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Ökologisch mobil?

Elektroautos sind ein Schwerpunkt auf der Internationalen Automobilausstellung. Dabei wird es noch Jahre dauern, bis Autos mit Strom aus der Steckdose alltagstauglich sind. Und auch Spritsparmodelle mit herkömmlicher Technik sind in Präsentationsshows leichter zu finden als auf der Straße.

Von Michael Braun | 14.09.2011
    Es ist vor allem laut, rhythmisch, knallig und voll blitzender Lichteffekte, wenn neue Autos auf die Bühne der IAA kommen, wie hier der VW Nils, eine Art Kabinenroller für zwei im Stadtverkehr. Und der VW-Forschungschef Jürgen Leohold ist ganz stolz:

    "Nils - ein Konzept für den urbanen Verkehr, insbesondere für den Pendlerverkehr. Ein reinrassiges Elektroauto. 65 Kilometer Reichweite und 130 Kilometer Spitzengeschwindigkeit."

    Es gibt sie also, die Autos, die – zumindest wenn sie mit grünem Strom gefüttert werden – weitgehend klimaneutral auf den Straßen unterwegs sein könnten. Doch zu viele sind Studien: der Nils von VW, der Rak E von Opel. Auf den Straßen fahren nur wenige Elektrofahrzeuge: nur 2.300 der insgesamt beim Kraftfahrt-Bundesamt registrierten 42,3 Millionen Autos. Und es dauert, bis es mehr werden. Der neue VW-Kleinwagen Up kommt erst einmal mit herkömmlichem Antrieb, erst 2013 als Elektroauto. Erst dann wird es auch den i3 von BMW zu kaufen geben. Der Elektro-Smart kommt aber schon im nächsten Jahr auf den Markt, für knapp 16.000 Euro plus monatlich 60 Euro netto Mietkosten für die Batterie.

    Dass deutsche Hersteller sich Zeit gelassen haben mit Elektroautos, nehmen Analysten nicht krumm. Christoph Stürmer, Autoanalyst von IHS Global Insight:

    "Die Deutschen sind technologisch auf keinen Fall im Hintertreffen. Sie haben es sich nur länger überlegt als andere Hersteller, wann sie tatsächlich das Geld ihrer Aktionäre in Produkte reinstecken, die auf keinen Fall Geld verdienen werden. Und diese ökonomische Abwägung hat die deutschen Unternehmen einfach längere Zeit gekostet als zum Beispiel japanischen Unternehmen, die in einer Zeit großen Reichtums sich den Luxus eines Hybridautos geleistet haben."

    Es geht also langsam voran mit der Elektromobilität. Und weil das so ist, muss niemand der Erste sein, den vorderen Platz belegen und sichern. "Die First-Mover-Vorteile von Unternehmen schätzen wir als gering ein", heißt es wörtlich in einer Studie von DB Research und Institut der deutschen Wirtschaft. Doch die europäischen Autobauer glauben gleichwohl, Elektroautos schneller und besser als andere auf den Markt bringen zu können. Das hat eine Umfrage der Beratung Ernst & Young in der europäischen Autoindustrie ergeben. Peter Fuß hat sie betreut:

    "Es sieht danach aus, dass insbesondere die ausländischen Automanager davon ausgehen, dass Deutschland als Leitanbieter zum Thema Elektromobilität das schlüssigere Konzept hat, nämlich das Zusammenspiel aus dem Thema alternative Antriebe, dem Thema Leichtbau, auch natürlich das Einbinden anderer Sektoren wie des Energiesektors. Hier nimmt man uns einfach deutlich besser wahr als auch die Eigeneinschätzung."

    Dass grüne Mobilität mehr in den Köpfen als auf der Straße stattfindet, prangern die Experten vom Naturschutzbund Deutschland an. Nabu-Verkehrsfachmann Dietmar Oeliger:

    "Das ist also relativ viel Utopie, was da gezeigt wird. Die 'Brot-und-Butter-Fahrzeuge', die wirklich groß im Markt sind und auch am meisten verkauft werden, das sind auch Fahrzeuge, die in der Regel zwischen sechs und zehn Liter verbrauchen, vielfach im Oberklasse- und Luxusbereich abgesetzt werden mit viel PS und viel Luxus. Und das ist natürlich fürs Klima letztlich nicht zuträglich."

    Die Bundesregierung versage als Vorkämpfer für Klimaschutz im Verkehrsbereich. Bestes Beispiel sei die von Dezember an gültige Energieverbrauchskennzeichnung für Neufahrzeuge. Geländewagen wie der Porsche Cayenne dürften kein staatlich geprüftes grünes CO2-Label tragen. Der Motor eines solchen Zweieinhalbtonners arbeite zwar vergleichweise effizient. Aber zehn Liter Verbrauch auf hundert Kilometer und rund 200 Gramm CO2-Ausstoß je Kilometer hätten mit Umweltfreundlichkeit nichts zu tun.