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NRW-Regierung
Der Landeschef als Medienminister

Inhaltlich ist bei der schwarz-gelben NRW-Regierung in Sachen Medienpolitik bisher kaum etwas passiert. Personell dagegen schon. Der zuerst berufene Medienminister stand unter starker Kritik, weil er Miteigentümer eines der größten Verlage Deutschlands ist. Nach seiner Abberufung sind die Kritiker aber immer noch nicht so richtig zufrieden.

Von Vivien Leue | 26.09.2017
    Der Leiter der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski, steht links neben seinem Chef, dem NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet.
    Diese beiden Männer sind für die NRW-Medienpolitik zuständig: Staatskanzleichef Nathanael Liminski und Ministerpräsident Armin Laschet. (dpa/Rolf Vennenbernd)
    "Der Miteigentümer des größten Medienunternehmens in Nordrhein-Westfalen kann und darf nicht die Medienpolitik in diesem Land verantworten."
    Mitte September im Düsseldorfer Landtag. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Norbert Römer, rechnet mit der schwarz-gelben Landesregierung ab.
    "Sie, Herr Ministerpräsident, werden zu erklären haben, wie Sie Ihren Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten von allen Beratungen und Entscheidungen fernhalten, die Auswirkungen auf seinen Medienbesitz und sein Vermögen haben."
    Statt Medienressort jetzt Europa- und Bundesangelegenheiten
    Dieser Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten heißt Stephan Holthoff-Pförtner - und er ist in der bisher kurzen Amtszeit von Ministerpräsident Armin Laschet schon einige Male in die Kritik geraten. Allerdings nicht für das, was er tut, sondern für das, was er hat: Anteile nämlich an einem der größten Medienhäuser des Landes. 17 Prozent hält er an der Funke-Mediengruppe, die Anteile sollen einen Wert von 250 Millionen Euro haben.
    Wegen seiner medienpolitischen Expertise hatte ihm Ministerpräsident Laschet das Medienressort anvertraut. Das gab Holthoff-Pförtner allerdings jetzt wieder ab. Der Druck wegen möglicher Interessenskonflikte war zu groß geworden.
    Interessenskonflikte weiterhin möglich
    Der Chef des Deutschen Journalisten-Verbands in Nordrhein-Westfalen, Volkmar Kah, begrüßt diesen Schritt, merkt aber an, dass die Konflikte damit nicht vollständig gelöst sind:
    "Man muss zur Kenntnis nehmen, dass viele medienpolitische Entscheidungen heute auf der europäischen Ebene fallen. Und dafür ist Herr Holthoff-Pförtner immer noch zuständig."
    Außerdem - merkt der medienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Alexander Vogt, an: "sitzt Herr Holthoff-Pförtner weiter mit am Kabinettstisch und üblicherweise werden alle Gesetze im Kabinett, also in der Gruppe der Minister beraten."
    Ob es deshalb doch noch zu Interessenskonflikten komme, werde sich zeigen.
    Medienpolitik ist jetzt Chefsache
    Armin Laschet hat die Medienpolitik im Land mittlerweile zur Chefsache gemacht. Sein Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Nathanael Liminski, soll sich um die damit verbundenen Aufgaben kümmern. Zur Frage nach möglichen Einflussnahmen durch den Verleger und Minister Holthoff-Pförtner sagt Liminski:
    "Ich glaube, der Ministerpräsident weiß sich gut beraten, wenn er die verschiedenen Perspektiven auf die Medienpolitik in seine Entscheidungsfindung einbindet. Und wenn dazu auch die Perspektive von Verlegern gehört, dann passt das zu unserem Medienstandort Nordrhein-Westfalen."
    Letztlich treffe Laschet, der selbst gelernter Journalist ist, medienpolitische Entscheidungen aber eigenverantwortlich.
    Allerdings stellt sich die Frage: Hat ein Ministerpräsident, der neben seinen Aufgaben als Regierungschef und Landesvater nicht nur das Medien-, sondern auch das Sportressort mit verantwortet, ausreichend Zeit, sich um die anstehenden Themen - wie eine Novellierung des WDR-Gesetzes oder die Neuordnung der Filmförderung - zu kümmern?
    Noch auf der Suche nach dem roten Faden in Sachen Medienpolitik
    Die Opposition fürchtet, dass die Medienpolitik in NRW künftig zu kurz kommen könnte. Der Deutsche Journalisten-Verband teilt diese Sorge bisher nicht, vor allem, weil das Medienressort auch in mehreren anderen Bundesländern in der Staatskanzlei angesiedelt sei - und zwar größtenteils erfolgreich. Allerdings hat der DJV das Gefühl, dass die neue Landesregierung ihren roten Faden in Sachen Medienpolitik noch nicht gefunden hat:
    "Wir müssen gucken, was jetzt kommt. Ich glaube, dass sich da die Landesregierung auch noch ein bisschen sammelt."
    Der Chef der Staatskanzlei, Liminski, weiß zumindest, wo er und sein Chef, Ministerpräsident Laschet, hinwollen:
    "Wir sind in allen Bereichen ein Land, was extrem viel einbringen kann in die medienpolitische Debatte. Das betrifft den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit einem starken WDR, das betrifft die Filmbranche - ein Drittel der deutschen Fernsehminuten wird in NRW produziert. Wir sind Standort vieler großer deutscher Fernsehsender und wir wollen die gesamte Bandbreite der Medienpolitik, also sowohl den Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch das Verlagswesen als auch die Filmproduktion, an die Spitze der deutschen Länder führen."
    Es gibt auch schon Ideen, wie die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW das erreichen will. So sucht sie zum Beispiel im Bereich der Filmförderung nach Partnern und verspricht der Branche finanzielle Unterstützung.
    Spätestens bis Mai 2018 muss die Landesregierung dann auch das erste Mal wirklich liefern, denn bis dahin müssen das Landesmediengesetz, das Landespressegesetz und das WDR-Gesetz erneuert werden. Hintergrund ist die EU-Datenschutz-Grundverordnung - womit sich der Kreis zur Kritik der Opposition wieder schließt, kommentiert auch der Chef des Journalisten-Verbands, Volkmar Kah:
    "Da zeigt wieder, wie sehr Europa Einfluss auf die Medienpolitik nimmt."