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Öffentlicher Dienst
Warnstreiks in Mecklenburg-Vorpommern

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für Landesangestellte im öffentlichen Dienst ging ohne Ergebnis zu Ende. Das nächste Treffen ist für Mitte Februar geplant. Doch gab es bereits heute Warnstreiks der Landesbediensteten - etwa bei Lehrern und Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern.

Von Silke Hasselmann | 01.02.2017
    Leerer Klassenraum
    Einige Grundschulen ließen den Unterricht ausfallen und stellten lediglich eine Notbetreuung für die Kinder sicher. (dpa/picture-alliance/ Peter Endig)
    Gut, dass der Reisebusverkehr nicht in der öffentlichen Hand liegt. Denn so konnten vor allem Verdi und die Bildungsgewerkschaft GEW unbehelligt von möglichen Fahrerstreiks daran gehen, für heute 35 Reisebusse zu mieten. Die brachten denn auch circa 3.000 Pädagogen, wissenschaftliche Mitarbeiter und Polizisten aus allen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns zur zentralen Demonstration in die Landeshauptstadt.
    Mit Gewerkschaftsfahnen, Streikwesten und Trillerpfeifen ausgerüstet, marschierten sie zunächst am Schweriner Bildungsministerium vorbei. Aus dem Megafon erschallt der Ruf:
    "Warum? Wir haben es verdient! Warum? Wir haben es verdient!"
    "Es" - das sind vor allem jene sechs Prozent mehr Lohn beziehungsweise Gehalt, die die gewerkschaftlichen Verhandlungsführer in der aktuellen Tarifrunde von den Länderfinanzministern verlangen. Was die bieten, ist unklar. Die gestrige zweite Verhandlungsrunde in Potsdam endete, ohne dass die Arbeitgeberseite eine Zahl genannt hätte.
    Zum Teil fiel Unterricht aus
    Auch deshalb hält es die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Annett Lindner, für angemessen, bereits jetzt in der Woche vor Beginn der hiesigen Winterferien zu Warnstreiks aufzurufen. Die Folge: Einige Grundschulen ließen den Unterricht ausfallen und stellten lediglich eine Notbetreuung für die Kinder sicher. Andere schickten einzelne Klassenstufen nach Hause - etwa das Gymnasium in Demmin. Annett Lindner:
    "Wir haben eine Tarifrunde. In einer Tarifrunde geht´s um bessere Arbeitsbedingungen. Wir fordern mehr Geld, weil die Kolleginnen und Kollegen hart gearbeitet haben und es auch verdient haben. Wenn die dritte Tarifrunde auch kein Ergebnis bringt, dann werden wir uns sicherlich wiedersehen. Dann sind auch die Ferien in Mecklenburg-Vorpommern vorbei."
    Eine unverhohlene Botschaft Richtung Finanzminister, die dritte Verhandlungsrunde Mitte Februar im Sinne der Beschäftigten zu gestalten. Anderenfalls drohen auch in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckende Arbeitsniederlegungen - von den Autobahnmeistereien bis zum Ostseeinstitut Warnemünde, von den Finanzämtern bis zum Justizvollzug, vom Staatlichen Museum Schwerin/Güstrow/Ludwigslust bis zu den Universitäten Greifswald und Rostock.
    Polizist: "Ich hoffe, dass es ein guter Kompromiss wird für die nächsten Jahre. Dass die Lehrer was kriegen, dass die Polizei was abkriegt".
    Uni-Bibliothekarin: "Wir sind hier, weil wir für Bibliotheksangestellten eine angemessene Bezahlung fordern, die den modernen Gegebenheiten entspricht".
    Angestellter einer Autobahnmeisterei: "Wir wollen mehr Geld und mehr Gerechtigkeit für den Lohn für die Arbeit, die wir tun. Nachtschichtenzuschläge. Also sechs Prozent wäre schon gut. Das ist unser Ziel. Deswegen sind wir hier!"
    Insgesamt sechs Prozent mehr wird gefordert
    So Teilnehmer des Demonstrationszuges, der gegen Mittag sein Ziel in der Schweriner Schlossstraße erreichte: das für die Tarifverhandlung Öffentlicher Dienst zuständige Finanzministerium.
    Minister Mathias Brotkorb? Nicht im Haus; er hat 230 Kilometer weiter östlich in Vorpommern zu tun. Doch jedem ist bekannt, dass der vormalige Bildungs- und nun seit November als Finanzminister amtierende Sozialdemokrat den langjährigen Haushaltskurs von MV fortführen und ohne neue Schulden auskommen will. Die insgesamt sechs Prozent Plus, die die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes wie GEW, Verdi, Polizeigewerkschaft und der Verband Bildung und Erziehung von der "Tarifgemeinschaft deutscher Länder" fordern, würden dieses Ziel gefährden.
    Immerhin gelten die ausgehandelten Tarife und Sonderkonditionen etwa für Azubis nicht nur für die Landesangestellten, sondern sie werden üblicherweise auch auf die Beamten von Ländern und Kommunen sowie auf die Pensionäre übertragen.