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Obama in Berlin
Ein fast geheimer Besuch

Barack Obama und Berlin – das ist eine besondere Beziehung. Zum dritten Mal ist der scheidende US-Präsident zu Gast in der deutschen Hauptstadt. Doch volksnah wie sonst gibt er sich bei diesem Besuch nicht. Viele Berliner und Touristen bedauern das.

Von Daniela Siebert | 17.11.2016
    US-Präsident Barack Obama winkt beim Verlassen der Air Force One am 16. November 2016 auf dem Flughafen Berlin-Tegel.
    Der amerikanische Präsident Barack Obama beim Verlassen der Airforce One auf dem Flughafen Berlin-Tegel am Abend des 16.11.2016 (AFP / Tobias Schwarz)
    Schon gestern waren die Vorboten des Obama-Besuches in der Berliner Innenstadt unübersehbar. In vielen Straßen waren die Gulli-Deckel versiegelt und Mülleimer abmontiert worden. Fahrräder wurden aus Gefahrenzonen entfernt und Straßen gesperrt. Selbst Bahnfahrer waren von den Auswirkungen des hohen Besuchs betroffen. Durchsage auf dem S-Bahn-Steig in der Friedrichstraße am Nachmittag:
    "Bitte beachten Sie: wegen des Staatsbesuches entfällt der Halt der Linien S 1, S 2 und S 25 am am Brandenburger Tor."
    Dass Barack Obama im Luxushotel Adlon gleich daneben absteigen würde, war zu dem Zeitpunkt noch nicht offiziell bestätigt.
    Ortswechsel. Wedding. Das Parkdeck auf dem Dach eines Einkaufszentrum. Ab 17 Uhr versammeln sich hier um die 50 Berliner aller Altersgruppen an der Reling. Von hier hat man einen freien Blick auf die nahe Landepiste des Flughafen Tegel. Es ist schon dunkel, die Wolken hängen tief. Verheißungsvoll leuchten die gelben und roten Lichter, die die Landebahn markieren. Manche sind zum ersten Mal hier, andere regelmäßig.
    - "Ich guck mir gern Flugzeuge an. Wenn die Airforce One hier zu sehen ist, bin ich dabei!"
    - "Weil das mein Lieblingsflugzeug ist und ich es unbedingt sehen will.
    - "Und ist ihnen Obama auch ein bisschen wichtig?"
    - "Natürlich, auf jeden Fall"
    - "Warum?"
    - "Weil das einfach ein klasse Präsident war. Das tut uns alles so leid, dass er jetzt nicht weitermachen kann, man hätte gerne nochmal ihn so live gesehen und sich dann von ihm verabschiedet, gejubelt auch."
    Kurz nach halb sechs werden die Blicke gen Himmel angespannter. Endlich: die Airforce One, der Jumbo, in dem Obama sitzt, ist im Landeanflug. Die Blinklichter passen, freuen sich die Freaks.
    "Da isser, jetzt kommt die Blechmücke"
    Zum Greifen nah, donnert sie direkt über unsere Köpfe.
    "Democrats Abroad" bedauern Clintons Wahlniederlage
    Zwei Stunden später. Barack Obama sitzt mit Angela Merkel beim Abendessen im Adlon. Derweil treffen sich in einer Bierkneipe in Charlottenburg die "Democrats Abroad", die "Demokraten im Ausland". Trotz der verlorenen Wahl ist die Stimmung überraschend gut, um die rund 30 Parteigänger Obamas unterhalten sich lebhaft und fröhlich. Mit dabei Ursula Kloeters, die erst vor ein paar Monaten von San Franzisco nach Berlin gezogen ist.
    "Ich bin enttäuscht, dass er sich hier nirgends blicken lässt, wo wir ihm zujubeln könnten oder sowas. Aber wir haben kaltes Wetter, irgendwie verstehe ich das auch."
    Tom, ein Lehrer, war auch im Wahlkampf für Hillary Clinton aktiv. Man müsse jetzt nach vorne schauen sagt er.
    "Ich hoffe wenn er hierher kommt, kann Barack Obama einige Menschen rückversichern, was die amerikanischen Versprechen angeht, die Sicherheit Europas zu gewährleisten. Es ist schön, dass mein Präsident in der Stadt ist, klar wäre es auch toll ihn zu sehen, aber naja. Ich vermute er zieht schnell ein Programm voller wichtiger Termine durch und ist dann auch schnell wieder weg. Ich glaube aber, dass er in der Politik aktiv bleiben wird, er hat da so Andeutungen gemacht, der geht bestimmt nicht in den Ruhestand in einen Golfclub, wir sehen ihn bestimmt wieder, mindestens aber seine Frau."
    Berliner und Touristen warten vor dem Adlon
    Nach einer ruhigen Nacht starteten Berlin und Obama heute entspannt in den Tag. Rund um das Adlon sind etliche Straßen mit rot-weißen Gittern abgeriegelt. Wasserwerfer stehen bereit sowie ungezählte Polizeibeamte und Einsatzwagen. Auch auf dem Dach des Adlon sind Sicherheitsleute postiert. Nur ganz vereinzelt warten Passanten vor den Absperrungen, die einen Blick auf Obama erhaschen wollen. Diese Frau sagt, sie habe einen Termin um die Ecke und sei zu früh dran, deshalb wolle sie mal gucken:
    "Ich bin jetzt auf jeden Fall dichter dran an ihm als ich jemals war, obwohl ich überhaupt nicht zum Personenkult neige, ist das in diesen historischen Zeiten ja doch ganz nett. Mein Mann ist Amerikaner, und der wäre sicherlich gerne hier jetzt, wenn er dran gedacht hätte."
    Eine schwäbische Touristin hat sogar ihren Rollkoffer dabei und blickt neugierig richtig Adlon.
    "Naja, ich hoffe, dass ich Barack Obama sehen kann, vielleicht habe ich eine Chance, ich bin ihm zumindest mal nahe."
    Zwei Blocks entfernt zeigt sich auch die Kehrseite solch eines Staatsbesuches. An den Fahrradständern am Ufer der Spree hat die Polizei ein Schild angebracht, dass man hier heute nicht parken dürfe. Eine junge Frau macht trotzdem ihr Fahrrad an den Metallbügeln fest.
    "Ich weiß, aber hier stehen so viele Fahrräder, deswegen wehre ich mich jetzt einfach dagegen."
    Was tut sie, wenn ihr Fahrrad nachher abgeräumt sei?
    "Zur Polizei gehen würde ich dann."
    Über 5000 Polizeikräfte Polizisten schützen Obamas zweitägigen Besuch in Berlin. Bislang blieb es ruhig. Der nächste offizielle Termin ist ab 15 Uhr im Bundeskanzleramt: Treffen mit Angela Merkel. Eine Begegnung mit den Berlinern hat Barack Obama ansonsten diesmal nicht auf dem Terminplan stehen.