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Notenbanken rüsten für den Ernstfall

Die Parlamentswahl in Griechenland könnte zur Schicksalswahl für den Euro werden. Um Chaos an den Märkten zu verhindern, haben die Zentralbanken für den Notfall weitere Geldspritzen in Aussicht gestellt. Vor der Wahl zeigen sich die Finanzmärkte jedoch erstaunlich entspannt.

Von Michael Braun | 15.06.2012
    Sicher ist niemand. Die Umfragen in Griechenland deuten zwar auf einen Euro-freundlichen Wahlausgang hin. Aber gewiss ist das nicht. Chefvolkswirt Burkhard Allgeier von Hauck & Aufhäuser schließt deshalb nicht aus:

    "Es kann nächste Woche noch einmal sehr ungemütlich werden."

    Doch wer helfen und Chaos verhindern kann, der bereitet sich vor, die Zentralbanken etwa. Angeblich prüfen die wichtigsten Zentralbanken der Welt eine konzertierte Aktion. Gemeinsam wollen sie helfen, wenn Menschen die Bankautomaten ausräumen, Banken das Geld ausgehen und Unternehmen fürchten sollten, keine Kredite mehr zu bekommen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, machte Gerüchte von gemeinschaftlicher Notenbankhilfe heute nahezu zur Nachricht, als er ankündigte, was die EZB plant: Auf einer Konferenz in Frankfurt sagte er wörtlich: "Das Eurosystem wird weiter Liquidität an
    kreditwürdige Banken bereitstellen, wo immer das notwendig ist."

    "The Euroystem will continue to supply liquidity to solvent banks where needed.”"

    Geld der EZB sollen aber nur gesunde Banken bekommen. In die Sanierung maroder Banken will sich die EZB nicht reinziehen lassen. Die Sorge, dass Banken als der zentrale Umschlagplatz für Geld zunächst in Griechenland und dann in anderen Ländern der Eurozone ausfallen sollten, treibt auch die Nachbarn um. Die Briten etwa. Mervyn King, der Gouverneur der Bank von England, benennt die konjunkturellen Risiken, die er fürchtet:

    ""Eine schwarze Wolke hat die Stimmung verschlechtert, sodass sich Unternehmen und Haushalte auf die vor ihnen liegenden Stürme vorbereiten müsse. Das Ergebnis ist, dass niedrigerer Konsum zu geringeren Einkommen führt, und das führt zu schlechteren Aussichten für das Wachstum."

    King und auch der britische Finanzminister George Osborne wollen aber nicht tatenlos zusehen. Großbritannien sei nicht machtlos, sagte Osborne:

    "We are not powerless !"

    Bundeskanzlerin Angela Merkel verschob ihre Abreise zum G-20-Treffen in Mexiko auf den späten Sonntagabend. Wenn die Wahlergebnisse aus Athen einigermaßen verlässlich vorliegen, will sie nicht im Flugzeug, sondern im Kanzleramt sein. Angeblich wollen sich die Finanzminister der Eurozone am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz abstimmen. Für Montag oder Dienstag könnte auch ein Krisentreffen von Ministern der G 7-Gruppe der sieben größten Industriestaaten angesetzt werden. Viel Hektik also. Sie könnte wirken, meint Professor Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Die Notenbanken haben einfach deutlich gemacht: Es gibt hier einen Feuerlöscher, eine Firewall. Die ist auch nicht zu überwinden, weil sich alle Notenbanken weltweit von Relevanz zusammengeschlossen haben. Die Schweizer sind dabei, die Briten, die Amerikaner. Also: Wenn es ein Liquiditätsproblem geben wird, dann werden die Märkte mit Liquidität überschwemmt werden. Wenn Wechselkursrisiken entstehen, dann haben die Schweizer klar gesagt, aber auch die Briten, werden sie entsprechend intervenieren. Sie werden die Kurse halten. Ich glaube, das ist ein einfach eine ganz klares Signal: Es wird nichts passieren am Montag."

    Die Haltung gegenüber Griechenland ging in all dem nicht unter. Bundesbankpräsident Jens Weidmann fürchtet, Griechenland könne weichere Sparvorgaben durchsetzen. Einer griechischen Zeitung sagte er, es wäre schädlich für die Eurozone, sollte Athen mehr Zeit für den Abbau seines Defizits eingeräumt werden. Auch dürfe keinem Land erlaubt werden, Europa zu erpressen.

    Die Finanzmärkte zeigten sich heute weitgehend entspannt: Am deutschen Aktienmarkt steigen die Kurse im Schnitt um mehr als 1,5 Prozent. Auch an der Athener Börse wurden die strammen Kursgewinne von gestern nicht mitgenommen, sie setzten sich heute fort, wenn auch deutlich abgeschwächt. Die Renditen etwa italienischer Staatsanleihen sanken. Und der Euro legte gegenüber gestern zu. Wenn die Märkte nicht auf eine gute Lösung der Schwierigkeiten Griechenland setzen, dann doch auf ein handlungsfähiges Krisenmanagement.