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Nutzung von Privatrechnern im Job
Kritik an neuer Dienstanweisung für Lehrkräfte in NRW

Eine neue Dienstanweisung der nordrhein-westfälischen Landesregierung schreibt Lehrkräften vor, dass sie Schülerdaten nur dann auf ihren privaten Rechnern verarbeiten dürfen, wenn sie eine Reihe von Datenschutz-Vorkehrungen treffen. Viele Pädagogen sind empört - sie befürchten im schlimmsten Fall juristische Folgen.

Von Moritz Börner | 11.04.2018
    Eine Frau arbeitet am 05.07.2015 in Stuttgart (Baden-Württemberg) in einem Homeoffice.
    Schularbeiten zu Hause korrigieren: Das könnte bald aufgrund einer neuen Dienstanweisung für Lehrer in NRW der Vergangenheit angehören (dpa / Daniel Naupold)
    Stapelweise Klausuren hat Björn Rützenhoff regelmäßig bei sich zu Hause auf dem Schreibtisch liegen. Der 45-Jährige unterrichtet Chemie und Englisch an einem Berufskolleg in Marl. Bisher war es für ihn normal, auf seinem Privatrechner zu Hause die Noten in Exceltabellen einzutragen. Doch die neue Dienstanweisung der Landesregierung verunsichert ihn. Sie ist so umfangreich, dass Björn Rützenhoff befürchtet, nicht alle Vorgaben einhalten zu können:
    "Dann muss ich tatsächlich wieder zu Stift und Block zurückkehren. Das heißt, ich würde dann Noten, die ich jetzt bei Klausuren und Klassenarbeiten ermittle, nicht mehr auf einer Exceltabelle ermitteln können, sondern tatsächlich wieder wie das früher auch war, mit Stift und Block auf einer Liste mit Papier."
    Um Daten wie Schulnoten zu Hause bearbeiten zu dürfen, brauchten Lehrer schon immer eine Genehmigung. Doch die bisherigen Bestimmungen stammten aus der Zeit vor der Jahrtausendwende, also lange bevor es Cloud–Speicherdienste oder soziale Netzwerke gab. Die neue Dienstanweisung regelt jetzt bis ins Detail, was erlaubt ist und was nicht. So müssen die gespeicherten Daten verschlüsselt werden, eine Firewall, ein Virenschutzprogramm und regelmäßige Back-ups sind Pflicht. Die meisten Cloudspeicherdienste dürfen nicht genutzt werden, auch soziale Netzwerke wie WhatsApp sind mit dem Datenschutz kaum vereinbar. So heißt es in der Dienstanweisung:
    "Bei Nutzung von Schnittstellen zu schulischer IT-Infrastruktur, die einen direkten Zugriff digitaler Endgeräte auf personenbezogene Daten aus der Schule erlauben, ist sicherzustellen, dass andere auf dem angebundenen Endgerät installierte Anwendungen keinen Zugriff auf diese Daten haben können. Beispiel: Zugriff von WhatsApp auf das Adressbuch. Im Zweifelsfall ist von der Nutzung der der Anwendung abzusehen."
    Lehrer könnten haftbar gemacht werden
    Sollten Lehrer wie Björn Rützenhoff gegen die Sicherheitsauflagen verstoßen, dann könnten sie haftbar gemacht werden, wenn sensible Daten verloren gehen. Für Rützenhoff sind es deutlich zu viele Auflagen, er will die Dienstanweisung deswegen nicht unterschreiben. Das heißt, in Zukunft wird er seinen Notizblock mit in die Schule nehmen müssen und die Ergebnisse dort in einen PC eingeben:
    "Von diesen Verwaltungsrechnern gibt es nicht so viele, dass jetzt 170 Kollegen da rund um die Uhr eintragen könnten, sondern man müsste man sich das schon aufteilen, vor allem wenn es in Richtung Zeugnisnoten geht.
    Das könnte dann dazu führen, dass entsprechend lange Schlangen entstehen und man dann von diesen Verwaltungsrechnern in diesem Netzwerk mehr Rechner bräuchte."
    Kritik von Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft findet zwar gut, dass die Landesregierung mit der Dienstanweisung den Datenschutz stärkt. Maike Finnern von der GEW kritisiert aber, dass die Landesregierung die Verantwortung für den Datenschutz auf die Lehrer und die Schulen abwälze. Dabei könne die Lösung ganz einfach sein:
    "Wenn man ehrlich ist, kann das Problem Datenschutz nur gelöst werden, wenn es dienstliche Endgeräte gibt oder ausreichend Geräte in der Schule, das geht ja auch. Aber auf jeden Fall muss genügend Geräte geben, dienstliche Geräte, an denen die Kollegen arbeiten können, und die auch entsprechend wirklich gewartet und aktuell gehalten werden."
    Ein Dienst – Notebook für jeden Lehrer, das ist natürlich vor allem eine Frage des Geldes.
    "Da muss man auch überlegen, wer es denn bezahlt, das Land oder die Kommune, Schulträger beziehungsweise Arbeitgeber, das ist alles nicht geklärt."
    NRW-Schulministerium will sich vorerst nicht äußern
    Das NRW–Schulministerium, dass sich unter der schwarz–gelben Landesregierung ja eigentlich die Digitalisierung der Schulen auf die Fahnen geschrieben hat, will sich zur aktuellen Kritik der Lehrer erst einmal nicht äußern. In zwei Wochen gibt es aber ein Treffen mit allen Beteiligten, dann wird auch darüber diskutiert, ob mehr Dienstrechner bezahlbar sind.