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Nordkorea
Popmusik-Propaganda aus Südkorea

Der jüngste Raketenstart in Nordkorea belastet die Beziehungen zu Südkorea. Jetzt hat Seoul den Betrieb eines gemeinsamen Industrieparks gestoppt und setzt außerdem auf ein zuletzt wenig genutztes Propagandamittel: Die Regierung lässt über Lautsprecher an der Grenze laute Popmusik ausstrahlen - und Kritik an Machthaber Kim Jong Un.

10.02.2016
    Lautsprecher an der südkoreanischen Grenze zu Nordkorea
    Lautsprecher an der südkoreanischen Grenze zu Nordkorea (dpa/picture-alliance/epa Jin-Hee Park)
    Mit dem Stopp des gemeinsamen Industrieparks in Kaesong nimmt Südkorea dem nördlichen Nachbarn eine wichtige Devisenquelle. Zur Begründung hieß es, damit solle verhindert werden, dass Gelder aus dem Fabrikpark für das nordkoreanische Atomwaffen- und Raketenprogramm genutzt werden. Pjöngjang sei darüber informiert worden. Der grenznahe Komplex befindet sich auf nordkoreanischem Gebiet.
    Als weitere Sanktion verstärkte Südkoreas Militär außerdem die Propaganda-Beschallung Nordkoreas an der Grenze, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul mitteilte. Berichten zufolge erfolgt dies nun sechs Stunden pro Tag. Aus mehreren Lautsprechern sendet Südkorea seit dem weltweit kritisierten Atomtest Nordkoreas Anfang Januar bereits laute Popmusik über die Grenze und strahlt Sendungen mit Kritik am kommunistischen Regime in Pjöngjang aus.
    Eine Rakete startet von der Abschussrampe, einen Feuerschweif hinter sich her ziehend.
    Mit diesem Bild hat das nordkoreanische Staatsfernsehen über den Start der Rakete berichtet. Das Bild wurde von der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap verbreitet. (YONHAP / NORTH KOREAN TV / AFP)
    Unter anderem wird Machthaber Kim Jong Un für seinen luxuriösen Lebensstil und seine Wirtschaftspolitik in dem verarmten und abgeschotteten Land kritisiert. Seoul sendet außerdem sogenannten K-Pop. Diese Musik ist im Norden offiziell verboten, aber nach Aussagen von Überläufern in der Bevölkerung beliebt.
    Südkoreas Staatschefin Park Geun Hye sieht in der Lautsprecher-Propaganda das "wirksamste Mittel der psychologischen Kriegsführung." Nordkorea reagierte prompt und verbreitete nach südkoreanischen Angaben seinerseits Propaganda durch Lautsprecher an der Grenze.
    Beschallung im August 2015 "offener Kriegsakt"
    Die Beschallungen aus dem Süden dringen bis zu 24 Kilometer weit in den Norden hinüber. Nordkorea reagiert äußerst gereizt auf Kritik an Kim und seiner Staatsordnung. Pjöngjang hatte angesichts der Beschallung im August 2015 von einem "offenen Kriegsakt" gesprochen und "den Quasi-Kriegszustand" ausgerufen. Es kam zu Artilleriefeuer. Erst nach langen Verhandlungen einigten sich die beiden Länder auf eine Deeskalation.
    Zuvor hatte Südkorea die Lautsprecher elf Jahre lang nicht genutzt. 2004 hatten die beiden Koreas offiziell solche psychologische Kriegsführung gestoppt, um Spannungen abzubauen. Doch südkoreanische Aktivisten lassen manchmal Propaganda-Ballons in Richtung Norden aufsteigen, was wütende Reaktionen Pjöngjangs nach sich zieht.
    Der nordkoreanische Grenzposten im Hintergrund befindet sich auf einem grün bewachsenen Hügel.
    Die Grenze zwischen Nord- und Südkorea: Im Vordergrund ein südkoreanischer Posten, im Hintergrund ein nordkoreanischer. (AFP / JUNG YEON-JE)
    Auch Nordkorea nutzt Lautsprecher
    Mitte Januar schickte Nordkorea nach Angaben aus Seoul etwa eine Million Propaganda-Flugblätter Richtung Süden. Darin wurden die Beschallungen durch Südkorea und Staatschefin Park Geun Hye kritisiert.
    Süd- und Nordkorea befinden sich völkerrechtlich seit dem Ende des Korea-Kriegs (1950-53) im Kriegszustand. Ein Friedensvertrag ist bis heute nicht geschlossen worden. 1953 wurde quer durch die Halbinsel eine rund 240 Kilometer lange und vier Kilometer breite militärische Pufferzone geschaffen. Diese bildet bis heute die De-facto-Grenze.
    (hba/jasi)