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Öffentliche Bauprojekte
Besseres Risikomanagement geplant

Zwei Jahre lang haben sich Fachleute beraten, wie öffentliche Großprojekte in Zukunft besser gelingen können. Nun wurde der Abschlussbericht der Reformkommission "Bau von Großprojekten" in Berlin vorgestellt. Künftig soll das Gegeneinander am Bau der Vergangenheit angehören, so Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

Von Benjamin Hammer | 29.06.2015
    Die Elbphilharmonie in der Hafencity in Hamburg - sie wurde mehr als zehn Mal so teuer als geplant.
    Die Elbphilharmonie in der Hafencity in Hamburg - sie wurde mehr als zehn Mal so teuer wie geplant. (dpa / picture-alliance / Maja Hitij)
    Wie sehr sich Politiker und Bauunternehmer manchmal streiten, das konnte man vor einigen Jahren gut in Hamburg beobachten. Die Hansestadt und der Baukonzern Hochtief drohten sich wegen des Baus der Elbphilharmonie mit Gerichtsverfahren. Erst nach zähen Verhandlungen steht fest: Die Elbphilharmonie wird 2017, wenn alles gut geht, eröffnen. Mit sieben Jahren Verspätung. Und die Kosten für die öffentliche Hand haben sich verachtfacht.
    Im Verkehrsministerium bemühten sich die Politik und die Industrie heute trotzdem um demonstrative Einigkeit. Erst ging Minister Alexander Dobrindt auf Kuschelkurs mit den Bauunternehmern.
    "Deutschland ist mit seiner Branche unglaublich erfolgreich. Weltweit."
    Dann gab es Lob von Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.
    "Mich freut's, dass wir auf einem guten Weg des Miteinanders sind und dass wir gemeinsam beschlossen haben dass das Gegeneinander am Bau der Vergangenheit angehören muss."
    35 Experten und Expertinnen, Architekten zum Beispiel, Verbandschefs der Industrie oder Wissenschaftler, hatten sich zwei Jahre lang beraten, wie öffentliche Großprojekte in Zukunft besser gelingen können. Im Abschlussbericht der sogenannten Reformkommission hält sich das Gremium mit Kritik nicht zurück.
    So seien Schätzungen über die Kosten von Großbaustellen teilweise politisch motiviert und damit zu niedrig angesetzt. Manchmal würden bereits Teile eines Projektes gebaut, obwohl das Gesamtprojekt noch gar nicht genehmigt sei. Angemahnt wird auch eine, Zitat, sachliche und regelmäßige Kommunikation zwischen Baufirmen und öffentlicher Hand. Alexander Dobrindt:
    "Ich will darauf hinweisen, dass all diese Maßnahmen nur dann wirksam werden können, wenn wir auch eine neue Kultur der Partnerschaftlichkeit erleben. Und allein dazu war die Reformkommission schon ein wichtiges Instrument. Weil man Verständnis für einander neu entwickelt hat. Verständnis, das nicht erst vor Gericht entstehen muss."
    Vor Gericht gab es bisher auch Streit über die Frage, wer denn das finanzielle Risiko bei Verzögerungen trägt. Und bei aller Harmonie, dieses Thema brachte den Verbandschef der Deutschen Bauindustrie ein wenig in Rage.
    "Dass Risiko so etwas wie der Schwarze Peter ist, den man einfach zwischen den Baubeteiligten hin und herschiebt und hofft, dass immer im Kartenspiel des Anderen drinsteckt, so wie bei kleinen Kindern. Das kann einfach nicht die Zukunft von Bauen sein."
    Mehr Transparenz bei Risiken geplant
    In Zukunft sollen bei Ausschreibungen die Firmen bevorzugt werden, die mögliche Risiken transparent benennen und berechnen. Alexander Dobrindt:
    "Wer Risikobewertungen vornimmt, gibt eine andere Qualität von Angebot heute ab, als der, der dies nicht macht."
    Künftig, so die Empfehlung der Kommission, dürfe nicht immer das billigste Angebot den Zuschlag bekommen. Hier, so der Vorwurf der Industrie, hätte es sich die öffentliche Hand in der Vergangenheit zu leicht gemacht und nicht genau hingeschaut.
    Die demonstrative Einigkeit zwischen Politik und Industrie, sie steht bisher nur im Bericht der Reformkommission. Im Herbst will Dobrindt dafür werben, dass dem Bericht auch konkrete Gesetze folgen.