Dienstag, 16. April 2024

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Trump entlässt FBI-Chef
Erklärungsversuche und Fassungslosigkeit

Die Nachricht kam völlig überraschend und traf das politische Washington wie ein Blitzschlag: Knapp eine Woche (*) nach der jüngsten Vernehmung von James Comey im Ermittlungsausschuss des Senats, in dem er zu den Russland-Verbindungen von Donald Trump und seinem Team befragt wurde, kam das Entlassungsschreiben für den FBI-Chef aus dem Weißen Haus.

Von Thilo Kößler | 10.05.2017
    FBI-Direktor James Comey bei seiner Anhörung im US-Senat Anfang Mai 2017.
    FBI-Direktor James Comey bei seiner Anhörung im US-Senat Anfang Mai 2017. (AFP / Jim Watson)
    Fassungslos bemerkte Justizreporter Jeffrey Toobin in CNN: Dass der Ermittler von demjenigen entlassen werde, gegen den ermittelt wird, entbehre jeder Grundlage und sei bis dato in den USA unvorstellbar gewesen.
    Fassungslos reagierte auch der demokratische Senator Richard Blumenthal, der von einem eklatanten Machtmissbrauch des Präsidenten sprach, falls dieser von den Ermittlungen gegen ihn Kenntnis hatte.
    Tatsächlich war es Richard Blumenthal selbst gewesen, der James Comey im Senatsausschuss gefragt hatte, ob das FBI seine Untersuchungen auch auf den Präsidenten persönlich ausgedehnt habe. Comey wand sich – und sagte schließlich: Darauf könne er keine klare Antwort geben.
    Entlassung weil Trump im Fokus der Russland-Ermittlungen steht?
    Vielleicht war es just dieser mehr oder weniger versteckte öffentliche Hinweis, dass er als Präsident selbst nun im Fokus der Russland-Ermittlungen steht, der Donald Trump zur Demission Comeys veranlasste. Darauf nahm er in dem Entlassungsschreiben auch Bezug: Comey habe ihm drei Mal persönlich versichert, dass nicht persönlich gegen ihn ermittelt werde – gleichwohl stimme er mit dem Justizministerium überein, dass Comey nicht mehr in der Lage sei, das FBI effektiv zu führen.
    Hillary Clinton vor der US-Flagge.
    Hillary Clinton: wieder im Angriffsmodus. (Brendan Smialowski / AFP)
    Justizminister Sessions und der stellvertretende Generalbundesanwalt Rod Rosenstein hatten Trump dringend zu der Entlassung Comeys geraten – allerdings mit einer gänzlich anderen Begründung: nämlich mit Comeys fragwürdigem Verhalten in der E-Mail-Affäre Hillary Clintons. Comey hatte die Untersuchung gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin während des Wahlkampfs erst eingestellt, aber wenige Tage vor der Wahl wieder aufgenommen – ein Umstand, der Trump zugutekam und Hillary Clinton nach eigenem Bekunden um ihren Wahlsieg brachte. Die Demokraten halten diese Begründung folglich für einen allzu durchsichtigen Vorwand, um von dem tatsächlichen Entlassungsgrund abzulenken: Dass Trump sich des FBI-Chefs entledigen wollte, weil er ihm immer gefährlicher wird.
    Zieht eine Verfassungskrise heran?
    Die Demokraten sprechen von einem Vertuschungsmanöver und einer drohenden Verfassungskrise. Die Luft auf dem Kapitol sei so rauchgeschwängert, dass man gar nicht mehr feststellen könne, wie groß das Feuer wirklich sei, sagte der demokratische Senator Mark Warner.
    Nur zwei Stunden nach der Entlassung des FBI Chefs wandte sich der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, mit besorgter Miene an die Öffentlichkeit. Er forderte die Bestellung eines unabhängigen Sonderermittlers, der unter keinen Umständen aus dem politischen Umfeld des Präsidenten kommen dürfe, sagte er.
    Auch wenn die Demokraten sich noch so entschlossen für eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen – sie wird nur mithilfe der Republikaner zustande kommen können. Ob sie allerdings zu derselben krisenhaften Einschätzung wie die Demokraten kommen, bleibt abzuwarten. Heute empfängt Donald Trump pikanterweise ausgerechnet Russlands Außenminister Lawrow.
    (*) Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version wurde ein falscher Zeitpunkt der Anhörung von FBI-Chef Comey genannt.