Donnerstag, 18. April 2024

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NSA-Affäre
"Irreführung mit System"

Vertuschen, schweigen, lügen: Die Opposition hat der Bundesregierung schwere Verfehlungen bei der Aufklärung der NSA-Affäre vorgeworfen. Die Kanzlerin sitze die Probleme aus und schweige, sagte Linken-Politiker Jan Korte. Auch die SPD und ihr Chef Sigmar Gabriel kamen nicht gut weg.

21.05.2015
    Abhöranlagen des BND in Bad Aibling
    Die Opposition hat der Bundesregierung schwere Verfehlungen bei der Aufklärung der NSA-Affäre vorgeworfen. (imago stock & people)
    "Es wird weiter vertuscht, geschwiegen, und im Übrigen auch gelogen", sagte Jan Korte in einer "Aktuellen Stunde" des Bundestags zum Thema NSA-Affäre. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "sitzt und schweigt wie in den bleiernen Helmut-Kohl-Zeiten". Er forderte die Regierung auf, Staatsverantwortung zu übernehmen. Deutliche Worte fand der Linken-Politiker auch für das Agieren der Sozialdemokraten in der Geheimdienstaffäre. "Es war alles Taktik und Theater", sagte der Linken-Innenexperte. SPD-Chef Sigmar Gabriel habe "drei helle Tage" gehabt, als er das Kanzleramt zur Aufklärung gedrängt habe. Korte warf der SPD, die nun wieder "rückgratlos" agiere, mangelnde Standhaftigkeit in der Affäre vor.
    "Schleichendes Gift für Rechtsstaat"
    Der Innenexperte war nicht der Einzige, der deutlich wurde. Grünen-Politiker Konstantin von Notz bezeichnete die Überwachung "als ein schleichendes Gift für einen demokratischen Rechtsstaat". Die Regierung habe sich nicht gekümmert, nicht nachgefragt und nicht geprüft. Die Irreführung habe System. "Die Affäre ist auch das Versagen von Frau Merkel", sagte der Grünen-Politiker. Diese schade dem Ansehen Deutschlands in der Welt. Mit Blick auf das No-Spy-Abkommen warf er der Kanzlerin und dem damaligen Chef des Kanzleramts, Roland Pofalla, eine Manipulation des Wahlkampfs vor. Die Bundesregierung hatte vor der Bundestagswahl 2013 damit geworben, dass die US-Regierung ein solches Abkommen angeboten hätte. Doch Dokumente zeigten, dass es offenbar nie eine feste Zusage der Amerikaner zum Verzicht auf gegenseitige Spionage gegeben hat.
    Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) wies die Vorwürfe zurück. Es gehe hier um die innere und äußere Sicherheit des Staates, betonte er. Eine hundertprozentige Transparenz könne es bei Geheimdiensten niemals geben. Er erklärte sich aber zu weiteren Verbesserungen bei der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste bereit.
    BND-Präsident Gerhard Schindler vor U-Ausschuss
    Zuvor waren Linke und Grüne im NSA-Untersuchungsausschuss mit dem Versuch gescheitert, dem Kanzleramt eine Frist im Streit um die Liste der sogenannten Selektoren zu setzen. Bis zum 1. Juni hätte sich die Regierung demnach schriftlich erklären sollen, ob und unter welchen Umständen sie dem Ausschuss Einblick in die Geheimdokumente gewähren wolle. Union und SPD verhinderten diesen Beschluss.
    Am späten Nachmittag wollte der Ausschuss BND-Präsident Gerhard Schindler als Zeugen vernehmen. Die Abgeordneten erhofften sich von Schindler Aufschluss über die Frage, ab wann die Behördenleitung darüber informiert war, dass der US-Dienst NSA dem Bundesnachrichtendienst (BND) Listen mit heiklen Spionagezielen geliefert hat. Auch soll geklärt werden, wann und wie der BND das Bundeskanzleramt über die Vorgänge informierte.