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NSA-Affäre
Berlin will keine Vernehmung Snowdens

Die Opposition wollte den früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden für eine Aussage nach Deutschland holen. Daraus wird wohl nichts. In einer Stellungnahme für den NSA-Ausschuss lehnt die Bundesregierung eine Befragung des Whistleblowers in Deutschland ab. Begründet wird dies mit einer Gefährdung des Staatswohles.

30.04.2014
    Edward Snowden spricht im März 2014 in einer Videokonferenz in Austin, Texas
    Edward Snowden spricht im März 2014 in einer Videokonferenz in Austin, Texas (AFP / Michael Buckner)
    Der NSA-Untersuchungsausschuss hatte die Bundesregierung bis zu diesem Freitag um eine Stellungnahme gebeten, ob und unter welchen Umständen eine Vernehmung des US-Geheimdienstenthüllers möglich wäre. Mehrere Medien berichteten heute vorab, die Regierung sei bei der Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass Edward Snowden, der vorübergehend in Russland Asyl hat, aus politischen und rechtlichen Gründen nicht nach Deutschland einreisen könne.
    Im vergangenen Sommer war bekanntgeworden, dass der US-Geheimdienst NSA und andere ausländische Nachrichtendienste im großen Stil deutsche Daten abgeschöpft haben. Snowden hatte geheime Dokumente der National Security Agency (NSA) an Journalisten übergeben und die Affäre damit ins Rollen gebracht. Die USA suchen ihn per Haftbefehl.
    Interessen der Bundesrepublik gefährdet
    Der Ausschuss soll die Vorgänge nun aufarbeiten. Die Opposition will Snowden für eine Aussage nach Deutschland holen. Die Bundesregierung hatte das bisher immer zurückgewiesen. In dem Gutachten legt sie nun eine längere Begründung dafür vor.
    Die Regierung argumentiert laut "Bild am Sonntag", die USA seien ein Rechtsstaat, es gebe dort einen gültigen Haftbefehl gegen Snowden, zudem bestehe ein Auslieferungsabkommen mit den Amerikanern. Auch Schutz durch Asyl komme für Snowden nicht infrage, weil der Amerikaner juristisch betrachtet kein politisch Verfolgter sei, sondern ein Straftäter.
    NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" berichteten, in dem 27-seitigen Entwurf für die Stellungnahme heiße es, eine Vernehmung Snowdens in Deutschland würde die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik erheblich gefährden. Es wäre "sehr wahrscheinlich mit schweren und dauerhaften Belastungen des Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu rechnen". Zu befürchten sei auch, dass die USA die nachrichtendienstliche Kooperation mit Deutschland "zumindest vorübergehend" einschränken könnten. Vor diesem Hintergrund müsse das Interesse des Ausschusses hinter das Staatswohl treten. Eine Vernehmung Snowdens in seinem russischen Asyl halte die Regierung dagegen für möglich.
    Vernehmung vertagt
    Am Freitag ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Besuch in den USA. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen haben durch die NSA-Affäre sehr gelitten. SPD und Union hatten mit ihren Stimmen im Untersuchungsausschuss dafür gesorgt, dass die Entscheidung über eine Snowden-Vernehmung bis nach dem USA-Besuch der Kanzlerin vertagt wurde.
    Hans-Christian Ströbele, der für die Grünen in dem Gremium sitzt, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Stellungnahme, die Regierung wolle wohl bezwecken, dass US-Präsident "Barack Obama nicht schimpft, wenn die Kanzlerin ihn besucht". Ströbele kündigte an, in der nächsten Ausschusssitzung am 8. Mai den Antrag auf eine Snowden-Vernehmung in Berlin zur Abstimmung zu stellen. Danach sei die Regierung gefordert, dies möglich zu machen. "Wenn sich die Bundesregierung verweigert, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen."
    (pg/ach)