vielen Geld an.
    Der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle verriet nach seiner Auszeichnung im Jahr 2001, er investiere die Preissumme in ein Haus und die Ausbildung seiner Kinder. Andere kauften sich eine Yacht oder ein dickes Motorrad wie der Brite Paul Nurse, dem im selben Jahr wie Ketterle der Medizin-Nobelpreis zugesprochen wurde. Von dem US-Pharmakologen Louis Ignarro heißt es, er habe sich nach seiner Ehrung 1998 einen Sportwagen angeschafft, und auf dem Nummerschild stehe "Nobel".
    "Wobei man da auch etwas vorsichtig sein muss", sagt Hansson. "Denn es gibt reichlich Anekdoten, wenn es um den Nobelpreis geht. Man kann das nicht immer ganz genau überprüfen."
    Was auf jeden Fall stimmt: Es gibt auch Nobelpreisträger, die von dem ausgelobten Geld nie etwas gesehen haben. Nils Hansson:
    "1939 haben zwei Deutsche den Nobelpreis bekommen, nämlich Adolf Butenandt, Nobelpreis für Chemie, und zum anderen Gerhard Domagk, Nobelpreis für Physiologie oder Medizin."

    Doch Adolf Hitler untersagte ihnen, die Ehrung anzunehmen. Weil kurz vorher der Friedensnobelpreis an den Pazifisten Carl von Ossietzky verliehen worden war, der jahrelang in Nazi-Haft einsaß. Nach dem Krieg erhielten Butenandt und Domagk zwar noch Urkunde und Nobelpreis-Medaille aus Stockholm.
    "Aber das Nobelpreisgeld dann nicht mehr. Das war dann längst verjährt und an den Nobelfonds zurückgegangen", sagt Nils Hansson.
    Einstein überschrieb Preisgeld seiner Noch-Ehefrau
    Auch Albert Einstein ging übrigens leer aus. Er überließ das Preisgeld in einer Scheidungsurkunde seiner damaligen Frau und den Kindern. Zu der Zeit war es eine Anzahlung auf die Zukunft. Den Physik-Nobelpreis erhielt Einstein erst drei Jahre später!