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Bayern
Barrierenabbau an der Uni Würzburg

Die Universität Würzburg kann sich jetzt als erste bayerische Uni mit dem Siegel "Bayern Barrierefrei" schmücken. Das Siegel hat die Landesregierung eingeführt, um die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum voranzutreiben. Auch wenn es nur eine Art freiwillige Selbstverpflichtung ist, sind Studierende in Würzburg zufrieden.

Von Max Muth | 11.03.2016
    Flaggen mit dem Schriftzug "Universität Würzburg" wehen im Wind.
    Die Universität Würzburg kann sich mit dem Siegel "Bayern Barrierefrei" schmücken. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
    Kopfsteinpflaster, Hügel, Baustellen und mittendurch der Main. Würzburg selbst ist schon mal nicht sonderlich barrierefrei. Und der Weg hinauf zum großen Campus am Hubland der Julius-Maximilians-Universität auch nicht.
    Trotzdem hat die Uni Würzburg jetzt ein Siegel überreicht bekommen, oder wie es die bayerische Staatsregierung lieber nennt, ein "Signet". "Bayern Barrierefrei" heißt das und es signalisiert, dass sich der ausgezeichnete Ort um Inklusion bemüht. Eine Jury gibt es für das Siegel aber keine, wer sich bewirbt, der bekommt es auch. Es ist eher eine Art freiwillige Selbstverpflichtung.
    "Ich hab gelesen, dass der FC Bayern das von Sozialministerin Müller überreicht bekommen hat für die Allianz-Arena und dann hab ich nachgelesen, was das ist und hab gedacht: 'Ja, das haben wir verdient.'"
    Studienbegleitende Beratung wichtig
    Als Behindertenbeauftragte ist Sandra Mölter da natürlich befangen, deshalb hören wir uns unter den Studierenden um. Die 47-jährige Angela Schmitz ist auf den Rollstuhl angewiesen und macht in Würzburg gerade ihren Master in Ägyptologie.
    "Mir wurde immer geholfen, zum Beispiel bei den Dozenten für Geschichte. Die sind auf einer Zwischenebene - da komme ich nicht hin. Die kommen dann runter und wir suchen uns einen Raum. Das ist sehr gut hier."
    Die Leiterin der Beratungsstelle Mölter findet allem die studienbegleitende Beratung wichtig. Von der Erstsemesterveranstaltung bis zum Abschluss. Tatsächlich, sagt Mölter, sind nur die wenigsten derer, die auf Hilfe angewiesen sind, körperlich eingeschränkt wie Angela Schmitz.
    In einer Befragung des Studentenwerks vor ein paar Jahren gaben über 40 Prozent aller Studierenden an, eine Behinderung zu haben. Auch körperliche - die meisten haben aber psychische Probleme. Und für alle versucht Sandra Mölter Barrieren abzubauen - so gut es geht. Bei Rollstuhlfahrern wie Angela Schmitz bedeutet das häufig: bauliche Maßnahmen, aber auch Absprachen und Mitarbeiter, die Rücksicht nehmen. Zum Beispiel in ihrem Institut:
    "Wir haben einen einzigen Aufzug. Wenn der kaputt ist, hab ich natürlich verloren - das ist einfach so. Aber ansonsten … wenn eine Wartung ansteht, dann reden wir halt und schauen, wie es am besten passt."
    Egal ob körperliche oder psychische Behinderungen
    Rücksichtnahme, das ist laut Sandra Mölter von der Beratungsstelle das Wichtigste, egal, ob es um körperliche Behinderungen geht oder psychische.
    "Wir haben zum Beispiel Studierende mit Angststörungen, die nicht in der Lage sind, eine Klausur in einem Hörsaal zu schreiben, wo vierhundert Leute sitzen." Diese Studenten können in Würzburg ihre Klausuren in separaten Räumen schreiben. So auch Maximilian Gräfe.
    Gräfe studiert im achten Semester Griechisch und Latein auf Lehramt.
    "Autismus-Spektrum ist der Überbegriff. Ich hab das Asperger-Syndrom - das ist noch die leichtere Variante. Kana Autismus ist noch einmal ein bisschen krasser, aber Asperger ist auch schon nicht ohne…"
    Zusätzlich zu Asperger leidet Maximilian Gräfe noch an ADHS. Die Aufmerksamkeitsstörung hat er mit Medikamenten wie Ritalin allerdings ganz gut im Griff. "Aber gegen Abend werden sie schwächer und dann managt Frau Mölter, dass ich die Klausuren früher schreiben kann."
    Gräfe hat seine Entscheidung in Würzburg zu studieren nie bereut. Auch für die Ägyptologin Angela Schmitz ist die Uni-Stadt am Main ein Positivbeispiel:
    "Allein die Informationen online sind mega Gold wert."
    Lob auch für die Würzburger
    In Würzburg fühlt sie sich mit ihren Bedürfnissen ernst genommen, anders als sie es an anderen Unis erlebt hat.
    "In Erlangen, da wusste der Behindertenbeauftragte nicht, ob die Fakultät rollstuhlgerecht ist. Das hätte ich das für ihn rausfinden sollen."
    Angela Schmitz kann auch die Stadt Würzburg trotz ihrer Topografie uneingeschränkt empfehlen. Und zwar nicht nur die Uni, auch die Stadtbewohner erlebt sie als aufgeschlossen und extrem hilfsbereit:
    "Wenn wir nicht von den Busfahrern sprechen – zum Beispiel wenn ich in einen Tabakladen nicht reinkomme, da wird dann eben ein Türgeschäft abgeschlossen."