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Oberbayern
Ursache für Zugunglück noch ungeklärt

An der Unglücksstelle auf der Bahnstrecke bei Bad Aibling haben die Bergungsarbeiten begonnen. Die Polizei geht davon aus, dass sich keine weiteren Opfer mehr in den Wracks der beiden Züge befinden. Zehn Tote wurden geborgen, weitere Personen werden nicht mehr vermisst. Die Unglücksursache steht noch nicht fest.

10.02.2016
    Feuerwehrleute stehen an der Unfallstelle des Zugunglücks in der Nähe von Bad Aibling.
    Die Unglücksstelle nahe Bad Aibling. (dpa-Bildfunk / Sven Hoppe)
    Die Polizei Oberbayern Süd hatte am Morgen Agenturberichten widersprochen, nach denen eine elfte Person tot gefunden worden sei, bestätigte aber die Suche nach noch einer vermissten Person. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen hätten nun aber ergeben, dass niemand mehr in dem Zug vermisst werde, sagte Pressesprecher Stefan Sonntag dem Deutschlandfunk.
    Bei derartigen Unglücken wisse man nicht immer, wer in welchem Krankenhaus liegt. Nun seien aber alle Personalien festgestellt. Bislang ist der Tod von zehn Menschen bestätigt worden. "Dabei bleibt es mit höchster Wahrscheinlichkeit auch", sagte Sonntag. Es gebe 17 Schwerverletzte und 63 Leichtverletzte. Die Prognosen für diese Menschen sähen gut aus, so dass man hoffe, nicht noch weitere Tote beklagen zu müssen.
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer besuchte die Unglücksstelle am Mittwoch und sprach mit Polizei, Rettungskräften und Verletzten. Er bezeichnete das Unglück als "furchtbare Tragödie für ganz Bayern".
    Wrack soll Mittwoch entfernt werden
    Nach Einschätzung der Rettungskräfte wird die Bergung der beiden Züge mindestens zwei Tage dauern. Am Vormittag wurden zwei Bergezüge mit Kränen aus Fulda und Leipzig erwartet, wie der Einsatzleiter der Feuerwehr, Wolfram Höfler, sagte. Zunächst sollten Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) mit schwerem Schneidegerät versuchen, die Triebköpfe auseinanderzuschneiden und danach die Züge voneinander zu trennen. Ungefähr hundert Helfer waren im Einsatz.
    Die eingleisige Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim ist weiterhin gesperrt. Der Schienenersatzverkehr habe sich inzwischen "eingetaktet", teilte die Bayerische Oberlandbahn mit.
    Rettungskräfte stehen am 09.02.2016 an der Unfallstelle eines Zugunglücks in der Nähe von Bad Aibling.
    Die Züge hatten sich bei dem Zusammenstoß verkeilt. (Peter Kneffel, dpa picture-alliancec)
    "Verhängnisvollen Fehlentscheidung" soll die Ursache sein
    Um 6.45 Uhr am Dienstagmorgen waren bei Bad Aibling zwei Regionalzüge der Marke "Meridian" auf einer eingleisigen Strecke frontal zusammengestoßen. Dabei sprang ein Zug aus den Schienen, mehrere Waggons stürzten um. Weil sich das Unglück an einer schwer zugänglichen Stelle zwischen Holzkirchen und Rosenheim ereignet hatte, mussten sich Rettungskräfte zum Teil von Hubschraubern abseilen. Verletzte wurden auch über den nahe gelegenen Fluss Mangfall abtransportiert.
    Verschiedenen Medien zufolge soll eine "verhängnisvolle Fehlentscheidung" eines Bahnmitarbeiters dafür gesorgt haben, dass die beiden Regionalzüge kollidierten. Einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge soll der Bahnbedienstete das automatische Signalsystem ausnahmsweise außer Kraft gesetzt haben, um einen verspäteten Triebwagen noch "quasi von Hand durchzuwinken". Der entgegenkommende Zug habe ebenfalls grünes Licht bekommen.
    Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd betonte dagegen: "Wir wehren uns vehement gegen dieses Gerücht." Zwar könne ein Fehler oder Vergehen des Diensthabenden auch nicht ausgeschlossen werden. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang. Äußerungen über die Ursache des Zugunglücks seien noch sehr spekulativ, sagte auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann im DLF. Es werde geprüft, ob es technische Gründe gebe oder ob die beteiligten Menschen Fehler gemacht hätten. Ergebnisse erwartet er binnen weniger Tage.
    Detaillierte Karte zum Ort des Zugunglücks in Oberbayern (Stand: 10.02.2016)
    Detaillierte Karte zum Ort des Zugunglücks in Oberbayern (Stand: 10.02.2016) (dpa)
    Blackboxen könnten Aufschluss geben
    Die beiden "Meridian"-Regionalzüge sind vom Schweizer Hersteller "Stadler Rail" produziert worden und wurden von der Bayerischen Oberlandbahn betrieben. Der Geschäftsführer des Betreiberunternehmens sagte: "Der Unfall ist ein Riesenschock für uns. Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeitern zu helfen." Auch Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube erklärte, man sei "tief bestürzt".
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nannte den Unfall eine "schreckliche Katastrophe". Man müsse klären, wo technisch oder menschlich die Ursache liege. Die Züge seien "weitestgehend ungebremst" aufeinander geprallt, so Dobrindt. Eigentlich gebe es auf allen Bahnstrecken in Deutschland ein Sicherheitssystem, das Züge, die sich fälschlicherweise auf einer Strecke befinden, automatisch bremst. Wieso die Regionalbahnen dennoch kollidierten, werde nun ermittelt. Zwei von drei Blackboxen seien bereits gefunden worden. Davon erhoffe man sich weitere Erkenntnisse über die Unfallursache.
    Rosenheims Polizeipräsident Robert Kopp sprach vom "schwärzesten Faschingsdienstag in der Region". Er sagte, das schwere Zugunglück hätte aber noch katastrophaler verlaufen können. Denn in Bayern seien derzeit Faschingsferien, so dass die Züge nicht voll besetzt waren wie an normalen Tagen. Das im nahe gelegenen Rosenheim geplante Faschingstreiben wurde abgesagt.
    (nch/hba/fwa)