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Nutztierhaltung
Kritik an Klöckners Tierwohllabel

Verbraucher wüssten gern, ob ihre Lebensmittel aus artgerechter Tierhaltung stammen. Es gibt diverse Labels, aber noch kein staatliches mit einheitlichen Standards. Heute hat Bundesagrarministerin Julia Klöckner ihre konkreten Pläne vorgestellt. Bei Tierschützern stoßen sie auf Kritik.

Von Vera Wolfskämpf | 06.02.2019
    Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bei der Vorstellung der Kriterien für das staatliche Tierwohlkennzeichen im Februar
    Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bei der Vorstellung der Kriterien für das staatliche Tierwohlkennzeichen im Februar (Britta Pedersen/dpa-ZB)
    Tierwohl – für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist das nicht irgendeine Aufgabe.
    "Unsere drei Hauptthemen: Tierwohl, Ernährungsbildung, Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft."
    Das Tierwohl nannte die CDU-Politikerin bei ihrem Amtsantritt vor knapp einem Jahr zuallererst. Heute nun stellt sie das staatliche Tierwohllabel vor. Klar ist schon: Es ist freiwillig und es soll auf den Produkten kleben, bei denen Hersteller besonders auf Tierschutz achten. So kündigte Julia Klöckner im Januar an:
    "Sie kriegen ja auch keine Belobigung, wenn Sie an der roten Ampel halten. Deshalb werden wir wie beim Biosiegel auch alles, was über dem staatlichen Niveau ist – was auch mehr kostet, aber wo mehr Tierwohl drinsteckt – das werden wir kennzeichnen. Das ist ein Wettbewerbsvorteil, damit kann man werben – als Handel, aber auch als Tierhalter."
    Diskussionen schon unter Vorvorgängerin Ilse Aigner
    Seit Jahren warten Verbraucher und Tierschützer auf das Tierwohllabel. Schon Klöckners Vorvorgängerin Ilse Aigner hat darüber diskutiert – und die Verantwortung auf die EU geschoben, die solle ein einheitliches europäisches Siegel entwickeln. Dann kündigte Agrarminister Christian Schmidt vor zwei Jahren vollmundig ein nationales Tierwohllabel an, scheiterte jedoch an Kriterien und der Umsetzung. Mittlerweile zieren diverse bunte Logos Eier, Fleisch oder Milch: vom Tierschutzbund, von Herstellern oder vom Handel. Was dahintersteckt, ist für den Käufer oft nicht ersichtlich. Auch die "Initiative Tierwohl" von Einzelhändlern und Landwirten hat ein eigenes Label. Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied erklärte schon 2018 auf der Grünen Woche:
    "Wir sind offen für eine Verzahnung, Erweiterung mit einem staatlichen Tierwohllabel, erhoffen uns nunmehr auch im Rahmen der Grünen Woche und danach konkretere Informationen über die Ausgestaltung zu erhalten."
    Doch auch ein Jahr später sollten die Bauern noch nichts Genaues wissen. Julia Klöckner sagte im Januar nur allgemein zu den Kriterien:
    "Es sagt was über Beschäftigung aus, über den Platz, über Außenluft – man darf nur dann labeln, wenn man wirklich über dem gesetzlichen Standard ist, dann kostet's auch mehr, aber der Verbraucher hat eine klare Orientierung wie beim Biosiegel auch."
    Kriterien erstmal nur für Schweine
    Kükenschreddern, Ringelschwänze kupieren, Ferkel ohne Betäubung kastrieren – das verhindert ein Tierwohllabel nicht. Aber es zeigt wenigstens, wo sich die Hersteller an höhere Standards halten. Die Kriterien stellt Klöckner allerdings erst einmal nur für Schweine vor, weitere Nutztiere sollen folgen. Tierschützer kritisieren, dass es kein verpflichtendes Label wird. Auch Grünen-Chef Robert Habeck fordert:
    "eine für alle Produkte geltende, nicht auf der Freiwilligkeit beruhende, auf hohem Niveau klassifizierte Regelung, sodass sich niemand entziehen kann, und entsprechend der Kunde ein transparentes System bekommt, wie Tiere gehalten werden."
    Bleibt die Frage, ob sich das für die Hersteller lohnt: mehr Auslauf, bessere Haltungsbedingungen – das kostet mehr. Laut dem aktuellen Ernährungsreport sind 70 Prozent der befragten Verbraucher bereit, für besseren Tierschutz höhere Preise zu zahlen.