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Nur noch eine Minderheit

In den nächsten Jahren wird sich die Zahl der Magister-Studenten in Deutschland immer mehr Richtung Null bewegen. Durch die Umstellung von Bachelor und Master fühlen sich viele aber schon jetzt nicht mehr genug beachtet.

Von Conny Raupold | 22.01.2010
    Alle reden über Bachelor und Master, die große Umstellung an den deutschen Hochschulen. Ist das jetzt zu machen mit dem verschulten Studium oder nicht? Was muss in welcher Form nachgebessert werden? Kaum einer aber redet noch über die alten Studiengänge. Es gibt sie aber noch, die Magistranden an deutschen Unis. Und viele von ihnen fühlen sich vernachlässigt und ungerecht behandelt, weil alle sich nur noch um die "neuen” Studiengänge kümmern. Unter ihnen eine 26-jährige Studentin. (Anmerkung der Redaktion: der Name wurde auf Wunsch der Interviewpartnerin anonymisiert.)
    "Für uns Magistranden haben die endgültigen Prüfungstermine jetzt auf jeden Fall so ein Enddatum. Also ich kenn auch jemanden, der eigentlich auf Magister studiert hat, aber gezwungen wurde, jetzt die Zwischenprüfung zu machen. Und der war einfach noch nicht so weit und hat sich entschieden, freiwillig auf Bachelor umzusteigen, was eigentlich ne ziemliche Sauerei ist."

    Die junge Frau studiert Kunstgeschichte an der Uni Köln - auf Magister. Sie spürt, genau wie viele Kommilitonen, deutlich, dass dieser Studienabschluss schon bald Geschichte sein wird. Wann genau, ist von Uni zu Uni unterschiedlich. In Köln konnten sich die Studierenden jetzt zum letzten Mal zur Magister-Zwischenprüfung anmelden. Die jetzt festgelegten, endgültigen Fristen und der dadurch entstehende Zeitdruck sind das größte Problem der Studentinnen und Studenten in diesem Studiengang, sagt Merih Ates, Bildungsreferent des ASTA Köln

    "Die Fristen, in denen die Studenten fertig werden müssen mit ihrem Studium, sind relativ kurz, sodass sie Druck haben, schnell fertig zu werden. Das ist aber auch nicht so einfach. Es gibt einige Hindernisse wie zum Beispiel wenige Seminarplätze, die dafür sorgen, dass die Leute nicht in der Zeit fertig werden können.”

    Rund 80.000 Studierende bundesweit müssen sich jetzt nach den letzten Fristen für Magister-Prüfungen richten, wenn Sie ihr Studium zu Ende bringen wollen. Das sind etwa vier Prozent aller Studentinnen und Studenten. Gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden macht die der Magistranden tatsächlich nur noch einen geringen Teil aus - Tendenz sinkend. Auch an der Uni Köln. Pressesprecher Patrick Honecker:

    "Der Anteil derjenigen, die jetzt noch auf Magister studieren, ist im Vergleich zu denjenigen, die auf Bachelor/Master studieren, erheblich kleiner. Wir gehen davon aus, dass wir spätestens in fünf Jahren keinen Magister-Studierenden hier mehr haben werden. Eigentlich sollte es noch schneller sein, aber man kann mit einigen Härten rechnen und die werden dann noch nachgeprüft."

    Soll heißen: Ist ein Student beispielsweise krank und kann die letzte Magister-Prüfung nicht antreten, so wird er auch nach dem letzten Termin noch die Möglichkeit bekommen, sein Studium zu beenden. Der Kölner ASTA-Sprecher, Merih Ates, fordert aber, allen Magister-Studenten entgegen zu kommen, damit sie ihr Studium entspannt beenden können - nicht nur denen in Ausnahmesituationen

    "Ein anderes Problem ist, dass für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge die Veranstaltungen überschneidungsfrei gelegt werden, aber die Magister-Studiengänge werden dabei nicht berücksichtigt, sodass die Probleme haben, dass Veranstaltungen sich überschneiden und sie nicht beides belegen können."

    Die Umstellung sei für Studierende und Lehrpersonal gleichermaßen schwierig, heißt es von der Uni. Aber bei Veränderungen in dieser Größenordnung sei es einfach nicht möglich, den neuen und den alten Studiengängen gleichermaßen Aufmerksamkeit zu schenken. Die Magister-Studiengänge seien aber durchaus noch studierbar, erklärt Patrick Honecker

    "Wir haben jetzt sehr viel engere Studiengänge, sehr stärker auch durchstrukturierte Studiengänge, als das beim Magister üblich war. Nichtsdestotrotz kann ich natürlich auch als Magister-Student weiterhin Seminare belegen und meine Punkte machen. Von daher wird keiner, der jetzt auf Magister studiert, nicht in der Lage sein, hinterher sein Studium zu beenden."

    Zufriedenstellen kann das die Magisterstudenten kaum. Sie haben viele Kritikpunkte. Ein weiterer ist die Benachteiligung in den Seminaren. Die meisten Veranstaltungen seien nur noch auf die neuen Studiengänge ausgelegt, erzählt Jonas Henser. Der 25-Jährige studiert Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in Köln

    "Die Anforderungen für Magister-Studenten sind meistens was die Anwesenheit angeht, wesentlich niedriger und was die schriftliche Arbeit angeht wesentlich höher. Die Betreuung bei der schriftlichen Arbeit nimmt aber rapide ab, weil man eigentlich nur noch über Anwesenheit Leistung kontrolliert. Aber wenn man mich weiter mit der geringen und nicht mit gar keiner Beachtung behandelt, bin ich ganz glücklich. Man ist ja als Magistrant gewöhnt, selbstständig zu denken und zu arbeiten."

    In den nächsten Jahren wird sich die Zahl der Magister-Studenten in Deutschland immer mehr Richtung Null bewegen. Durch die Umstellung von Bachelor und Master fühlen sich viele aber schon jetzt nicht mehr genug beachtet.