Mittwoch, 17. April 2024

Archiv

Fall Khashoggi
War es der Kronprinz?

Nach Einschätzung des US-Geheimdienstes CIA wurde die Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi höchstwahrscheinlich vom saudischen Kronprinzen beauftragt. Demokraten und auch Republikaner fordern den US-Präsidenten auf, den Drahtzieher zu bestrafen. Doch Trump ziert sich.

Von Martin Ganslmeier | 20.11.2018
    Der saudische Kronprinz Salman bei einem internationalen Treffen in New York im März 2018.
    Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (imago)
    Noch ist unklar, ob der Bericht der US-Regierung über die Tötung Jamal Khashoggis veröffentlicht oder zunächst nur dem Kongress vorgelegt wird. Doch schon jetzt gibt es in Washington kaum mehr Zweifel über den Drahtzieher der brutalen Tat: nach Informationen mehrerer US-Medien geht der Auslandsgeheimdienst CIA mit "hoher Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass es der saudische Kronprinz selbst war, der die Tötung Khashoggis anordnete.
    Zu den wenigen, die das noch nicht glauben wollen, gehört US-Präsident Donald Trump. Im Sender "Fox News" sagte Trump, der saudische Kronprinz habe ihm mehrfach versichert, er habe nichts mit der Tötung zu tun: "Er hat mir das bestimmt fünf Mal gesagt. Ich will auch weiter an einem Verbündeten festhalten, der in vielerlei Hinsicht sehr gut für uns ist."
    Trump will an Saudi-Arabien festhalten
    Viele Menschen hätten ihm bestätigt, dass der Kronprinz nichts gewusst habe, betonte Trump. Die Frage, ob er die Audio-Aufnahmen aus dem saudischen Konsulat selbst gehört habe, verneinte der US-Präsident. Es seien "schreckliche" Aufnahmen, "sehr gewaltsam und böse". Er wolle diese nicht selbst anhören, sei aber gebrieft worden.
    US-Präsident Donald Trump (r)und der stellvertretende saudi-arabische Kronprinz und Verteidigungsminister, Mohammed bin Salman, schütteln bei einem Treffen am 20.05.2017 in Riad (Saudi-Arabien) Hände.
    US-Präsident Trump (r.) und der saudische Kronprinz und Verteidigungsminister, Mohammed bin Salman (AP / dpa / Evan Vucci)
    Trump will - wenn irgend möglich - sein gutes Verhältnis zum saudischen Kronprinzen aufrechterhalten. Mohammed bin Salman spielt eine entscheidende Rolle in Trumps Nahost-Politik und seinem Anti-Iran-Bündnis mit Israel und den sunnitischen Arabern. Außerdem hat der saudische Kronprinz Trump zugesichert, die saudische Ölförderung zu erhöhen, wenn der Iran in den nächsten Monaten weiter vom Ölmarkt abgeschnitten wird. Und schließlich verbindet Trumps Schwiegersohn Jared Kushner eine enge Freundschaft mit dem Kronprinzen.
    "Der Kronprinz ist irrational und wirr"
    All dies dürfe jedoch einer Bestrafung des mutmaßlichen Drahtziehers für den Khashoggi-Mord nicht im Wege stehen, fordert der republikanische Senator Lindsey Graham: "Saudi-Arabien ist ein wichtiger Verbündeter. Aber der Kronprinz ist irrational und wirr. Er hat jetzt schon dem Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien sehr geschadet. Ich werde mit ihm niemals wieder zusammen arbeiten."
    Der Republikaner Lindsey Graham an einem Rednerpult
    Der Republikaner Lindsey Graham (afp / picture alliance / Erik S. Lesser)
    Es sind längst nicht nur die Demokraten im US-Kongress, die Trump vorwerfen, er vertraue eher den Worten eines autoritären Herrschers als den US-Geheimdiensten, wie auch schon in Helsinki bei seiner Pressekonferenz mit Putin. Sollte Trump den Drahtzieher des Khashoggi-Mordes nicht bestrafen, dann werde dies der Kongress tun, kündigte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der republikanische Senator Bob Corker, an. Und sein Parteifreund, der republikanische Senator Rand Paul deutete an, wie die Strafe aussehen könnte:
    "Die Hinweise auf eine Beteiligung des Kronprinzen sind überwältigend. Wir können dies nicht unter den Teppich kehren. Wir müssen die Rüstungsverkäufe stoppen. Dies würde auch ein starkes Signal sein, dass wir nicht länger seinen Krieg im Jemen unterstützen, der ein totales Desaster ist."
    Dem Kronprinz droht das "Magnitzki-Gesetz"
    Einen Stopp der amerikanischen Rüstungs- und Waffenexporte nach Saudi-Arabien lehnte Trump bislang ab. Er wolle die vereinbarten Geschäfte in Milliardenhöhe und die damit verbundenen Jobs in den USA nicht aufs Spiel setzen.
    Gut möglich jedoch, dass der Kongress die Trump-Regierung zu weitreichenderen Sanktionen auffordern wird. Einige demokratische Abgeordnete verlangen, dass nicht nur die 17 Tatbeteiligten, sondern auch der Kronprinz als mutmaßlicher Drahtzieher mit Sanktionen bestraft wird. Rechtliche Grundlage hierfür ist das sogenannte "Magnitzki-Gesetz" zur Bestrafung schwerer Menschenrechtsverletzungen durch ausländische Regierungsverantwortliche. Damit könnten die US-Konten des Kronprinzen eingefroren und ihm die Einreise in die USA verweigert werden.
    Dagegen würde Trump jedoch wahrscheinlich ein Veto einlegen.