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Ökostrom statt Braunkohle
Die neue Strategie von RWE

RWE und die Kohle waren lange nicht voneinander zu trennen - egal ob es um Steinkohle aus dem Ruhrgebiet oder um Braunkohle aus dem Rheinland ging. Das soll sich langfristig ändern, mit der Übernahme der Ökostromsparten von Eon und von Innogy wird der Konzern grüner, aber auch internationaler.

Von Jörg Marksteiner | 30.09.2019
Ein symbolisches Ortsausgangsschild mit der Aufschrift Ökostrom Kohlestrom Ortsschild Ökostrom Kohlestrom (Symbolbild)
Ökostrom statt Kohlestrom - die neue Marschrichtung bei RWE (imago images / Manngold)
An der Decke hängen noch aufgerollte Stromkabel, Lüftungsrohre glänzen silbern, die grauen Betonwände sind noch nicht verputzt: An der neuen RWE-Firmenzentrale wird noch gebaut - auf dem historischen Gelände des ersten Kraftwerks aus dem Jahr 1898. Ein passendes Bild, findet RWE-Chef Rolf Martin Schmitz, der heute - mitten im Rohbau - großes Worte wählte:
"Heute beginnt die Ära der neuen RWE."
Und das bedeutet: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um 70 Prozent sinken, verglichen mit 2012. Im Jahr 2040 will RWE, Deutschlands aktuell größter Braunkohle-Verstromer, dann klimaneutral sein:
"Braunkohle und Kernenergie haben die Basis geschaffen, auf der wir heute die neue RWE errichten. Jede Energie hat ihre Zeit. Jetzt beginnt die Ära der Erneuerbaren."
RWE wird grüner und internationaler
Und bei RWE beginnt sie ziemlich abrupt: Quasi mit einem Schlag ist der Essener Energiekonzern jetzt einer der weltweit größten Anbieter von grünem Strom. Denn genau heute übernimmt RWE im Zuge eines milliardenschweren Tauschgeschäfts alle Ökostrom-Anlagen, alle Windparks und Solarprojekte vom Konkurrenten EON. Im Gegenzug werden alle Endkundenverträge und Stromnetze der RWE-Tochter Innogy abgegeben.
Vorteil für RWE: Künftig ist man deutlich weniger auf den Heimatmarkt Deutschland angewiesen und wirtschaftlich weniger abhängig von der Kohle. Finanzvorstand Markus Krebber:
"Zukünftig kommen nur noch 20 Prozent unseres operativen Ergebnisses aus dem konventionellen Bereich. Mehr als dreimal so viel, 60 Prozent, erwirtschaften wir mit erneuerbaren Energien."
In die sollen jedes Jahr anderthalb Milliarden Euro investiert werden. Allerdings weltweit und eher wenig bis gar nicht in Deutschland Von den insgesamt neun Gigawatt Ökostromanlagen laufen nur etwa anderthalb in Deutschland, sagt der RWE-Chef.
"Im Moment ist das Umfeld schwierig. Wind onshore dauert viel zu lange. Es ist kein Geschäft in Deutschland, für uns jedenfalls nicht. Und Sie wissen auch, dass wir eher an Großanlagen interessiert sind als an verstreuten, einzelnen Windrädern."
Genau diese Haltung brachte dem Konzern heute Kritik der Umweltschutzorganisation Greenpeace ein. Zumal RWE hierzulande ja weiterhin seine CO2-intensiven Braunkohle-Kraftwerke weiter betreibe.
Bedingungen für den Braunkohleausstieg noch ungewiss
Von RWE hieß es heute: Natürlich sei klar, dass das politisch geplante Abschalten von Braunkohleblöcken in den kommenden drei Jahren vor allem RWE treffen werde. Aber wann genau die Meiler vom Netz gehen, und wie viel Entschädigung der Konzern dafür erhält - alles noch unklar. Derzeit treffe man sich alle zwei Wochen auf Arbeitsebene mit dem Wirtschaftsministerium.
Das könnte alles schneller gehen, ließ der RWE-Chef und künftige Ökostrom-Großproduzent heute durchblicken:
"Zu den Zeitplänen: Das sollte die Bundesregierung vielleicht eher beunruhigen als uns. Denn je eher man einsteigt in den Ausstieg, desto früher sind auch die Emissionen weg. Von daher ist, glaube ich, der Gesetzgeber noch stärker am Zug als wir. Mich befremdet es auch etwas, dass man länger braucht, das umzusetzen, als es zu erfinden. Aber Politik ist halt ein schwieriges Geschäft."