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Not macht erfinderisch

Seit der Schuldenkrise ist der griechische Immobilienmarkt zusammengebrochen. Um die Verkäufe anzukurbeln, steigern die findigen Hellenen nun den Wert ihrer Immobilien, indem sie an den Verkauf von teuren Objekten noch eine Aufenthaltsgenehmigung für EU-Ausländer knüpfen.

Von Jannis Papadimitriou | 08.10.2013
    Nikos Grigoropoulos gehört zu den Profiteuren der neuen Regelung. Seit über zehn Jahren vermittelt der Geschäftsmann aus dem Peloponnes Wohnungen und Ferienhäuser im Großraum Athen. Da seit Ausbruch der Schuldenkrise der griechische Markt zusammengebrochen ist, setzt er heute ganz bewusst auf anspruchsvolle Kunden aus Russland oder China mit Hilfe von Mittelsmännern und Partnerfirmen vor Ort.

    "In den nächsten Tagen haben wir schon drei Termine mit potenziellen Kunden aus China, die sich für bestimmte Objekte interessieren. Die Aufenthaltserlaubnis ist ein wichtiges Verkaufsargument - ein wichtigeres jedenfalls, als die Mieteinnahmen: Der neue Eigentümer müsste nämlich 300.000 Euro in eine Wohnung investieren, aber die Miete dürfte kaum mehr als 400 Euro betragen bei der heutigen Wirtschaftslage."

    Grigoropoulos hat offenbar einen Sinn fürs Geschäftliche. Sein erstes Geld verdiente er als Restaurantbetreiber in Hamburg, in Zeiten des Wohlstands gründete er eine Werbefirma in Athen, gab sie aber nach fünf Jahren in weiser Voraussicht wieder auf. Heute ist er in der Immobilienbranche tätig. Sein Problem: In den vergangenen drei Jahren sind die Preise um 30 Prozent, mancherorts um bis zu 50 Prozent gefallen. Zudem werden Anleger durch steigende Steuern und Abgaben auf Grundbesitz abgeschreckt.

    Doch Grigoropoulos ist zuversichtlich, dass die gut betuchten Kunden aus Russland oder China das Geschäft wiederbeleben können. Auch bei der Vereinigung griechischer Makler finden die Visaerleichterungen für vermögende Immobilienkäufer aus dem Ausland Zustimmung. Verbandssprecher Jannis Revythis:

    "Für uns entsteht ein neues Kundenpotenzial. Die Russen suchen nach Immobilien in Nordgriechenland oder auf Kreta. Investoren aus dem arabischen Raum interessieren sich vor allem für die Inseln Mykonos und Santorini in der Ägäis. Kleinere Wohnungen in der Athener Innenstadt sind beliebt in allen Zielgruppen."

    Davon profitiert nicht zuletzt der Staat. Bei jedem Immobilienerwerb ist nämlich eine Mehrwertsteuer in Höhe von 23 Prozent fällig - was bedeutet, dass ein Käufer aus Russland, der 250.000 Euro investiert, weitere 57.000 Euro an den griechischen Fiskus abführen muss. Dazu kommen diverse Grund- und Immobiliensteuern.

    Im Gegenzug bekommt der Investor eine Aufenthaltserlaubnis über fünf Jahre. Für sich und für seine Familie. Die griechische Presse beurteilt die neue Regelung positiv, mahnt aber auch, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe, der Staat betreibe Handel mit der Aufenthaltsgenehmigung.

    Dem widerspricht Angelos Syrigos, Generalsekretär im griechischen Innenministerium:

    "Alle EU-Auflagen werden eingehalten. Potenzielle Käufer, die vorbestraft sind oder auf der Liste der im Schengenraum 'unerwünschten Personen' stehen, werden abgelehnt. Im Übrigen bekommt der Berechtigte nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis und keine Staatsbürgerschaft. Das steht ausdrücklich im Gesetz."

    Der griechische Maklerverband will die Regierung dazu bringen, die Werbetrommel für das neue Gesetz kräftig zu rühren, sagt der Verbandssprecher Jannis Revythis:

    "Schon heute werben wir auf Immobilienmessen im Ausland für die neue Regelung und stoßen auf großes Interesse. Ich denke, dass die Regierung auch über die griechischen Konsulate ausländische Investoren locken sollte."

    Ähnliche Vorschriften gebe es schon in Spanien, Portugal und Zypern, berichtet Revythis. Da sei es nur konsequent, dass auch Griechenland Anleger mit einer Aufenthaltserlaubnis locken will.