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NSA-Affäre
Wirbel um Snowden-Befragung

Die Kanzlerin ist in den USA - und die deutsche Politik debattiert kontrovers darüber, ob Edward Snowden vom NSA-Untersuchungsausschuss befragt wird - und wo. Hinzu kommt ein brisantes US-Gutachten zu dem Sachverhalt.

02.05.2014
    Snowden-Plakate in Köln, 2014
    Snowden-Plakate in Köln, 2014 (picture-alliance / dpa / Henning Kaiser)
    Das Papier ist nach einem Bericht von "Spiegel Online" 12 Seiten lang und wurde von der Kanzlei "Rubin, Winston, Diercks, Harris & Cooke" verfasst. Darin heißt es klipp und klar: Wenn die Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses tatsächlich Edward Snowden befragen (und zwar egal wo), machen sie sich womöglich strafbar. Das Gutachten soll in eine Stellungnahme der Bundesregierung einfließen, über die zuerst NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatten. Darin lehnt die Regierung eine Befragung Snowdens ab, weil sie schwere und dauerhafte Belastungen für das deutsch-amerikanische Verhältnis befürchtet.
    Das neue Gutachten stützt diese These: Demnach gilt es als "kriminelle Verabredung", wenn nur vereinbart wird, Snowden zu befragen. Strafbar sei es dann womöglich auch, wenn Snowden veranlasst werde, geheime Informationen preiszugeben. Zudem könnten die deutschen Abgeordneten, die Snowden befragten, womöglich bei einer Einreise in die USA inhaftiert werden. Der Grünen-Politiker Christian Ströbele zeigte sich verärgert über das Gutachten. Im ZDF sagte er, jetzt wolle man wohl die Aufklärer kriminalisieren. Dazu twitterte er:
    Bundesregierung hat mitGutachten Kanzlerin Persilschein für die USA-Reise mitgegeben, damit Obama nicht schimpft.— Christian Ströbele (@MdB_Stroebele) 30. April 2014
    Linke: Befragung in Moskau der falsche Weg
    Für die Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss - Martina Renner - steht fest: Dieses Gutachten soll Druck auf die Parlamentarier ausüben und eine Drohkulisse aufbauen. Im Deutschlandfunk sagte sie aber zugleich, man lasse sich nicht abschrecken.
    Renner stellte klar, dass sie eine Befragung Snowdens in Moskau oder per Videoschalte ablehnt. Der Grund: Snowden könne in Russland wegen seiner Asyl-Auflagen gar nicht frei aussagen. Zudem sei rechtlich festgelegt, dass der Untersuchungsausschuss öffentlich und in Berlin arbeite. Und schließlich wolle sie selbst als Abgeordnete nicht in einem Land eine Befragung durchführen, das seinerseits die Grundrechte missachte - nämlich Russland.
    Linken-Obfrau Martina Renner
    Linken-Obfrau Martina Renner (dpa / Daniel Naupold)
    Die Debatte, ob und wo Snowden vernommen werden könnte, hat inzwischen viele Politiker auf den Plan gerufen. Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) kann sich - anders als Martina Renner - vorstellen, Snowden in Russland zu befragen. Er sagte der Zeitung "Die Welt", man müsse prüfen, ob das möglich sei - ohne dass der Geheimdienst den Wahrheitsgehalt der Aussage beeinflusse. Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich betonte in der "Berliner Zeitung" ebenfalls, der Wert von Snowdens Aussage werde nicht geschmälert, wenn er in Russland befragt werde.
    Ungehalten gab sich Kanzleramtschef Peter Altmaier. Er nannte es im RBB-Hörfunk eine Unterstellung, wenn in den Medien berichtet werde, dass die Regierung eine Befragung des Informanten ablehne, um das Verhältnis zu den USA nicht zu belasten. Vielmehr gebe es mehrere Möglichkeiten, wie man mit Snowden sprechen könne - und eine Entscheidung über die "Modalitäten" sei noch nicht gefallen.
    Die Grünen haben bereits angekündigt, Snowdens Befragung notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht zu erzwingen. Gemeinsam mit der Linken wollen sie zunächst am kommenden Donnerstag im Untersuchungsausschuss den Beweisantrag stellen, um Snowden zu vernehmen.
    Dann wird sich zeigen, ob die Regierung bei ihrer Stellungnahme - gestützt durch das US-Gutachten - bleibt und nein sagt. Auf der US-Reise der Bundeskanzlerin dürfte zwar das Thema Ukraine ganz oben stehen. Daneben aber geht es sicherlich auch darum, das wegen der NSA-Affäre angespannte Verhältnis wieder zu verbessern - da käme eine deutsche Zustimmung zur Befragung von Snowden sicherlich ungelegen.
    Aber auch die USA haben etwas zu kitten: Schließlich war die Kanzlerin selbst von der NSA-Affäre betroffen, wurde doch ihr Mobiltelefon bis 2013 abgehört. Sicher ist aber: Ein "No-Spy-Abkommen", wie von Deutschland angestrebt, wird es nicht geben. Damit wäre die gegenseitige Spionage ausgeschlossen worden. Die USA waren dazu aber nicht bereit.