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Norwegen
Keine offizielle Begrüßung des Dalai Lamas

Der Dalai Lama ist auf Europatour. In Lettland ist er bereits gewesen, nach Deutschland, Großbritannien, Dänemark und Tschechien wird er noch kommen. Sein Besuch in Norwegen hat bereits für aufgeregte Debatten gesorgt. Die Regierung will das religiöse Oberhaupt nicht offiziell begrüßen.

Von Randi Häußler | 08.05.2014
    Der Dalai Lama hält eine Rede
    Der Dalai Lama wird nicht offiziell von Norwegens Regierung begrüßt. (dpa / Sanjay Baid)
    Das ist erst mal nichts Ungewöhnliches. Auch in anderen Ländern wird der Dalai Lama meist nicht von Regierungsvertretern in Empfang genommen. Nur: Norwegen vergibt alljährlich den Friedensnobelpreis, und hat ihn vor 25 Jahren auch an den Dalai Lama verliehen.

    Kalt pfiff der Wind durch die norwegische Hauptstadt Oslo, und vom Himmel kam der ein oder andere Regenschauer. Dennoch versammelten sich am 7. Mai mehrere tausend Norweger vor dem Grand Hotel, um dem Dalai Lama einen herzlichen Empfang zu bereiten.
    Für die Entscheidung ihrer Regierung, dem hohen Besuch die kalte Schulter zu zeigen, haben die Menschen in Oslo eher wenig Verständnis:"Ich finde, das ist schon schwer zu akzeptieren. Ich verstehe ja, dass Norwegen sich alle Wege offen halten will, aber ich finde, dass hat doch wirklich was von Opportunismus. So, als würde sich Norwegen verkaufen."
    Schweigen zwischen China und Norwegen
    Seit vier Jahren schweigt China Norwegen an. Denn vor vier Jahren hat Norwegens Nobelkomittee dem chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo den Friedensnobelpreis überreicht. Norwegens Regierung beteuerte damals, dass das Komitee nicht das offizielle Norwegen repräsentiere. Das hat allerdings nicht viel geholfen. Wirtschaftlich hat die Funkstille Norwegen zwar kaum geschadet. Doch wer nicht miteinander redet, so rechtfertigt sich die norwegische Regierung jetzt, der könne beispielsweise auch beim Thema Menschenrechte nichts bewegen. Bård Petersen, Staatssekretär im Außenministerium: "Norwegen steht fest für Menschenrechte ein, das gilt selbstverständlich auch für China und die Bevölkerung von Tibet. Die Frage ist deswegen auch nicht, wo Norwegen in diesem Punkt steht, sondern wie wir am besten den norwegischen Standpunkt vermitteln können. Und da sind wir zum Schluss gekommen, dass es der beste Weg ist, den Dalai Lama nicht offiziell zu begrüßen."
    Schelte hat es gegeben für diese Entscheidung. Banale Unterwürfigkeit und Feigheit haben Kritiker der Regierung vorgeworfen. John Peder Egenæs, Generalsekretär von Amnesty International Norwegen meint, das Land tanze nach Chinas Pfeife: "Damit schlägt Norwegen einen gefährlichen Weg ein, ganz generell in seiner außenpolitischen Arbeit, und im Besonderen, was Menschenrechte angeht. Und so schiebt Norwegen die Rechte der Tibeter in einen Schattenbereich abseits der Politik. Genau dahin, wo China sie haben will. Und das erreicht China, indem es uns den Mund verbietet."
    Der Dalai Lama nimmt es gelassen
    Doch er wäre nicht der Dalai Lama, wenn er den Wirbel um seinen Besuch in Norwegen nicht gelassen nehmen würde. Am Tag vor seiner Ankunft in Oslo sagte er während einer Pressekonferenz: "Wenn ich eine politische Agenda hätte, dann wäre es wichtig, Politiker zu treffen. Aber da mein Besuch völlig unpolitisch ist, gibt es gar kein Problem." Ganz im Gegenteil äußerte sich der Friedensnobelpreisträger sogar zufrieden darüber, dass die Aufmerksamkeit durch die Debatte auch auf seine Herzensfragen gelenkt würde.
    Bei einem Interview mit dem norwegischen Fernsehen kam dann aber doch nach einigem Zögern ein kleiner Hinweis an die norwegische Regierung: "Ich denke, Norwegens Regierung weiß es besser." Am kommenden Freitag endet der Norwegenbesuch des Dalai Lama. Vorher werden auch rund 60 Parlamentarier ihn noch treffen können. Im Parlamentsgebäude, das der Dalai Lama, so war es ursprünglich angedacht, beinahe nur durch die Hintertür hätte betreten dürfen. "Nein, das ist sehr peinlich. Ich verstehe ja, dass es ein Dilemma ist, aus dem man nicht rauskommt, wenn man nicht deutlich Position bezieht. Und das trauen sie sich nicht", sagt eine Passantin. Ein Anderer findet: "Andererseits: es ist sehr einfach, ein Land abzuweisen, mit dem man nicht einverstanden ist. Aber das ist sicher nicht immer der richtige Weg, wenn man einen Dialog aufrecht erhalten will. Und dieser Möglichkeit würde sich das offizielle Norwegen berauben, wenn es dem Dalai Lama zu sehr entgegen kommen würde." "Man muss mit seinen Feinden reden, hat doch Mandela mal gesagt. Das ist auch wichtig. Es ist sehr einfach, den Kontakt zu brechen zu dem, mit dem man nicht einer Meinung ist. Aber das ist häufig nicht der richtige Weg", sagt ein Mann vorm Parlamentsgebäude.
    Kjell Magne Bondevik, Politiker der Christlichen Volkspartei und ehemaliger Ministerpräsident Norwegens: "Ich verstehe deren Dilemma, und ich respektiere die Entscheidung. Die Regierung bemüht sich auf der einen Seite um Menschenrechte, um Versöhnung und auch darum, das schwierige Verhältnis zu China zu verbessern. Daher will ich deren Entscheidung nicht kommentieren. Aber ich selbst habe es als Leiter eines Zentrums für Demokratie und Menschenrechte - Oslo Center - natürlich gefunden, den Dalai Lama zu treffen.