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Notizen von der Berlinale
Mutterschutz

Wie sie Schwedens beliebteste Kinderbuchautorin wurde, wer sie war – davon erzählt der zweistündige Spielfilm "Unga Astrid". Alba August spielt Astrid Lindgren. Und wäre sie nicht ohnehin in dieser Berlinale-Woche zum "European Shooting Star" ernannt worden, hätte man diese Auszeichnung eigens für sie erfinden müssen.

Von Maja Ellmenreich | 23.02.2018
    16.02.2018, Berlin: Berlinale, Ankunft, "European Shooting Stars 2018" im Berlinale-Palast: Die Schauspielerin Alba August aus Schweden hält ihren Preis in der Hand.
    Die Schauspielerin Alba August aus Schweden wurde auf der Berlinale 2018 mit dem Preis "European Shooting Stars 2018" ausgezeichnet. (dpa / picture alliance / Ralf Hirschberger)
    Wer Pippi, Karlsson oder Pelle mag, scheint am Donnerstagabend zum Friedrichstadt-Palast gekommen zu sein. Die Zuschauerschlange windet sich mehrmals vor dem Portal, bis endlich Einlass gewährt wird. Um 18.30 Uhr beginnt die cineastische Reise nach Småland, in das "kleine Land" im Süden Schwedens, mit seinen rot-weißen Holzhäusern, in die Heimat von Michel und Klein-Ida, von Madita und natürlich von Astrid Lindgren.
    Das Leben der jungen Astrid Lindgren
    Wie Schwedens beliebteste Kinderbuchautorin wurde, wer sie war – davon erzählt der zweistündige Spielfilm "Unga Astrid". Die dänische Regisseurin Pernille Fischer Christensen zeichnet darin einige wenige Jahre im Leben der jungen Astrid nach: angefangen beim blitzgescheiten, unangepassten Teenager über die junge Volontärin beim Lokalblatt bis hin zur alleinerziehenden Mutter und Sekretärin im "Königlichen Automobil-Club" in Stockholm.
    Alba August spielt Astrid Lindgren. Und wäre sie nicht ohnehin in dieser Berlinale-Woche zum "European Shooting Star" ernannt worden, hätte man diese Auszeichnung eigens für sie erfinden müssen. Denn Alba August gibt der jungen Astrid alles, was sie braucht: Trotz und Unbekümmertheit, Ehrgeiz, Liebe, Verzweiflung und Durchhaltevermögen.
    Übernächtigt am Schreibtisch
    Letzteres benötigt das Filmpublikum nicht. Denn schneller als einem lieb ist, sind die 123 Minuten vorbei. Kurz vor dem Ende sehen wir, wie die alleinerziehende Astrid am helllichten Tag auf ihrem Bürostuhl einnickt. Sie hat sich schon wieder eine Nacht um die Ohren schlagen müssen, weil ihr kleiner Sohn Lasse seit Tagen von einem heftigen Husten gequält wird. Sie solle sofort das Büro verlassen, sagt ihr Chef. "Aber Sie können mir doch deswegen nicht kündigen!", klagt die fassungslose Sekretärin. "Sie gehen jetzt sofort nach Hause und kommen erst wieder, wenn Ihr Kind wieder gesund ist", konkretisiert daraufhin der Büroleiter.
    Im Saal ist ein kollektives Aufatmen zu hören. Und ein einzelnes, aber deutliches vernehmbares Johlen samt Händeklatschen. Da scheint sich eine Berliner Mutter aus dem 21. Jahrhundert genau solch einen Chef zu wünschen, wie ihn Astrid Lindgren bereits im Jahr 1930 in Stockholm hatte.